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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern
Autoren: Fred Secombe
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Viertel nach sechs fuhr ein verwahrloster Morris Minor vor der Mount Pleasant View Nummer dreizehn vor. Ich wartete schon seit einiger Zeit am Fenster und hatte auf dem Tisch eine Schachtel Pralinen griffbereit liegen.
    „Ich gehe jetzt“, rief ich Mrs. Richards zu.
    Sie öffnete die Tür des mittleren Zimmers.
    „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend im Theater“, sagte sie.
    „Den werde ich haben, keine Sorge“, erwiderte ich und rannte die Stufen hinab, die Pralinen in der Hand.
    Ich hatte Eleanor schon in ihrem weißen Kittel in der Praxis hübsch gefunden. Nun, als sie in einem marineblauen, zweiteiligen Kostüm vor ihrem Wagen stand, sah sie großartig aus — winzig, aber großartig.
    „Spring rein“, befahl sie.
    Ich sprang hinein und überreichte ihr meine Monatsration Süßigkeiten.
    „Das hättest du nicht tun sollen“, sagte sie. „Dafür mußt du deine sämtlichen Süßigkeitencoupons aufgebraucht haben.“
    „Ich mache mir nicht viel aus Süßigkeiten“, log ich.
    „Übrigens“, sagte sie, während sie den Wagen durchs Tal steuerte, „hast du schon jemanden als musikalischen Leiter für deine G-und-S-Produktion im Blick?“
    „Ich fürchte nein“, erwiderte ich. „Es ist alles ein Akt blinden Glaubens. Bisher scheint es zu funktionieren.“
    „Nun, es wird gleich wieder funktionieren.“ Sie bremste an einem Stopzeichen. „Ich glaube, ich kann dir einen beschaffen.“
    „Du bist eine Wundertäterin!“ rief ich und umarmte sie stürmisch, wobei ich an den Schalthebel stieß.
    „Entknoten Sie sich, Reverend“, befahl sie, „bevor die Polizei uns erwischt.“
    „Bitte um Verzeihung, Madam“, sagte ich. „Meine Begeisterung hat mich übermannt.“
    „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen“, erwiderte sie. „Nur kam die Begeisterung am falschen Ort und zur falschen Zeit.“
    Wenn sie in diesem Augenblick meinen Puls gemessen hätte, hätte ich wohl alle Geschwindigkeitsrekorde im Pulsschlag gebrochen.
    „Um auf den musikalischen Leiter zurückzukommen“, fuhr sie fort. „Der Musiklehrer am Gymnasium von Pontywen ist ein Freund von mir. Ich bin sicher, ich könnte ihn überreden, dein musikalischer Leiter zu werden.“
    „Vielen Dank“, sagte ich mit ungefähr so viel Enthusiasmus, als hätte sie mir ein Sandwich mit Frühstücksfleisch angeboten.
    „Was ist mit deiner Begeisterung passiert?“ fragte sie.
    „Ist er ein — äh — enger Freund von dir, dieser Musiklehrer?“
    „Eifersucht wird dir nichts einbringen, Frederick“, erwiderte sie schnippisch.
    „Mr. Aneurin Williams ist mindestens fünfzig und kahlköpfig und hat eine Frau und sechs Kinder. Zufällig hat er mir Musikunterricht gegeben, als ich auf der Schule war, und versuchte, mich zu überreden, zur Ausbildung auf das Royal College of Music zu gehen anstatt in das St.-Mary’s-Krankenhaus in Paddington. Darüber hinaus, mein Lieber, ist es durchaus wahrscheinlich, daß er einige seiner älteren Schüler dazu bringen kann, sich deinem Ensemble anzuschließen.“
    „Ist das Leben nicht herrlich?“ schwärmte ich.
    „Du bist ein Idiot“, sagte sie und trat das Gaspedal durch.
    Im Theater raffte ich genügend Mut zusammen, um etwa nach der Hälfte des zweiten Aktes von HMS Pinafore Eleanors Hand zu ergreifen. Es war eine kleine Hand, aber sie sprach auf die leiseste Berührung an. Als das Finale kam, hatten wir bereits eine enge Beziehung aufgebaut.
    Sie ergriff meinen Arm, als wir zu ihrem Wagen zurückkehrten.
    „Wenn man sich nur vorstellt“, sagte ich, „daß du die Josephine professionell hättest singen können.“
    „Ich glaube, mir ist es lieber, die Hinterteile von Vikaren professionell zu untersuchen“, erwiderte sie.
    „Soll das heißen, daß ich nicht der erste war?“ fragte ich.
    „Ich bin auf solche klerikalen Untersuchungen spezialisiert“, sagte sie, „aber ich muß zugeben, daß deiner der beste war.“
    Als wir vor meiner Bude ankamen, war es stockfinster.
    „Du darfst mir einen Gutenachtkuß geben“, sagte sie forsch. „Aber paß diesmal auf den Schalthebel auf.“
    Nie wurde eine Einladung begieriger angenommen. Es war offensichtlich, daß sie in der Kunst des Küssens ebenso geübt war wie in der Medizin. Ihre Lippen waren weich und anschmiegsam.
    „Du könntest mich wenigstens mal Luft holen lassen“, rief sie eine Minute später. „Ich sollte mich jetzt sowieso besser auf den Heimweg machen.“
    „Habe ich die klerikale Untersuchung bestanden?“ erkundigte
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