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Urmels toller Traum

Urmels toller Traum

Titel: Urmels toller Traum
Autoren: Max Kruse
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einzuschreiten wagte.
    Weg war die Hofmarschallin, sie
verschwand im tiefsten Kerker.

    Nun verstummte die Tanzmusik.
    Urmel-König watschelte zu
seinem Thron, stieg auf das Podest und sagte: »Von jetzt ab wird regiert. Ich
verbiete jede Widerrede. Nur ich bestimme, was gedacht und gesagt werden darf.
Ich werde eine große Armee schaffen. Jeder muss Soldat werden. Und viel Polizei
will ich haben...«
    Seine Majestät Urmel-König
hatte noch nicht ausgesprochen, da sagte Professor Habakuk Tibatong deutlich:
»Ohne mich. Ich spiele nicht mehr mit.«
    »Wir auch nicht«, sagten König
Futsch und Naftaline.
    »Du bist sowieso kein richtiger
König mehr«, schrie Urmel-König ihn an.
    »Und auch ohne mich«, sagte
Direktor Doktor Zwengelmann.
    »Verhaften, sofort verhaften!«,
rief Seine Majestät Urmel-König.
    Doch zu spät. Die vier
menschlichen Gäste verwandelten sich vor aller Augen in helle, leichte
Luftballons, so leicht und licht wie ihre Gedanken, und schwebten still zum
geöffneten Fenster hinaus. Sie wurden nicht mehr gesehen.
    Dafür stand jetzt Herr Mö in
der Saaltür. Er nahm die Pfeife aus dem Mund und bellte: »Ja, hinaus, hinaus
mit euch allen, verlasst diesen Tyrannen, möm — möm!«
    Das ging so schnell — gähnend
leer war plötzlich der Tanzsaal. Fortgesaust waren alle Gäste. Nur Seine
Majestät Urmel-König stand noch einsam vor dem Thron.
    Da blies der Wind durch Fenster
und geöffnete Türen. Die Kerzen flackerten, sie verlöschten. Dunkel wurde es.
Geisterhaft schien das Mondlicht durch die Scheiben.
    Es knackte im Gebälk. Es
knackte, tappte und knirschte.
    Urmel-König erschauerte.
    Ein schwerer Panzer schleppte
sich über das Parkett. Ein Geist — ein Gespenst! Es sah aus wie die Krabbe, sie
griff mit ihren Zangen nach Urmel-König. Und sie, die sonst nie gesprochen
hatte, röchelte drohend: »Du hast mich nicht eingeladen — krrrrrrr — und deine
Frau verstoßen — krrrrrrr — , du hast Wutz ins Gefängnis geworfen — krrrrrrr —
, du willst alle beherrschen — krrrrrrr — , deine letzte Stunde ist bald
gekommen — krrrrrrr...«
    Da stieß Seine Majestät
Urmel-König einen gellenden Schrei aus. Er rannte, rannte und rannte davon,
durch leere Zimmer, durch leere Gänge, durch gähnend leere, dunkle
Treppenhäuser. Er rempelte sich die Nilpferdschnauze an, er stolperte, fiel
hin, raffte sich wieder auf...
    Und die Krabbe immer hinter ihm
her, schauerlich. Unheimlich wurde ihm zumute.
    Endlich gelangte er in sein
Schlafzimmer. Er warf die Tür hinter sich schnell zu, schloss sie ab, sprang in
des Professors Bett — ach, wie gut und vertraut nahm ihn das auf. Er zog sich
die Bettdecke bis zu den Fledermausohren empor über die Augen.



Dreiundzwanzigstes
Kapitel
In
dem das Urmel träumt,
wie
es zu Tumulten kommt,
das
Schloss gestürmt wird
und
es um sein Leben fürchten muss
     
    Ob Seine Majestät Urmel-König
in dieser Nacht aber überhaupt ein Auge schloss, wer kann es sagen?
    Ihm selber kam es vor, als läge
er immer nur wach, immer nur wach, mit fliegendem Atem. Und als ächzte und
kratzte vor der Tür die übergroße Krabbe, das Schlossgespenst, stundenlang.
    Aber vielleicht war dann doch
der königliche Schlummer über ihn gekommen, wenigstens gegen Morgen.
Schließlich ist es ja bekannt, dass die Geister und Gespenster auch ihre
bestimmten Arbeitsstunden haben. Irgendwann geben sie immer Ruhe.
    Als die Sonne wieder strahlte,
schien alles Grauen verflogen zu sein wie ein Spuk. Doch Seine Majestät
Urmel-König lag im Bett und fühlte sich so zerschlagen, als habe er die ganze
Nacht auf einer harten Bank im rüttelnden Eisenbahnwagen zugebracht.
    Er rief nach seiner
Hofmarschallin. Niemand antwortete. Da fiel ihm ein, dass er sie ja hatte ins
Gefängnis werfen lassen. Da fiel ihm überhaupt alles wieder ein, und er
beschloss, rasch aufzustehen und mit seinem strengen Regiment zu beginnen.
    Rasch stand er zwar auf, doch
sonst war alles ganz anders: Er stand nämlich auf, weil im Schlosshof ein
gewaltiger Lärm ertönte. Da wurde trompetet, da wurde gerufen. Seine Majestät
Urmel-König warf sich einen Morgenmantel über, der dem des Professors sehr
ähnlich sah, stülpte sich die Krone auf, zog sich die gestickten Pantoffeln an,
schlurfte zum Fenster, öffnete es und brüllte: »Ruhe! Zum Donnerwetter!«
    Da steigerte sich der Lärm zum
ohrenbetäubenden Getöse. Seine Majestät Urmel-König rieb sich die Augen. Was er
sah, gefiel ihm nicht. Ihm wurde kein freundliches
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