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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)
Autoren: Bree Despain
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nicht leicht, seine jüngere Schwester zu sein, doch es war beinahe unmöglich, Jude
nicht
gern zu haben.
    Ich mochte gar nicht daran denken, was meine Neuigkeiten für ihn bedeuten könnten.
    »Das ist ja fantastisch«, sagte Dad zu Jude.
    »Yeah.« Er grinste. »Gestern hab ich erzählt, dass ich eine Jacke spenden würde, und dann alle gebeten, auch was beizutragen.«
    »Und von welcher Jacke willst du dich trennen?«, fragte Mom.
    »Von der roten.«
    »Deine North Face? Aber die ist doch praktisch wie neu.«
    »Ich hab sie in den letzten drei Jahren aber kaum getragen. Es kommt mir ziemlich egoistisch vor, sie in meinem Schrank hängen zu haben, wenn jemand anderes sie vielleicht brauchen kann.«
    »Jude hat recht«, sagte Dad. »Wir brauchen wirklich Qualitätskleidung. Wir haben noch nicht mal Thanksgiving und die Wettervorhersage redet jetzt schon vom nächsten Rekordwinter.«
    »Ja!«, jubelte Charity. Mom grummelte in sich hinein. Sie konnte nie verstehen, wieso die Menschen in Minnesota es immer so sehr auf eine Rekordkälte absahen.
    Ich schob mein Kartoffelpüree auf dem Teller herum, als Dad sich an mich wandte, um die Frage zu stellen, auf die ich so überhaupt nicht erpicht war. »Du bist ja heute Abend ziemlich still, Grace. Wie war dein Tag?«
    Ich legte meine Gabel weg. Als ich ein Stückchen Hackbraten runterschluckte, fühlte es sich in meiner Kehle wie Styropor an. »Ich habe heute Daniel getroffen.«
    Mom schaute auf, während sie James gerade davon abhalten wollte, sein Essen quer über den Tisch zu spucken. In ihren Augen lag dieser Blick, der besagte:
Wir erwähnen diesen Namen nicht in unserem Haus
.
    Wir konnten uns an unserem Küchentisch eigentlich über alles Mögliche unterhalten: Tod, Teenager-Schwangerschaften, Politik und sogar religiös bedingtes Unrecht im Sudan – doch es gab ein Thema, das niemals mehr erwähnt wurde: Daniel.
    Dad wischte sich mit der Serviette über den Mund.»Grace und Jude, ich könnte euch morgen Nachmittag gut in der Gemeinde brauchen. Unsere Wohltätigkeitsaktion hat großen Anklang gefunden. Ich kann vor lauter Maiskonserven kaum noch mein Arbeitszimmer betreten.« Er gab ein kleines Kichern von sich.
    Ich räusperte mich. »Ich habe mit ihm gesprochen.«
    Dads Lachen erstickte.
    »Wow«, sagte Charity, während ihre Gabel auf halbem Weg zum Mund in der Luft hängen blieb. »Das nenn ich mal eine Offenbarung, Grace.«
    Jude schob seinen Stuhl zurück. »Wollt ihr mich bitte entschuldigen?«, fragte er und legte seine Serviette auf den Tisch. Er wartete die Antwort nicht ab und verließ die Küche.
    Ich sah zu Mom herüber.
Jetzt sieh nur, was du angerichtet hast
, schien ihr Blick zu sagen.
    »Erbsen!«, rief James und warf eine Handvoll in mein Gesicht.
    »Tut mir leid«, flüsterte ich und stand vom Tisch auf.
     
    Später
     
    Ich fand Jude draußen auf der Veranda vor dem Haus; er hatte sich in die blaue Decke gewickelt, die sonst immer auf der Couch lag. Sein Atem bildete weiße Wölkchen vor seinem Gesicht.
    »Es ist eiskalt, Jude. Komm wieder rein.«
    »Ich bin okay.«
    Ich wusste, dass es nicht stimmte. Es gab nur wenige Dinge, über die Jude sich wirklich aufregte. Er mochte es nicht, wenn die Mädchen in der Schule irgendeinen Mist erzählten und es dann mit einem ›War ja nur ein Scherz‹ abtaten. Er hasste es, wenn irgendwer Gott lästerte, und er hatte überhaupt kein Verständnis für Leute, die behaupteten, das Eishockeyteam der Minnesota Wild würde niemals den Stanley Cup gewinnen. Aber Jude fing nicht an herumzubrüllen, wenn ihm etwas nicht passte. Im Gegenteil, er wurde ganz still und in sich gekehrt.
    Ich rieb mir wärmend über die Arme und setzte mich neben Jude auf die Stufen. »Tut mir leid, dass ich mit Daniel gesprochen habe. Ich wollte dich nicht aufregen.«
    Jude massierte sich die parallel verlaufenden Narben auf dem linken Handrücken. Das tat er ziemlich häufig. Ich fragte mich, ob es ihm überhaupt bewusst war. »Ich bin nicht sauer«, sagte er schließlich. »Ich mache mir Sorgen.«
    »Wegen Daniel?«
    »Deinetwegen.« Jude sah mir in die Augen. Wir hatten dieselbe römische Nase und dasselbe dunkelbraune Haar, doch besonders die Ähnlichkeit unserer veilchenblauen Augen war mir immer etwas unheimlich – insbesondere jetzt, da ich sah, wie viel Schmerz in seinem Blick lag. »Ich weiß, was er dir bedeutet …«
    »Bedeutet hat. Das liegt mehr als drei Jahre zurück. Damals war ich noch ein Kind.«
    »Das bist du
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