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Urmels toller Traum

Urmels toller Traum

Titel: Urmels toller Traum
Autoren: Max Kruse
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klein. Oder soll ich ihn auf den Armen tragen wie ein Baby?«, fragte
Urmel-König.
    »Nutschlos, gantsch nutschlos«,
flüsterte Wawa unter dem Stuhl.
    Urmel-Königs scharfes Auge
musterte die Gäste. Wutz drängte sich vor und meinte: »Ich bin sicher nicht zu
klein, öfföff.«
    »Aber zu fett!«, antwortete
Urmel-König.
    »Er hat wirklich keine
Manieren, möm!«, brummte Herr Mö. Wutz versteckte sich errötend hinter dem
Professor. Seine Majestät Urmel-König erhob sich feierlich, begab sich zu
Naftaline und reichte ihr zierlich die Hand. Dann tanzten die beiden ein
Menuett und das sah reizend aus.
    »Wie wäre es mit Damenwahl?«,
fragte Wutz. Sie blickte Herrn Mö so an — ja, als ob sie ihn mit den Augen
verschlingen wollte.
    »Ich tanze nie«, brummte Herr
Mö und biss sehr kräftig auf seine Pfeife, die Kieferknochen zeichneten sich
deutlich auf seinen Wangen ab.
    »Vielleicht nimmst du mit mir
vorlieb«, sagte König Futsch.
    Da war Wutz glücklich, mit
einem echten, wenn auch abgedankten König tanzen zu dürfen. Die beiden walzten
durch den Saal, bis es Wutz schwindlig wurde und sie sich niedersetzen musste.
Die Wände schienen sich um sie im Kreise zu drehen. Rasch, sehr rasch, als ob
sie in einem Kettenkarussell säße.
    Angakorok legte den rechten Arm
auf Direktor Doktor Zwengelmanns, den linken auf Professor Habakuk Tibatongs
Schulter. Er lehrte sie den echten Eskimo-Reihentanz. Die drei stampften mit
den Füßen aufs Parkett, dass die Kronleuchter klirrten.
    Danach wollte Angakorok ein
freundliches Ballgespräch mit Wutz führen. Er schlenderte in ihre Nähe. Sie saß
noch immer matt auf dem Boden. Er fragte sie: »Wenn ich mich recht erinnere,
hat beste Köchin der Welt einen Iglu!«
    »Eine Schlummertonne, öfföff!«
    »Fabelhaft! Angakorok möchte
den Schlummeriglu sehen und in ihm mit bester Köchin der Welt plaudern.«
    »Die Schlummertonne ist aber
sehr eng«, sagte Wutz zögernd. Sie war verlegen. Was sollten die anderen davon
denken!
    »Eng ist schön!«, meinte
Angakorok. In den Iglus der Eskimos war es ja auch nicht sehr geräumig.
    Herr Mö aber zwängte sich
wieder zwischen die beiden. »Nichts da, möm!« Er machte gleich dreimal
hintereinander »möm-möm-möm«, es klang wie Schüsse aus einer Pistole. Angakorok
versuchte zu lächeln, es gelang ihm aber nicht recht. Er brummte: »Manche Tiere
sind nett, manche weniger...«, und verließ die beste Köchin der Welt. Man sah
ihn später überhaupt nicht mehr. Vielleicht bestieg er noch in derselben Nacht
seinen Kajak, um in den eigenen Iglu am Nordpol zurückzureisen.
    Für einen Augenblick schwieg
die Musik. Jede Kapelle macht mal eine Pause. Auf diesen Moment hatte
Seele-Fant wohl gewartet. Er robbte in die Mitte des Parketts und sah alle
freudig bewegt an. »Onköl Pötsch und öch können zwar schlöcht tanzön«, brummte
er. Dann ging ihm der Gesprächsfaden aus. »Na los, Onköl Pötsch, rödö schon!«
    Onkel Pitsch, der sich mit
seinem wabbligen Körper wahrhaftig schlecht auf festem Boden bewegen konnte, bemühte
sich, auf einem winzigen, runden Klavierstuhl Halt zu finden. Rechts und links
hing seine grüne Haut gleich einer Schürze herab. Vor ihm öffnete ein
riesenlanger schwarzer Konzertflügel seine große Klappe. Onkel Pitsch ringelte
seinen Schweif ums Pedal, legte die Wabbelfinger auf die Tasten und sagte
feierlich: »Ja, pitsch püh, wir bringen jetzt eine künstlerische Einlage, pfüh,
zu Ehren des Hochzeitspaares.«
    »Auch tschu meinen Ehren?«,
wunderte sich Wawa leise.
    Onkel Pitsch fuhr fort: »In
einem alten Schiff, das ganz zufällig... ehem...«, er räusperte sich
auffallend, »... ganz zufällig
untergegangen war, püh, stand ein Klavier. Und auf diesem Instrument habe ich
spielen gelernt, pfüh, ich war mein eigener Lehrer. Und Seele-Fant wird jetzt
zu meiner großartigen, pitsch, Begleitung ein Lied singen.«
    »Uns bleibt auch nächts
erspart«, bemerkte Schusch respektlos. Seele-Fant warf ihm einen vernichtenden
Blick zu.
    Herr Mö drückte sich an der
Wand entlang, hinter den Rücken der anderen, durch die Tür ins Nebenzimmer.



Zweiundzwanzigstes
Kapitel
In
dem das Urmel träumt,
wie
es willkürlich herrschen will
und
von allen im Stich gelassen wird
     
    Nun bewegte sich Seele-Fant
halb rutschend, halb hüpfend zu dem Flügel. In dessen Einbuchtung, dort wo sich
die Kammersänger aufstellen, versuchte er, seinen Oberkörper stolz
aufzurichten. Er atmete tief ein und sein Brustkasten wölbte sich
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