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Uschi Zietsch

Uschi Zietsch

Titel: Uschi Zietsch
Autoren: Sternwolke und Eiszauber
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dass der älteste Mann, der zugleich der Führer zu sein schien, gesprochen hatte.
    »Ein Ziegenhirte«, antwortete eine andere, sehr schöne und starke Stimme verächtlich schnaubend. »Nichts als ein Ziegenhirte. Ein Zufall.«
    Kelric, der merkte, dass wohl von ihm die Rede war, drehte rasch den Kopf zurück zu der Gruppe und starrte in das Gesicht des jungen Mannes, der zuletzt gesprochen hatte; seine Miene war hochmütig, und er musterte den Jungen geringschätzend. In diesem Augenblick trat eine Frau aus dem Haus des Dorfvorstands und rief: »Kelric! Das Frühstück wartet!«
    Der Junge erwachte aus seiner Starre. »Ich komme, Mutter!«, antwortete er, und in einem plötzlichen Impuls streckte er dem jungen Mann blitzschnell die Zunge heraus, bevor er leichtfüßig von seinem Felsen hinab sprang und an den Fremden vorbei zum Haus lief, ohne weiter auf sie zu achten.

    Die Zauberer sahen ihm nachdenklich nach. Schließlich blickte der Älteste zu dem Jüngeren und sprach mit mildem Vorwurf: »Das hätte es nicht gebraucht, Herr Melwin. Auch einem Kind gegenüber ist Höflichkeit angebracht.«
    »Ja, Lord Sargon«, murmelte der Getadelte.
    Fergon, der Zweitälteste, warf ein wenig schmunzelnd ein: »Der Junge rügte Euer Benehmen jedenfalls. Vergesst nicht, dass Ihr hier Gast seid. Auch wenn dieses Land nur aus Bergen, Ziegen und Bauern besteht, gibt es hier nichtsdestoweniger einen guten König, der uns auf sein Schloss einlud. Loïree steht wieder einmal vor einem Krieg mit Laïmor.«
    Melwin grinste plötzlich. »O ja, und während unsere Brüder in Lefrad für dasselbe Geschäft bezahlt werden, haben wir auch noch Blasen an den Füßen.«
    »Herr Melwin«, sagte Taimon streng, »wir führen keinen Krieg, sondern versuchen ihn zu verhindern.«
    »Das tun doch schon die landschaftlichen Verhältnisse hinreichend«, brummelte Melwin vor sich hin. »Natürlich können wir helfen, eine Einigung zu erzielen, aber das nützt nicht lange. Schließlich schicken sie ihre Heere wieder los, und wenn sie die Hälfte Wegs zurückgelegt haben, haben sie ihr Vorhaben längst vergessen und werden zudem noch von den Anderen bedrängt. – Hm«, lenkte er schließlich ein, als er die zunehmende Verärgerung der anderen bemerkte, »reden wir wieder von dem Jungen. Ich sehe Euch an, Lord Sargon, dass Ihr ihn für geeignet haltet.«
    Der alte Mann wiegte nachdenklich den Kopf. »Ja und nein. Er ist begabt«, sagte er leise. »Etwas schlummert in ihm ... eine ungeheure Kraft ...«
    »Ha!«, machte Melwin.
    »Also, Melwin!«, sagte Fergon entrüstet. »Was soll das denn?«
    »Das kann ich Euch sagen, Herr Fergon«, entgegnete der junge Zauberer, »ich habe Angst. Und warum? Auch ich spüre die Magie in diesem unschuldigen Kind, und ich fürchte sie. Diese Magie ist anders als jene, die wir haben, und wir könnten sie nie kontrollieren. Wir wissen nicht, was wir heranziehen, wenn wir ihn nach Laïre bringen. Die heutigen Zeiten sind nicht mehr so, dass wir Vertrauen haben dürfen. Das ist alles.«
    Erwartungsvoll schaute er in die Runde. Als er jedoch bei den Gefährten Übereinstimmung gegen ihn fand, schwieg er und gab widerstrebend nach.

    Erwartungsgemäß wurden sie in dem Haus ehrerbietig aufgenommen und scheu bedient. Das Frühstück war bereits beendet; die Hütte war klein und einfach, aber gemütlich eingerichtet. Im ersten Stock lagen zwei Schlafräume: der der Eltern und jener der Kinder; unten gab es einen einzigen Raum mit Tisch und Stühlen, erlesenen Thar und Bellhirschfellen an den Wänden, einer Kochstelle mit Stein und Blechgeschirr und einem großen warmen Ofen mit einer herrlichen Ofenbank. Auf dem Fußboden nahe der Kochstelle spielten zwei kleine Kinder mit Hemdchen und Rotznäschen; die junge Frau des ältesten Sohnes war oben mit dem Säugling beschäftigt; die Hausfrau brachte den Zauberern eine bescheidene, aber lecker duftende Mahlzeit, während der Mann ruhig und pfeiferauchend bei ihnen saß.
    Kelric saß mit angezogenen Beinen auf der Ofenbank und beobachtete die Fremden unablässig; besonders lange hing sein Blick auf dem schönen, so tragischen und anziehenden Gesicht von Melwin, dessen vorheriger Hochmut wie weggewischt war; ganz ernst und verschlossen aß er, ohne den Blick zu heben oder ein Wort zu sprechen.
    Erst nach beendeter Mahlzeit richtete Lord Sargon das Wort an die Eltern, unterhielt sich mit ihnen über dieses und jenes, Sorgen und Nöte, Allgemeines und Spezielles; seine Augen glitten
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