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Uschi Zietsch

Uschi Zietsch

Titel: Uschi Zietsch
Autoren: Sternwolke und Eiszauber
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und begegnete ausschließlich fremden Menschen. Die Reise war sehr anstrengend, und Kelric war froh, dass er früher heimlich dem älteren Bruder in die Höhen gefolgt war, denn diese Ausdauer bewahrte ihn davor, jetzt schon zusammenzubrechen.
    Anfangs machten sie jeden Abend in einem Dorf Rast, aber nun befanden sie sich auf einem steilen Abkürzungsweg, der ihnen zwei Tage ersparte, aber in der Nähe befand sich keine Siedlung. Kelric musste zum ersten Mal auf dem harten, unwegsamen Felsenboden schlafen und sich an eiskalten Rinnsalen waschen, die sich von höhergelegenen Gebirgsbächen abzweigten; sein kleiner Körper war rasch dünn geworden und von blauen Flecken übersät, aber er klagte nur in der Nacht leise in seinen Umhang hinein.
    Die beiden Zauberer, die ihn rasch sehr liebgewonnen hatten, beobachteten ihn unbemerkt; sie behandelten ihn kaum als Kind, sondern eher als Partner, was den Jungen offensichtlich stolz machte und ihm stets neue Kraft gab. Sie schätzten seine stillvergnügte Art und seine direkten, offenen Fragen; sie lachten versteckt, wenn er auf Geheimnissuche ging, die Welt um sich herum vergessend, und zauberten ihm die eine oder andere Illusion herbei, auf die er stets mit der wahrsten Begeisterung hereinfiel.
    Aber auch Kelric gefiel die ruhige, heitere Gesellschaft dieser seltsamen Männer, die trotz ihres großen Altersunterschiedes beide schneeweiße lange Haare hatten; an die geheimnisvolle Trauer in ihren tiefblauen Augen hatte er sich längst gewöhnt, sie gehörte zu der sagenumwobenen Aura wie ihre Schweigsamkeit. Ihre Aufmerksamkeit ihm gegenüber und die Nähe halfen ihm immer besser über das Heimweh hinweg; bald verlor er seine natürliche Scheu und Schüchternheit und bestürmte sie mit den unterschiedlichsten Fragen.

    »Melwin«, begann Kelric eines Abends, als sie satt und zufrieden an einem kleinen Feuer saßen und verträumt in die Flammen starrten; er hatte gewartet, bis Fergon zum üblichen Erkundungsgang aufgebrochen war, denn Melwin fühlte er sich enger verbunden und war dementsprechend zutraulicher. »Melwin, gibt es eigentlich nur männliche Zauberer?«
    Der junge Magier nickte. »Der Himmel mag wissen, warum. Die Schule von Laïre gibt es nun schon seit vielen Jahrtausenden, aber nie erzog sie einen weiblichen Schüler. Sicherlich leben überall die Kräuterhexen, die gut heilen können, allerlei Getränke zusammenbrauen, dumme Zaubersprüche murmeln und ein wenig prophezeien; aber echte Magie besitzen sie nicht«, erzählte er.
    »Und wird das immer so bleiben?«
    Melwin hob die Schultern. »Genau weiß man nie etwas. Die Legenden wechseln wie die Jahreszeiten, viele verwehen wie eine Staubfigur im Wind, andere wachsen auf uralten, halb vergessenen Sagen neu. Aber es gibt tatsächlich eine Legende, die sich von Anbeginn bis in unsere Tage erhalten hat; sie ist Teil einer großen, schönen und schrecklichen Geschichte, in der auch unsere Götter eine Rolle spielen. Du musst wissen, dass alle Schicksale und Geschichten dieser Welt mit ihren Beschützern eng verbunden sind. Und in jener Legende ist in der Tat von einem Mädchen die Rede, das mit einer großen Geistesgabe in einem Land, wo niemand es vermuten würde, geboren werden soll. Sie soll die einzige Frau sein, die jemals Laïre betritt und die Wahrheit erfährt.«
    »Was für eine Wahrheit?«, unterbrach Kelric, der immer aufgeregter auf seinem Sitz umherrutschte; er hing gebannt an Melwins Lippen, und immer mehr Fragen stellten sich ihm im Laufe der Erzählung; aber erst jetzt war es ihm gelungen zu sprechen.
    »Die Wahrheit eben«, antwortete Melwin abwehrend.. »Du wirst sie beizeiten kennenlernen. Alle Zauberer kennen sie, aber diese Frau ist eine Außenstehende und wird sie auch erfahren.«
    »Hm«, brummte Kelric einigermaßen zufrieden.
    »Und mit diesem Wissen«, fuhr Melwin fort, »mit diesem Wissen wird sie gegen den Alten Zauberer ziehen und seine Macht brechen, aber sie wird nicht allein kämpfen müssen. Ein Mann wird sie begleiten, und am Ende dieser Schlacht wird nichts mehr sein, wie es war, und auch das Orakel weiß nicht, was dann geschieht.« Er drehte die Handflächen nach außen und spreizte die Finger. »So heißt die uralte Legende, aber keiner weiß, wann und ob und unter welchen Umständen sie jemals eintreffen wird. Man nennt sie Legende, weil keiner weiß, ob sie wirklich eine Prophezeiung ist. Man weiß im Grunde gar nichts, nur dass sie uralt ist, im Götterepos vorkommt und nie
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