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Unterwirf dich

Unterwirf dich

Titel: Unterwirf dich
Autoren: Molly Weatherfield
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seit einer ganzen Weile nichts mehr gesagt hatte.
    »Und doch«, nahm ich den Faden meiner Argumentation wieder auf, »war de Sade ein großer Bewunderer von Richardson, was überraschend zu sein scheint, aber …«
    Plötzlich fragte ich mich, ob es ihn wohl verlegen machte, dass ich Justine so einfach ins Spiel brachte. Manche Leute lesen Pornografie nur heimlich. Das war natürlich nicht meine Absicht gewesen. Ich hatte nur über die Bücher und die Schriftsteller reden wollen. Und ich war schon so lange von normaler Unterhaltung abgeschnitten gewesen. Unsicher brach ich ab.
    »Ja? Was wollten Sie gerade sagen?«, fragte er leise.
    »Oh, nichts«, erwiderte ich. »Es tut mir leid, wenn ich Ihnen das Ohr abgequatscht habe.« Ich hatte ihn wohl tatsächlich in Verlegenheit gebracht, dachte ich. Er wirkte nervös. Ich lächelte entschuldigend und wandte mich wieder meinem Buch zu.
    »O nein«, sagte er, »nein, reden Sie ruhig weiter, es ist interessant.« Er sagte es langsam und betonte jede einzelne Silbe. Und dann wussten wir auf einmal beide nicht mehr, was wir sagen sollten. Das Schweigen wurde ein wenig peinlich, und er biss sich nervös auf die Lippe.
    Ich musterte ihn. Mir fiel die Lücke zwischen seinen Schneidezähnen auf. Die Brille mit Goldrand, das wellige Haar, die gerade Nase. Süß, eigentlich ein bisschen wie ein Nerd …
    »O nein!«, keuchte ich. » Du! « Und ich hatte mir Sorgen gemacht, ihn in Verlegenheit gebracht haben zu können.
    »Es tut mir leid«, sagte er rasch. »Wirklich. Ehrlich. Gott, es tut mir so leid. Ich weiß, es hätte bestimmt einen besseren Weg gegeben, aber ich habe keinen gefunden, obwohl ich ein Jahr lang darüber nachgedacht habe.«
    Warum bloß hatte ich ihn nicht erkannt? Der Kellner an jenem ersten Abend, dem mich Mr. Constant mit den Worten präsentiert hatte: »Nächstes Mal bekommst du sie als Trinkgeld.« Wir hatten noch ein paar weitere Male in diesem Restaurant gegessen, und er hatte mich den Kellnern überlassen (das hatte er oft getan und ein- oder zweimal, als das Essen wirklich hervorragend gewesen war, auch dem Koch), aber dieser Kellner war nie mehr dort gewesen. Mir fiel ein, dass ich auch an ihn gedacht hatte. Ja, ich war sogar ein bisschen enttäuscht gewesen, wurde mir jetzt beschämt und wütend zugleich klar.
    »Du glaubst wahrscheinlich, ich schulde dir einen Fick«, sagte ich scharf. »Okay, wir können aufs Klo gehen. Komm.«
    Anscheinend hatte ich unwillkürlich lauter gesprochen, denn die Leute auf den Sitzen vor uns drehten sich um und blickten uns amüsiert und neugierig an. Das Wort »ficken« war wohl überall zu verstehen.
    Der Junge, der Kellner oder was auch immer er war, blickte mich entsetzt an. »O nein, bitte «, flüsterte er zu Tode verlegen. »O Gott, nein , das ist es nicht, was ich will. Oh, Shit, ja, natürlich will ich dich, aber … bitte , Carrie …«
    Er kannte meinen Namen. Ja, natürlich kannte er ihn. Ich hörte Mr. Constants Stimme. »Es ist schön, dir zuzusehen, Carrie.« Und ja, natürlich, »Avignon, 15. März« kannte er auch. Er kannte meinen Namen, und er wusste, wohin ich fuhr. Und ich konnte mich daran erinnern, wie sich seine Hände auf meinen Brüsten, meinem Hintern angefühlt hatten.
    »Okay«, sagte ich und zwang mich, ruhig zu bleiben. »Ich verbringe den Rest der Fahrt im Speisewagen oder auf dem Klo. Nein, noch besser, ich steige in Lyon aus. Aber zuerst erzählst du mir, warum du mich verfolgst, du fieser Typ.«
    »In diesem Separee zu arbeiten ist immer eine erstaunliche Erfahrung«, begann er leise. »Die Trinkgelder sind großartig, und die Frauen, nun ja … ich hatte nicht gewusst, dass es solche Frauen überhaupt gab. Und an jenem Abend war ich besonders scharf darauf, dort zu arbeiten, weil ich wusste, dass Edouard Constant den Raum reserviert hatte.
    »Du weißt, wer er ist?«, fragte ich begriffsstutzig.
    Er sah mich überrascht an. »Nun ja, er ist … äh … berühmt«, sagte er und versuchte sein Erstaunen darüber zu verbergen, dass ich das nicht wusste. »Auf jeden Fall sind seine Frauen toll … Aber nicht so wie du. Ich habe dich die ganze Zeit über beobachtet – das wusstest du, ich habe es dir angemerkt, und ich wünschte mir, ich könnte cooler sein, aber … Na ja, und am Ende des Abends habe ich etwas gelernt. Ich meine, ich habe alles gelernt. Zumindest kam es mir so vor. Es gab eine ganz andere Dimension von Sex. Dinge, die für mich nie einen Sinn ergeben hatten – perverser
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