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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten
Autoren: Justyna Polanska
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jeder, der es sich leisten könnte, sich auch tatsächlich eine Putzfrau leisten würde.
     
    Hier schon eine kleine Randnotiz: Manchmal beschäftigen auch Leute eine Putzfrau, die es sich eigentlich nicht leisten können. Und bezahlen sie dann nicht! Die Zahlungsmoral einiger Kunden lässt sehr zu wünschen übrig.
    Doch dazu später mehr.
     
    Zurück zu unserer Rechnung: Seien wir noch vorsichtiger und nehmen an, dass sich nur die Hälfte der Über-75 000-Euro-Haushalte, also genau 1 037 402, tatsächlich eine Putzfrau leisten.
    Dann kommen wir auf gut 500 000 Frauen (und vielleicht ein paar Männer), die in Deutschland für Ordnung und Sauberkeit sorgen.
     
    Zum Vergleich: Das sind mehr als die Angestellten von Deutsche Bahn, Lufthansa, Dr. Oetker, Schlecker, Merck, C&A, Porsche und Opel zusammen. Und das ist extrem vorsichtig gerechnet. Wahrscheinlich sind es weitaus mehr.
     
    Hört man sich zudem im Bekannten- und Freundeskreis um, gewinnt man den Eindruck, dass es vor allem Frauen zwischen 20 und 55 sind, die putzen.
    Zwar gibt es in Reinigungsfirmen einige Putz männer, aber die privaten Haushaltshilfen sind zumindest nach meinem Informationsstand durchweg Frauen.
    Klar, ein Mann als »Putze«? Das hat etwas Lächerliches, Schändliches, Verruchtes.
    Ein typischer Frauenberuf also.
    Für das weibliche Geschlecht gerade recht. Klassisch okay. Für den Mann eine Versagerprofession.
    Hier deutet sich schon an, wie wenig geachtet die Stellung einer Putzfrau in unserer Gesellschaft ist. Allein die Berufsbezeichnung drückt soziale Unterschicht aus.
     
    Deshalb mag ich es auch eigentlich nicht, wenn mich Leute »Putzfrau« nennen. Auch wenn ich mich hier selbst so bezeichne. Aber das ist etwas anderes.
    Dabei schauen die meisten auf einen herab, als wäre man ein Mensch zweiter Klasse.
    Wenn ich anderen erzähle, was ich mache, sage ich lieber: »Ich putze.« Oder: »Ich helfe im Haushalt.« Das stimmt ja auch, und es hört sich irgendwie besser an als »ich bin Putzfrau«.
    Dann meinen viele Leute gleich, man sei untere Schublade. Aber das meinen einige ja sowieso – schließlich bin ich zusätzlich noch Polin.
     
    Ausländische Putzfrauen scheinen eher jünger zu sein, deutsche eher älter. Die typische deutsche Putzfrau ist über 35, die afrikanische, türkische, kroatische, portugiesische oder polnische auch gerne mal 20. Im Internet heißt es, das liegt auch daran,
»dass es die jungen Leistungsträgerinnen aus wirtschaftlich begrenzten Staaten sind, die die Kraft, den Mut und die Vision haben, sich in ein fremdes Land aufzumachen, um ganz unten anzufangen. Mit Hoffnung auf ein besseres Leben.«
    So was macht man eben eher mit 20 als mit 45. Junge Frauen aus Deutschland haben mit 20 wohl kaum den Traum zu putzen. Träume in Deutschland sehen anders aus.
    In Polen aber nicht: Da träumt man von einer Karriere in einem Land, das Zukunft bietet.
    Wenn das Putzen bedeutet: kein Problem. Wobei England mittlerweile für Polen viel attraktiver ist als Deutschland, aber das ist wieder ein anderes Thema.
     
    Fest steht: Egal welcher Nationalität, die typische Haushaltshilfe ist weiblich und sozial wenig geachtet, besonders von ihren Arbeitsherren oder -damen.

Sie sind ein Engel
    W enn ich eine neue Putzstelle suche, setze ich eine Anzeige in die Zeitung. Sie hat immer denselben kurzen Text:
Putz- und Bügelstelle gesucht
Tel.: 0178 275 780 78
    Das kostet wenig und sagt alles aus. Bei längeren Texten müsste ich 20 Euro bezahlen – und manchmal ruft gar keiner an. Aber meistens bekomme ich zwei, drei Anrufe. Das reicht.
     
    Allerdings sind nicht alle so angenehm. Viele Leute wollen eben keine Polen in ihrem Haus.
    Natürlich sagen sie das nicht direkt, man will ja nicht als ausländerfeindlich gelten.
    Das gehört zur Fassade.
    Aber dahinter sieht es anders aus, denn oft laufen die Gespräche so:
Anrufer: Guten Tag, Sie suchen eine Putzstelle?
Ich: Ja, das stimmt.
Anrufer: Wo kommen Sie denn her?
Ich: Aus Polen.
Anrufer: Danke, hat sich erledigt.
Anrufer legt auf
Ich: Idiot!
    Wenn die meinen polnischen Akzent hören, behandeln sie mich, als käme ich aus dem Knast! Und selbst wenn!
    Die Leute machen sich oft gar nicht bewusst, dass ich als Putzfrau auch ein Mensch bin.
     
    Ein Beispiel:
    An einem sehr heißen Sommertag putzte ich bei einer jungen Familie Fenster. Draußen waren 34 Grad im Schatten.
    Ich mache Fensterputz ganz gerne, denn mich stören schmutzige Scheiben sehr. Und das ist wirklich eine
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