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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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›Denker‹, auf dessen Kopf man die Zigaretten ablegen konnte) purzelte plötzlich auf den Boden. Zigarettenstummel und Krümel von Mortons Pfeifentabak lagen auf dem blaßgrünen Nylon-Teppich verstreut.
      »Jetzt hör mal«, sagte Morton und versuchte, streng zu sein. »Ich weiß, du bist erregt, aber das bedeutet nicht, daß ich dafür...«
      »Bitte!« sagte Miß Desjardin ruhig.
      Morton blinzelte sie an und nickte dann kurz. Er versuchte, eine Art liebenswerten John Wayne darzustellen, während er die Personalangelegenheiten regelte, was seine Hauptaufgabe als stellvertretender Leiter war. Aber es gelang ihm nicht sehr gut. In der Verwaltung nannten sie ihn für gewöhnlich ›liebenswerten Mort‹. Die Schüler neigten eher zu ›dieser verrückte Esel aus dem Büro‹. Da jedoch nur wenige Schüler wie Billy deLois und Henry Trennant Funktionen im Elternbeirat oder in der Öffentlichkeit hatten, trug die Version der Verwaltung zumeist den Sieg davon.
      Jetzt lächelte der liebenswerte Mort, der noch immer seinen Daumen rieb, Carrie an und sagte: »Gehen Sie, wenn Sie möchten, Miß Wright. Oder möchten Sie sich lieber setzen, bis Sie sich gefaßt haben?«
      »Ich werde gehen«, murmelte sie und schleuderte ihr Haar nach hinten. Sie stand auf, sah sich dann nach Miß Desjardin um. Ihre Augen waren groß und dunkel vor Erkenntnis. »Sie haben mich ausgelacht. Sachen geworfen. Sie haben immer gelacht.«
      Miß Desjardin konnte sie nur hilflos ansehen.
      Carrie ging.
      Einen Augenblick lang herrschte Stille. Morton und Miß Desjardin sahen ihr nach. Dann räusperte sich Morton umständlich und kniete nieder, um den Inhalt seines Aschenbechers zusammenzufegen.
      »Was war eigentlich los?«
      Sie seufzte und sah angeekelt auf den allmählich trocknenden Handabdruck auf ihren Shorts. »Sie hat ihre Periode bekommen. Ihre erste Periode. In der Dusche.«
      Morton räusperte sich wieder, er wurde knallrot. Das Stück Papier, mit dem er die Asche zusammenkratzte, bewegte sich noch schneller. »Ist sie nicht ein bißchen, eh —«
      »Alt fürs erstemal? Ja. Deshalb war es für sie ja so schrecklich. Allerdings kann ich nicht verstehen, weshalb ihre Mutter...« Der Gedanke verlor sich, geriet vorerst in Vergessenheit. »Ich glaube nicht, daß ich sie ganz richtig behandelt habe, Morty, aber ich wußte ja nicht, was los war. Sie dachte, sie würde verbluten.«
      Er starrte sie bestürzt an.
      »Ich glaube, sie hat bis vor einer halben Stunde noch gar nicht gewußt, daß es so etwas wie Menstruation überhaupt gibt.«
      »Geben Sie mir die kleine Bürste, Miß Desjardin. Da, die ist es.« Sie reichte die Bürste, und er begann damit das Häufchen Asche auf das Papier zu kehren. »Da bleibt noch jede Menge für den Staubsauger übrig, nehme ich an. Dieser tiefe Teppich ist furchtbar. Ich dachte, ich hätte den Aschenbecher weit genug nach hinten gestellt. Komisch, wie Sachen einfach herunterfallen.« Er stieß sich den Kopf am Schreibtisch und richtete sich auf. »Ich kann es kaum glauben, daß ein Mädchen drei Jahre lang in diese oder eine andere High School geht und keine Ahnung von Menstruation hat, Miß Desjardin.«
      »Für mich ist es noch schwieriger«, sagte sie. »Aber nur so
    kann ich mir ihre Reaktion erklären. Und sie war immer der Sündenbock der Gruppe.«
      »Mhm.« Er schüttete die Asche und die Kippen in den Papierkorb und säuberte sich die Hände. »Ich glaube, ich weiß jetzt, wer sie ist. White. Margaret Whites Tochter. Muß so sein. Das macht es ein wenig leichter, das Ganze zu glauben.« Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und lächelte entschuldigend. »Es gibt so viele von ihnen. Nach fünf Jahren oder so fangen sie alle an, zu einem einzigen Gesicht zu verschmelzen. Da nennt man dann Jungen mit den Namen ihrer Brüder, oder ähnliches. Es ist schwierig.«
      »Natürlich.«
      »Warten Sie, bis Sie zwanzig Jahre bei dem Haufen sind wie ich«, sagte er verdrießlich und betrachtete seine Blutblase. »Sie sehen Kinder, die Ihnen bekannt vorkommen, und dann stellt sich heraus, daß Sie den Daddy in dem Jahr hatten, als Sie hier anfingen. Margaret White war vor meiner Zeit da, wofür ich zutiefst dankbar bin. Sie hat zu Mrs. Bicente, Gott hab sie selig, gesagt, daß der Herr für sie einen besonders heißen Sessel in der Hölle bereithalte, weil sie den Kindern Darwins Vererbungslehre erklärte. Zweimal wurde sie vom Unterricht suspendiert —
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