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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor
Autoren: A Schwarz
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bist betrunken.«
    »Jaha, das kann schon sein. Aber das ist nicht mein eigentliches Problem.«
    Er lachte leise auf.
    »Mein eigentliches Problem steht hier genau vor mir.«
    »Andrew! Bist du verrückt! Hör auf damit«, zischte ich ihn an.
    Demonstrativ wandte er den Kopf in alle Richtungen.
    »Warum denn? Sieh doch, sie sind alle beschäftigt. Ich will ja auch nur ein wenig mit dir plaudern.«
    Er lehnte sich mit der Schulter neben mir an die Wand, strich mir zärtlich über die Wange. Mir schoss das Blut ins Gesicht. Ich fühlte mich völlig hilflos. Schon leicht panisch wanderte mein Blick durch den Raum und blieb an Lins fassungslosem Gesicht hängen. Sie stand am anderen Ende und beobachtete uns wer weiß, wie lange schon.
    Verfluchter Mist!
    »Andrew! Lin sieht uns zu! Reiß dich zusammen!«
    »Ach! Wirklich? Warte, das haben wir gleich.«
    Er drehte ihr den Kopf zu und lächelte sie an. In ihrem Gesicht arbeitete es. Aber je länger er sie fixierte, desto mehr verschwand das Misstrauen daraus. Schließlich lächelte sie zurück, winkte ihm zu und wandte sich Raphael zu, begann mit ihm zu reden.
    »Himmel! Andrew!!! Was hast du gemacht?«
    Ich konnte es nicht glauben. Sein Blick ruhte wieder auf mir, das helle Türkis, das gerade noch in ihm aufgeblitzt war, verblasste schon wieder. Nun lag ein weicher, sehnsüchtiger Ausdruck darin. Meine Kehle wurde eng und meine Hände zitterten.
    »Anna. Meine wunderschöne, kluge, tapfere Anna. Ich vermisse dich.«
    Ich wusste nicht, wie ich ihn stoppen sollte.
    »Diese Nacht war so … besonders. Ich kann nicht aufhören, daran zu denken. An dich zu denken.«
    Viktors Rücken straffte sich, wurde plötzlich stocksteif.
    Oh nein! Bitte nicht!
    Ganz langsam drehte er sich zu uns herum, musterte uns mit hochgezogenen Augenbrauen. Sah mir lange prüfend in die Augen. Ich raffte all meine Kraft zusammen, um seinem Blick standzuhalten. Unvermittelt machte er einen Schritt nach vorne, stellte sich zwischen Andrew und mich.
    »Bruder! Kann ich irgendwas für dich tun?«
    Der Schotte lachte laut auf.
    »Du? Nein! Sicher nicht.«
    Er versuchte Viktor beiseitezuschieben.
    »Mac! Du bist betrunken. Lass es sein!«
    In Viktor Tonfall lag eine latente Drohung, seine ganze Haltung war extrem angespannt. Ich wich hinter ihm ein Stück zurück, hielt vor Schreck die Luft an. Raphael hatte inzwischen bemerkt, dass sich hier etwas zusammenbraute und kam mit schnellen Schritten zu uns, legte in einer freundschaftlichen und beschwichtigenden Geste die Arme um die Schultern der beiden Männer.
    »Na ihr beiden? Mac, mein Freund! Wir sollten uns mal kurz unterhalten. Komm mit.«
    Widerwillig und murrend ließ dieser sich wegziehen.
    Im ersten Moment wollte ich schon erleichtert aufatmen, da sah ich Viktors Gesichtsausdruck.
    »Ich denke, wir beide müssen auch reden. Jetzt!«
    Er nahm mich an der Hand und zog mich hinter sich her. Stieß eine Tür auf und schob mich in die angrenzende Küche. Mein Herz schlug mir hart gegen die Brust. Er schloss die Tür und lehnte sich dagegen, als wolle er mir den Fluchtweg versperren.
    »WAS war das gerade eben?«
    Seine Stimme hatte eine kühle Strenge, die mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte.
    »Anna! Rede! Was hatte das zu bedeuten?«
    Ich wollte auf ihn zugehen, aber er machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Nein. Erklär es mir!«
    »Da gibt es nichts zu erklären. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Bitte, du musst mir glauben. Es ist absolut nichts passiert.«
    Er lächelte herablassend.
    »Als ob ich das nicht wüsste. Du bist so offen wie ein Scheunentor. Es wundert mich, dass deine Gedanken nicht jeder dort im Raum gehört hat.«
    Oh mein Gott!
    »Aber es geht nicht um das, WAS ihr getan habt. Ich will wissen, was ihr habt tun wollen. Was DU hättest tun wollen.«
    Ich schüttelte den Kopf, versuchte einen klaren Satz zu formulieren. Wie sollte ich ihm das erklären? Wie konnte ich ihm glaubhaft machen, dass Andrew keine Gefahr für ihn war? Kalte Angst kroch in mir hoch.
    »Ich liebe dich! Das ist alles, was ich im Moment noch weiß. Und wenn du mir nicht glaubst, dann überzeuge dich. Sieh in meinen Kopf.«
    Für einen endlosen Moment war es still. So still, dass alles andere überdeutlich wurde. Leise plätschernd schlugen die Wellen an den Rumpf. Die Tür dämpfte die Gespräche draußen zu einem undeutlichen Murmeln. Der Wasserhahn tropfte und jedes einzelne Plopp dröhnte wie ein
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