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Unterwirf dich

Unterwirf dich

Titel: Unterwirf dich
Autoren: Molly Weatherfield
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Zaubersprüche und Hexerei, dieses ganze redundante archetypische Zeug. An diesem letzten Tag in Paris jedoch musste ich mir eingestehen, dass diese ultimative, noch nicht beendete Geschichte meine war, ob es mir nun gefiel oder nicht. Sie hatte mich gewählt, und ich würde sie formen, ihr ein wenig mehr Witz und Originalität verleihen. Ich wusste jetzt, dass ich diese Geschichte Jonathan nicht erzählen wollte. Ich wollte sie behalten, sie leben – sehen, ob ich sie in ein Leben verwandeln konnte. Und da wusste ich, dass es Zeit war zu gehen.

Früher am ersten Tag
    Auch Carries Geschichte
    Ich setzte mich auf meinen Platz im Zug von Paris nach Avignon, froh darüber, dass es ein Fensterplatz war, denn ich war viel zu nervös zum Lesen. Das ist er, dachte ich. Der erste Tag vom Rest meines Lebens.
    Hoffentlich gefielen Jonathan die Kleider, die ich in Paris gekauft hatte. Ich war direkt von Griechenland dorthin geflogen, an dem Tag, als sie mir den Kragen und die Manschetten entfernt und Mr. Constant mir mein Geld gegeben hatte – mehr als hunderttausend Dollar, einschließlich einer Kreditkarte. Er war nett gewesen an diesem letzten Tag. Hatte seine Brille abgesetzt und versucht, sich in seinem Büro mit mir richtig zu unterhalten.
    »Mir hat das Jahr gut gefallen«, sagte er, »und ich habe von Anfang an gedacht, dass du ein nettes Mädchen bist. Bei Jonathan bin ich mir nicht so sicher, weißt du.«
    »Nun, das werde ich selbst herausfinden müssen«, sagte ich.
    Er wünschte mir Glück, aber leider hatte er im Moment wenig Zeit. Er musste ein Bewerbungsgespräch führen – ein neues, junges ökonomisches Genie, das er hoffentlich einstellen konnte. Es würde nicht leicht sein, Stefan zu ersetzen, der in dieser Minute endlich fröhlich über den Dressurplatz lief. Tony war zwei Wochen zuvor nach New York geflogen, wo er eine Karriere als Tänzer starten wollte.
    »Nun«, sagte ich, »ich wünsche Ihnen auch Glück, Mr. Constant.« Er würde es brauchen, dachte ich – und vielleicht würde auch Annie es brauchen, um Stefans heftige Verehrung in Form und Disziplin zu bringen. Wir schüttelten einander die Hände, und ich wandte mich zum Gehen. »Ach, noch etwas«, sagte ich. »Ich habe mir ein Buch aus Ihrer Bibliothek ausgeliehen …«
    »Behalt es«, sagte er.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich noch wusste, wie man mit Geld umging, aber es stellte sich heraus, dass ich keine Probleme damit hatte. Ich brauchte neue Kleidung und gab reichlich Geld aus. Ich ging in diese versnobten, ultrahippen Shops, in denen ein winziges schwarzes T-Shirt, das über dem Rockbund ein bisschen Haut freilässt, tausend Francs kostet. In den ersten Tagen hatte es auf eine dumpfe, berauschte, leicht autistische Art Spaß gemacht, aber dann beruhigte ich mich ein wenig und merkte, wie allein ich war. Ich hatte mir nicht eingestehen wollen, wie schwierig es sein würde, frei und allein zu sein, selbst in Paris mit einer fast unerschöpflichen Kreditkarte.
    Ich rief meinen Freund Stuart in Berkeley an.
    »Ich bezahle dir das Flugticket, ich bezahle dir alles«, sagte ich. »Bitte, ich muss dich sehen.«
    Als ich ihn am Flughafen abholte, sah er mir sofort an, wie überdreht und leicht hysterisch ich war und wie sehr ich es brauchte zu reden. Wir waren wahrscheinlich in jedem Café in der Stadt, redeten in den fünf Tagen seiner Anwesenheit ohne Unterbrechung. Langsam spürte ich, wie ich ruhiger wurde. Ich begann mit all meinen Kriegsberichten von dem Jahr bei Mr. Constant. Im Laufe der Zeit wurden die Gespräche aber ausgeglichener, weil auch er einiges aufzuarbeiten hatte. Man hatte seinem Freund Greg einen Job in Maine angeboten, den er wahrscheinlich annehmen würde. Und irgendwie waren die beiden entschlossen, dieses Arrangement erfolgreich anzugehen. Ich war ziemlich beeindruckt, obwohl dieser ganze Beziehungskram mir völlig fremd war. Und wir brüteten stundenlang über Jonathans Brief.
    »Mr. Constant hatte Recht«, sagte Stuart zum zigsten Mal an seinem letzten Tag. »Das ist ein verwöhnter, selbstsüchtiger Brief. Schau mal, du hattest deine Abenteuer. Es ist Zeit, dass du wieder nach Berkeley zurückkommst. Na los, du kannst auf unserer Couch schlafen. Und wenn du das nächste Kapitel meiner Dissertation liest, kannst du sogar das Bett haben, und wir schlafen auf der Couch.«
    »Ich kann nicht«, sagte ich. »Ich muss die Sache zu Ende bringen. Außerdem habe ich in dem bereits redigierten Teil so viele Korrekturen
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