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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten
Autoren: Justyna Polanska
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gestritten habe, Geldprobleme mich belasten oder meine Mutter mich nervt. In allem Wahnsinn, den das Leben manchmal bringt, weiß ich, ich bin normal – denn es geht im Grunde allen so oder so ähnlich. Und vielen noch viel schlechter.
     
    Es klingt vielleicht komisch, aber seit ich putze, lebe ich entspannter. Auch das ist ein Privileg der Putzfrau.
     
    Aber es tut mir auch gut, meine Geschichte erzählen zu können. Das hilft mir, die Dinge zu verarbeiten.
    Ich versuche oft, alles mit viel Humor wegzulachen. Doch ich bemerke mit den Jahren, dass auch immer etwas hängenbleibt von der fast ständigen Entwürdigung, die mit meiner Situation einhergeht.
    Nicht immer, fast unmerklich, aber auf Dauer doch spürbar.
     
    Und wenn ich so erzähle, erstaunt es mich selbst, wie auch nach all den Jahren manchmal eine Empörung und eine Traurigkeit durchbricht.
    Damit hätte ich nicht gerechnet.
    Aber manche Erlebnisse verletzen einen offenbar mehr, als man wahrhaben möchte.
     
    Davon erzählen zu können hilft mir, weiterzumachen. Für die Möglichkeit dazu bin ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, sehr dankbar.
    Ihr Interesse bestätigt mich darin, dass es gut ist, meine Geschichte erzählt zu haben.
    Weil verletzende Dinge, die nicht gesagt werden, in einem schmoren und giftige Dämpfe entwickeln, die einen irgendwann ersticken.
     
    Ich möchte mit diesem Buch auch andere zum Erzählen ermutigen. Ich möchte Bewusstsein schaffen für die Nöte von Putzfrauen in einem Land, das in vielem wunderbar ist, aber auch seine dunklen Seiten hat.
     
    Es wäre schön, wenn ich ein wenig dazu beitragen könnte, dass Putzfrauen mehr als die Menschen gesehen werden, die sie sind. Vielleicht sogar als intelligente, mutige, patente Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und sich nicht zu schade dafür sind, den Schmutz fremder Menschen zu beseitigen, um Zukunftsmöglichkeiten zu haben und ihr Leben leben zu können.
     
    Ich finde, so ein bisschen Weltverbesserer darf man schon sein. Denn wenn jeder ein bisschen dazu beiträgt, wird die Welt anders. Ein Tropfen macht noch keinen Ozean – aber ohne Tropfen gibt es gar kein Meer.
    Ein winziges Stück heilere Welt – dazu möchte ich meinen bescheidenen Beitrag leisten.
     
    Ich hoffe, das funktioniert auf diesem Wege und in dieser Form. Denn eine andere Möglichkeit habe ich nicht.
    Die Merkels und Obamas dieser Welt können viel verändern.
     
    Aber ich bin nur eine Putzfrau.

Zwischenspiel
    Ü brigens: Frank hat das Schweigen leider nicht ausgehalten. Ich war gerade beim Silberputzen bei einem pensionierten Rechtsanwalt. Seine Frau saß neben mir, und ich konnte nicht wirklich reden. Da klingelte mein Handy …
Ich: Hallo?
Er: Ja, hallo, Frank hier. Grüß Dich, wie geht’s – weißt Du, wer ich bin?
Ich: Ja, ich weiß, wer Du bist.
Er: Du, ich habe mir Gedanken gemacht. Vielleicht habe ich einen zu niedrigen Preis genannt damals. Ich würde Dich gerne kennenlernen.
Ich: Ich kenne Dich nicht und ich will Dich nicht kennenlernen. Was willst Du eigentlich von mir?
Er: Überlege es Dir doch noch mal. Am Wochenende fahre ich für zwei Wochen heim zu meiner Frau. Danach melde ich mich wieder.
Ich: Du brauchst Dich nicht zu melden.
Er: Ich melde mich wieder.
    Danach legte er auf. Ich weiß, ich sollte einfach nicht mehr antworten, aber mittlerweile bin ich gespannt, was er mir beim nächsten Mal anbieten wird.
    Ich schätze, 40 Euro ist sein Limit.
    Dafür wurde letzte Woche eine ältere Dame von einem Unbekannten erschlagen. Mal sehen, ob er meine Brüste höher ansetzt …
    Verrückte Welt!

Aufbruch
    M anchmal wird einem im Leben plötzlich klar, was nicht mehr geht.
     
    Ich war an so einem Punkt als ich mit Anfang 20 aus dem Ostseeurlaub von Danzing in meine Heimatstadt Poznan (Posen) zurückkam. Der Urlaub war nett, aber ereignislos gewesen.
    Ich kann mich heute an nichts mehr erinnern, was ich dort gemacht oder erlebt hätte. Ich weiß noch nicht mal mehr, mit wem ich unterwegs war.
    Was ich aber noch genau weiß, ist der Moment, an dem ich wieder zu Hause in meinem Zimmer stand und mir plötzlich – als hätte mich ein Blitz getroffen – klarwurde: Ich muss hier weg!
     
    Ich war gerade 21 geworden und wollte mein Leben nicht in Polen verbringen. Auf keinen Fall wollte ich so enden wie meine Mutter. Meine Eltern hatten damals ein Bekleidungsgeschäft in Leszno, in dem ich als Kind viel ausgeholfen hatte.
     
    Es machte mir Spaß, die Kleider so zu
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