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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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verborgen; diese hat, unter anderem, eine überaus gute Beziehung zur zweiten Gattin ihres Vaters, die sozusagen gleichaltrig ist. Der Genuardi hat auch die Freundschaft mit dem Buchhalter Rosario (genannt Sasà) La Ferlita gelockert, einem wirklich lasterhaften Menschen, der sich jeder Ausschweifung hingibt und das schwarze Schaf einer angesehenen Familie ist. Dessen Bruder Giacomo (genannt Zagaglino, wegen eines leichten Stotterfehlers) ist ein tüchtiger Beamter bei der Königlichen Präfektur von Montelusa.
      Genuardis Schwiegervater, der den besseren Einsichten wohl nicht traute, hat in Genuardis Lager einen alten Vertrauensmann einstellen lassen, einen gewissen Calogero Jacono (genannt Caluzzè die Schrumpelfeige), der diesem über alles Bericht erstattet.
      Nichts ist zu Lasten des Genuardi im Strafregister eingetragen. Mithin gilt er als nicht vorbestraft.
      Hierdurch wird außerdem mitgetheilt, daß der Genuardi am
    5. März diesen Jahres im Ortsbann Inficherna den Hirten Lococo Anselmo (genannt Sesè der Bleifuß, wegen seines langsamen Schrittes) angefahren, dessen linken Arm gebrochen und den Verlust zweier Ziegen aus der Herde verursacht hat. Der Lococo wurde jedoch überredet, keine Anzeige zu erstatten, da er ein hohes Schmerzensgeld erhielt, das ihm unverzüglich von Signor Emanuele Schilirò angeboten worden war.
      Der Genuardi saß am Steuer eines motorisierten Vierrades der Marke Panard und Levassor, das er in Paris gekauft hat, und zwar für einen außerordentlich hohen Preis, weil es sich dabei praktisch um ein Unikat handelte. Ebenfalls in Paris, wohin er sich mit seiner Gattin angelegentlich der Weltausstellung von
    1889 begab, hat er auch einen Phonographen Edison mit Wachsrolle gekauft, von dem Musik zu hören ist, wenn man ein beigefügtes Leitrohr ans Ohr führt.
      Dieses alles führe ich nicht aus törichter Geschwätzigkeit auf, sondern um die oftmals eigenthümlichen Handlungen des Genuardi deutlich zu machen.
      Politische Vorstellungen gibt es bei Genuardi keine. Er wählt entsprechend den Anweisungen seines Schwiegervaters, der ein Urgestein ist. In der Öffentlichkeit hat er seine Meinung noch nie geäußert. Hochachtungsvoll

    Der Leiter der Polizeidienststelle von Vigàta (Antonio Spinoso)

Gesagtes eins

    A
(Giacomo La Ferlita – Pippo)

    »Wozu haben Sie mich eigentlich hier runtergeschleppt, Signor La Ferlita?«
      »Weil das hier das alte Archiv der Präfektur ist, hier runter kommt keine Sklavenseele. Und keiner kann uns sehen. Ich will mit Ihnen nämlich nichts zu schaffen haben. Vielleicht hat mein Bruder Sasà sich ja nicht deutlich genug ausgedrückt, Signor Genuardi?«
      »Ihr Bruder hat sich absolut deutlich ausgedrückt. Sogar ein bißchen sehr deutlich.«
      »Und wieso belästigen Sie mich dann in der Präfektur? Ich habe einen geachteten Namen, klar?«
      »Kann man eigentlich mal erfahren, warum ihr euch alle in der Präfektur aufführt, als hätte euch der Hafer gestochen? Was hab ich getan? Hab ich vielleicht neben das Pinkelbecken gepißt, oder was?«
      »Das fragen Sie mich? Sie wissen doch selber, was Sie angerichtet haben! Und außerdem, ich höre mir nicht gern säuische Ausdrücke an!«
      »Was hab ich denn angerichtet?! Nichts hab ich angerichtet! Drei Briefe hab ich an den Präfekten geschrieben und ihn um Auskünfte gebeten, und da hat er sich gleich künstlich aufgeregt.«
    »Ich glaube nicht, daß das allein ausschlaggebend ist. Commendatore Parrinello ist mir ernsthaft besorgt vorgekommen.«
      »Die sollen sich doch beide in den Arsch ficken lassen, der und Seine Exzellenz!«
      »Hören Sie, ich hab Ihnen schon mal gesagt, daß ich säuische Ausdrücke …«
      »Na gut, darin bitte ich um Verzeihung und komme zum Grund meines Besuches. Schließlich bin ich ja nicht meinetwegen hier, Signor Giacomino. Ich bin hier wegen Ihres Bruders Sasà.«
    »Hören Sie mir ja auf mit Sasà.«
      »Das kann ich nicht! Wenn ich's bloß könnte! Hier geht's um Freundespflicht!«
    »Hören Sie …«
      »Nein, jetzt reicht's, jetzt hören Sie mir zu. Ich muß Sasà warnen, daß ihn jemand sucht, der ihm das Fell über die Ohren ziehen will.«
    »Aber wieso denn?«
      »Was heißt das, wieso denn? Spielen Sie jetzt den Ahnungslosen, oder was? Ja, wissen Sie denn nicht, daß Ihr Bruder Sasà die halbe Welt in den Arsch gefickt hat? Wissen Sie nicht, daß er ganz Sizilien Geld schuldet?«
      »Das weiß ich. Aber er
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