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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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weiter.
      Aber...
      Die Lampe. Und der Aschenbecher; vergiß den Aschenbecher nicht.
      Sie blickte zurück
      (alte Hexe haßt meine Momma)
      über ihre Schulter. Wieder schien es ihr, als zucke etwas. Aber ganz schwach. Ihre Gedanken gerieten auf einmal durcheinander, als sei tief in ihrem Inneren ein Springbrunnen entstanden.
      Das Blumenfenster schien sich zu kräuseln. Mehr nicht. Es konnte auch an ihren Augen liegen. Es konnte...
      Ihr Kopf wurde müde und wirr, es begann darin zu hämmern. Der Beginn von Kopfschmerzen. Ihre Augen waren heiß, als habe sie soeben das Buch der Offenbarung in einem durchgelesen.
      Sie ging weiter die Straße hinab, auf das kleine weiße Haus mit den blauen Fensterläden zu. Das vertraute Haß-LiebeFurcht-Gefühl befiel sie. An der Westseite des Bungalows rankte sich Efeu empor (sie nannten es immer den Bungalow, denn das ›White-House‹ hätte wie ein Witz geklungen, wie ein politischer Witz, und Momma sagte, alle Politiker seien Gauner und Sünder und würden eines Tages das Land den gottlosen Roten überlassen, die alle, die an Jesus glauben — sogar die Katholiken — an die Wand stellen würden), und der Efeu war malerisch, sie wußte das, aber manchmal haßte sie ihn. Manchmal, wie eben jetzt, sah der Efeu aus wie eine von Adern durchzogene Riesenhand, die sich aus dem Boden erhob, um das Haus zu ergreifen. Mit schleppenden Schritten trat sie näher.
      Natürlich, da waren ja die Steine gewesen.
      Wieder blieb sie stehen, blinzelte trübe in den Tag. Die Steine. Momma sprach niemals darüber; Carrie wußte nicht einmal, ob sich ihre Momma noch an den Tag der Steine erinnerte. Es war überraschend, daß sie selbst sich daran erinnerte. Sie war damals ein ganz kleines Mädchen gewesen. Wie alt? Drei? Vier? Da war dieses Mädchen in dem weißen Badeanzug gewesen, und dann kamen die Steine. Und Dinge waren im Haus herumgeflogen. Da kam ihr plötzlich die Erinnerung, klar und deutlich. Als sei sie die ganze Zeit über dagewesen, unter der Oberfläche, als habe sie auf eine Art geistige Pubertät gewartet. Vielleicht auf heute.

    Aus: Carrie: Die schwarze Dämmerung der TK (Esquire, 12. September 1980), von Jack Gaver:
      »Estelle Horan lebt seit zwölf Jahren in einer hübschen Vorstadt von San Diego, in Parrish, und äußerlich ist sie die typische Miß Kalifornien: Sie trägt grell bemalte Blusen und rauchfarbene Sonnenbrillen. Ihr Haar ist blond mit dunklen Strähnen; sie fährt eine schicken kastanienbraunen Volkswagen Formel V. Ihr Mann ist leitender Angestellter bei der Parrisher Filiale der Bank of America. Ihr Sohn und ihre Tochter sind eingetragene Mitglieder des Clubs ›Sonne und Spaß in Südkalifornien‹, braungebrannte Strandgeschöpfe. In dem kleinen, wunderbar gepflegten Garten befindet sich ein Springbrunnen, und an den Türen hängen Glockenspiele, die ein paar Töne aus Hey, Jude bimmeln. Aber Mrs. Horan hat sich ganz im Innersten noch nicht von dem schwierigen, schwerfälligen Boden von Neu England gelöst. Und wenn sie von Carrie White spricht, nimmt ihr Gesicht einen seltsamen, verkniffenen Ausdruck an.
      ›Natürlich war sie eigenartig‹, erzählt mir Estelle Horan und zündet sich die zweite Virginia Slim an, gleich nachdem sie die erste ausgedrückt hat. ›Die ganze Familie war eigenartig. Ralph war Bauarbeiter, und die Leute in unserer Straße behaupteten, er nehme jeden Tag die Bibel und einen 38er Revolver mit zur Arbeit. Die Bibel war für die Kaffeepause und den Lunch. Der 38er für den Fall, daß er dem Antichrist begegnen sollte. An die Bibel kann ich mich selbst erinnern. Der Revolver... wer weiß? Er war ein großer Mann mit olivfarbener Haut und Bürstenfrisur. Er sah immer finster aus. Und man mochte ihm nicht in die Augen sehen, nicht im Leben. Sie schienen zu glühen. Wenn man ihn kommen sah, ging man auf die andere Straßenseite, und keiner hätte ihm jemals hinter seinem Rükken die Zunge rausgestreckt, niemals, so unheimlich war er.‹
      Sie macht eine Pause und pafft Wolken von Zigarettenrauch zur Balkendecke aus Redwood-Imitation. Stella Horan lebte bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr in der Carlin Street und besuchte die Berufsschule in Motton. Sie erinnert sich sehr gut an den Zwischenfall mit den Steinen.
      ›Es gibt Zeiten‹, sagt sie, ›da frage ich mich, ob ich wohl schuld daran war. Ihr Garten grenzte an den unseren, und Mrs. White hatte eine Hecke angepflanzt, die war aber noch nicht hoch. Sie
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