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Verhext

Titel: Verhext
Autoren: Amanda Quick
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Prolog
    »Ihre neueste Mätresse ist eine Sensation in London, Masters. Die Leute finden sie ungeheuer amüsant.« Charles Trescott, der vor dem Kamin saß, nahm einen Schluck von seinem Brandy und musterte seinen Gastgeber mit einem bösartigen Grinsen. »Da Sie es sich ja nun mal in den Kopf gesetzt haben, sich aus unerfindlichem Grund mitten in der Saison hierher aufs Land zurückzuziehen, dachte ich, ich sollte Sie zumindest darüber informieren, was in der Stadt passiert.«
    »Wirklich aufmerksam von Ihnen, sich extra die Mühe zu machen, mich mit den jüngsten Gerüchten zu versorgen.«
    »Das war das mindeste, was ich tun konnte, zumal im Augenblick alle Welt von Ihnen spricht. Ich weiß, wie sehr Sie so etwas ärgert.« Trescott, ein permanent gelangweilter dreißigjähriger Dandy, machte eine erwartungsvolle Pause.
    »Da irren Sie sich, Trescott. Es interessiert mich nicht die Bohne, worüber sich die sogenannte bessere Gesellschaft beim Tee das Maul zerreißt.«
    Trescott war enttäuscht, aber nicht entmutigt. Wie ein eigensinniges Kind, das es sich in den Kopf gesetzt hat, den Löwen im Käfig zu reizen, unternahm er einen weiteren Versuch, sein Gegenüber zu einer Reaktion zu bewegen. »Ich muß zugeben, daß es mich genau wie alle anderen interessiert zu erfahren, weshalb Sie ihr dieses empörende Benehmen durchgehen lassen. Alle Welt weiß, daß Sie von Ihren Mätressen immer äußerste Diskretion erwarten. Ich dachte, dies wäre einer Ihrer berühmten Grundsätze.«
    Marcus Valerius Cloud, der Earl of Masters, drehte langsam das
    kristallene Brandyglas in seinen großen, schwieligen Händen. Er studierte die Reflexion der Flammenglut in dem schweren, geschliffenen Glas.
    Vor ein paar Monaten hatte er angefangen, sich für die erstaunlichen Eigenschaften von Licht und Glas zu interessieren. Er hatte weitreichende Experimente mit Prismen und Spiegeln durchgeführt, und diese Studien hatten seine Leidenschaft für Teleskope geweckt.
    Die Astronomie hatte sich als so faszinierend erwiesen, daß er London in diesem Jahr mitten in der Saison verlassen hatte, um seine Experimente auf einem seiner entlegenen Landsitze fortzuführen. Der Nachthimmel hier in Yorkshire war ungetrübt und klar, anders als die rauchgeschwängerte Luft der Stadt, die die Sicht durch sein neues Teleskop behinderte.
    So war es immer gewesen. Bereits als Kind auf dem Bauernhof seiner Familie in Yorkshire hatte er großes Interesse an mechanischen, technischen und naturwissenschaftlichen Dingen bewiesen.
    Ob es nun um die Federung einer Kutsche, um Uhrwerke, um Spieluhren oder um die Sterne ging - immer war er ein leidenschaftlicher Entdecker und Erfinder gewesen, und immer hatte er die Regeln und Gesetze zu verstehen versucht, nach denen die Dinge funktionierten.
    Marcus mochte Regeln, vor allem seine eigenen. Er hatte eine Reihe eiserner Grundsätze, die er vor Jahren formuliert hatte und von denen er niemals abwich. Sie waren einfach und unkompliziert:
    Heirate kein zweites Mal.
    Sprich nie über die Vergangenheit.
    Erklär niemals dein Handeln.
    Laß dich nie von einem Ziel abbringen, und ändere niemals eine einmal getroffene Entscheidung.
    Laß dich nie mit Jungfrauen oder den Ehefrauen anderer Männer ein.
    Marcus blickte von seinem Brandyglas auf. Er hatte Trescott noch nie besonders gemocht. Er war einer der zahllosen charakterschwachen, zügellosen Draufgänger der besseren Gesellschaft, denen ihre persönlichen Grundsätze nicht im Weg standen, wenn es darum ging, unschuldige junge Frauen und Menschen von niedrigerem gesellschaftliche Rang schamlos auszunutzen.
    »Erzählen Sie mir, was die Lady getan hat, daß Sie eine solche Bemerkung machen«, sagte Marcus in bewußt desinteressiertem Ton.
    Trescotts Augen blitzten vor Gehässigkeit. »Den Gerüchten zufolge hat sie Ihnen den Laufpaß gegeben und ist jetzt auf der Suche nach einem neuen Liebhaber. Ganz London ist vollkommen aus dem Häuschen.«
    »Ach, tatsächlich.«
    »Mrs. Bright tauchte vor vierzehn Tagen zum ersten Mal in unseren Kreisen auf und hat die Herzen der Menschen im Sturm erobert. Wir alle können einfach nicht glauben, daß Sie sich von Ihrer Mätresse einfach haben abservieren lassen. Wirklich höchst ungewöhnlich, wenn man Ihren Ruf als - sagen wir - Mann eiserner Prinzipien bedenkt.«
    Marcus lächelte leicht, aber er sagte nichts.
    Trescott, der mit dieser Reaktion alles andere als zufrieden war, versuchte es noch einmal. »Sie wissen genau, daß Sie
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