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Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)

Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)

Titel: Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)
Autoren: John Passarella
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K APITEL E INS
    Brian Mathis fragte sich, ob es ein Fehler gewesen war, seinen zwölfjährigen Sohn Tyler mit in den Claremont Park zu nehmen. Ihr kleines Abenteuer hatte Spaß gemacht, und sie hatten sich einander sehr verbunden gefühlt, bis sie den gepflasterten Weg und die Picknicktische hinter sich ließen und auf einem Kurs, den ihnen der virtuelle Kompass der GPS-App auf Brians Smartphone vorgab, in den Wald wanderten. Durch den Regen der vergangenen Nacht war aus dem sonst passablen Wanderweg eine rutschige Angelegenheit geworden. Tyler fiel immer weiter hinter seinem Vater zurück und war schon zweimal an sanften Hügeln, die vom Matsch schlammig geworden waren, gestürzt. Jetzt war der Junge von oben bis unten damit bedeckt – Hände, Knie, Schuhe sowie ein getrockneter Fleck am Kinn, das er sich vor Unmut gerieben hatte.
    Nach einem Missgeschick hatte sich Brian außerdem den Knöchel verstaucht, der jetzt schmerzhaft pochte und ihn daran erinnerte, dass er hin und wieder den Blick vom Kompass abwenden musste, um darauf zu achten, wohin er gerade trat. Einige Minuten später lief er mit gesenktem Kopf und leise fluchend direkt gegen einen tief hängenden Ast und ärgerte sich darüber, dass er seinem Sohn ein derart schlechtes Beispiel war.
    „Du hast gesagt, wir sind ganz in der Nähe“, meinte Tyler stöhnend und seufzte dann noch theatralisch.
    „Wir
sind
auch ganz in der Nähe“, erwiderte Brian. „Aber ich habe dir doch schon erklärt, dass die Koordinaten nicht zu einhundert Prozent exakt sind.“
    „Was soll das Ganze dann?“ Tyler schleuderte einen Stein von der Größe eines Tischtennisballs in Richtung des nächsten Baumstamms. Durch den lauten Aufprall wurde ein Eichhörnchen aufgeschreckt, das an einem Ast entlanghuschte, auf einen anderen sprang und dann nicht mehr zu sehen war.
    „Wirf nicht mit Steinen.“
    „Ich hab doch sonst nichts zu tun.“
    Brian beschloss, den Kommentar seines Sohns zu ignorieren. „Die Koordinaten führen uns in die nähere Umgebung, und dann sehen wir uns um, bis wir ihn gefunden haben.“
    „Warum?“
    „Weil … Das ist, als würde man nach einem vergrabenen Schatz suchen.“
    „Ich werde ihn behalten.“
    „Nein“, entgegnete Brian. „Wir tragen uns in das Logbuch ein und lassen den Behälter da, wo wir ihn gefunden haben. So macht man das. Wenn wir ihn mitnehmen, hat sich der Nächste die Mühe ganz umsonst gemacht.“
    „Aber du hast gesagt, ich dürfte was mitnehmen“, rief ihm Tyler ins Gedächtnis.
    „Ich sagte, du darfst was austauschen“, korrigierte ihn Brian. Angeblich befanden sich in dieser Geocaching-Dose mehrere kleine Spielzeuge. Wenn man etwas herausnahm, sollte man auch etwas hineinlegen, das einen ähnlichen Wert hatte. „Hast du einen Soldaten mitgebracht?“
    „Ja“, antwortete Tyler und verdrehte die Augen.
    Er spielte schon seit Jahren nicht mehr mit Soldaten, daher hatte er auch kein Problem damit, sich von einem zu trennen. Tyler hoffte auf etwas Besseres, vielleicht ein gebrauchtes Videospiel oder etwas ähnlich Unwahrscheinliches. Daher hatte sein Vater während der Fahrt zum Park vor allem versucht, seine Erwartungen zu bremsen.
    „Die Suche ist das Spannendste daran, nicht das, was man am Ende findet.“
    „Macht ja auch richtig Spaß“, knurrte Tyler laut genug, dass sein Vater es hören konnte.
    Insgeheim bedauerte es Brian, dass er für ihren ersten Versuch keinen Cache mit der niedrigsten Schwierigkeitsstufe ausgesucht hatte. Stattdessen hatte er sich für einen entschieden, der am nächsten lag, allerdings auch die nächsthöhere Schwierigkeitsstufe aufwies. Er war davon ausgegangen, dass ein Cache mit Spielzeug, selbst wenn es nur billiger Ramsch war, den Jungen ansprechen würde. Doch auch das war ein Fehler gewesen, da er die Reife seines Sohnes unterschätzt hatte, der jetzt in einem Alter war, in dem die Dinge von einem Augenblick zum nächsten von „cool“ zu „langweilig“ wurden. Seit seiner Scheidung sah Brian Tyler weitaus seltener, als ihm lieb gewesen wäre und bekam von dessen Wachstumsschüben nur bei seinen unregelmäßigen Besuchen etwas mit.
    Als ein größeres Regengebiet über ihnen hinwegzog, wurde es im Wald verfrüht dunkel. Die Schatten wurden tiefer und breiteten sich wie ein Tintenfleck unter ihnen auf dem Boden aus. Der Geruch nach feuchter Erde stieg nebelartig empor und umgab sie.
    Brian blieb stehen und rieb sich mit dem Unterarm über die feuchte Stirn. „Wir sind da“,
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