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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt
Autoren: Don DeLillo
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Cotter. »Ich hätte morgens zur Schule gehen und dann abhauen können. Aber ich wollte alles sehen.«
    »Ein echter Fan. Musik in meinen Ohren.«
    »Sehen, wie die Leute hier einlaufen. Wie die Spieler beim Spielereingang reingehen.«
    »Ich heiße übrigens Bill Waterson. Und ich hätte mich mit Freuden unerlaubt von der Truppe entfernt, mußte ich aber gar nicht. Hab nämlich meine eigene kleine Firma. Baugeschäft.«
    Cotter überlegt, was er als nächstes sagen soll.
    »Wir bauen den Leuten das Haus, in dem sie gerne leben.«
    Der Erdnußverkäufer, den Gang hoch zum nächsten Block unterwegs, erspäht Cotter und lächelt kurz und wissend. Der Junge denkt, gleich gibt's Arger. Dieses Quakmaul wird ihn gleich eklig bloßstellen. Ihre Blicke treffen sich ganz kurz, als der Verkäufer die Treppen hochgeht. In vollem Tempo zupft er superschnell eine Tüte hervor und fluppt sie lässig zu Cotter hinüber, der sie mit einer Hand schnappt, in einer ebenso hingewischten Bewegung wie der Wurf. Der Augenblick ist einfach zum Küssen, auf Cotters Gesicht bricht das Lächeln der Woche aus, und eine Woge guter Laune strömt durch die Luft.
    »Hast ja doch noch eine abgekriegt«, sagt Bill Waterson.
    Cotter rollt den Faltverschluß der braunen Tüte auf und hält sie Bill hin. Sie sitzen da, pellen die Erdnüsse und reiben die stoffartige braune Haut mit einer rollenden Bewegung von Daumen und Zeigefinger ab, essen den öligen, salzigen Kern und werfen die Schalen zu Boden, ohne die Augen vom Spiel zu lassen.
    Bill sagt: »Wenn du mal wieder einen sagen hörst, er wäre im siebten Himmel, denk an das hier.«
    »Jetzt fehlen uns nur noch ein paar Runs.«
    Er schiebt Bill noch einmal die Tüte zu.
    »Die punkten schon noch, das kommt. Nur keine Angst. Du wirst dich freuen, daß du die Schule geschwänzt hast.«
    Da steht Robinson am Rand des Außenfeldrasens, schaut sich an, wie der Schlagmann ankommt, und denkt träge, Wieder eins von Leos teutonischen Landeiern.
    »Es gibt ein Gesetz unter Männern«, erklärt Bill, »und es besagt, weil du deine Erdnüsse mit mir teilst, bin ich dazu verpflichtet, uns beiden eine Limonade zu kaufen.«
    »Das klingt einleuchtend.«
    »Gut. Also abgemacht.« Dreht sich auf seinem Platz und reißt einen Arm hoch. »Ein paar Sportsfreunde machen es sich gemütlich.«
    Stanky der Boxer hockt auf der Spielerbank.
    Mays versucht, einen Ohrwurm aus dem Kopf zu kriegen, sein schwermütiges Gesicht ist leicht aufgedunsen, irgendein Werbegedudel, das er neulich im Radio gehört hat.
    Der Balljunge kommt etwas verträumt die Treppe herunter und läßt Darks schwarzen Schläger ins Gestell gleiten.
    In den mittleren Innings kehrt sich das Spiel wie nach innen. Alle bekommen etwas Abwartendes, eine formlose Unruhe, die die Schultermuskeln verkrampft und die Spieler zum Wasserspender treibt, trinken und ausspucken.
    Am anderen Ende des Spielfelds ist Branca oben auf dem Aufwärmplatz der Dodgers zu sehen, ein breiter Mann mit spitzen Zwergenöhrchen und angespannten Armen, der mühelos wirft und gerade Lockerungsübungen macht.
    Mays denkt hilflos, Klick-Klick, Drücken-Ziehen, schon ist die neue Klinge drin.
    Auf den Tribünen geht Special Agent Rafferty die Treppe zu den Logen hinter der Spielerbank der Heimmannschaft hinunter. Er ist ein untersetzter Mann mit einem üppigen Schopf rötlicher Haare, und er bewegt sich mit der Geradeausmiene von einem, der sich durch nichts ablenken lassen will. Er bewegt sich energisch, aber nicht panisch, auf die Loge des Direktors zu.
    Gleason hat zwei sudelige Becher vor seinen Füßen aufgepflanzt, und an beiden Enden seiner geballten Faust schaut ein Hot Dog hervor, den er ganz vergessen hat. Er redet mit sechs Leuten auf einmal, und sie lachen und stellen Fragen, Logenbesitzer mit Dauerkarten, altgediente Fans mit spindeldürren Gattinnen. Sie merken, daß er schon halb bedallert ist, und bewundern seine Scharfsinnigkeit, die feinen Spitzen von Beleidigung und Spott. Sie wollen beschimpft werden, und Jackie tut es gerne, überspielt seinen beschwipsten Zustand mit der detaillierten Karikatur eines Betrunkenen. Er legt sich schwere Lider und einen knurrigen Ton zu, macht sich lustig über das Wischmoptoupet eines Mannes und veralbert einen zweiten wegen der Ellbogenflicken auf seinem Tweedjackett. Die Frauen genießen das sehr und wollen immer mehr. Sie beobachten Gleason, sie schauen auf Sinatra, wie er wohl reagiert, sie beobachten das Spiel, sie hören Jackie zu,
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