Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten
Autoren: Justyna Polanska
Vom Netzwerk:
zu sehr. Aus meiner ersten eigenen Wohnung in Deutschland bin ich ausgezogen, weil ich auf dem Weg zur Arbeit ständig belästigt wurde. Und bevor ein falscher Eindruck entsteht: Ich gehe nicht in String-Tanga und Stöckelschuhen putzen.
    Meist trage ich ein modisches T-Shirt über einer Jeans. Fertig. Aber meine Haare sind immer frisiert, die Nägel sind gemacht, und ich bin geschminkt.
     
    Das scheint schon zu reichen, um manchen Männern den Eindruck zu geben, ich sei zum Sex bereit.
    Gleich hier auf der Straße.
    Egal mit wem.
     
    Als ich nach Deutschland kam, wohnten in meiner Gegend hauptsächlich Marokkaner und Türken. Aber auch einige Deutsche und Polen, deren anzügliche und nicht besonders einfallsreiche Kommentare mir irgendwann zu viel wurden:
»Hey, Baby, willst ficken?«
»Ich mach Dich feucht!«
»Ich zeig Dir, was ein Mann ist!«
»Du wirst Gnade schreien!«
»Bück Dich!«
»Ich mach Dich glücklich!«
»Blas mir einen für 10 Euro!«
usw.
    Und das täglich auf dem Weg zur Arbeit. Jeden Morgen und jeden Abend.
     
    Das ist zum Kotzen.

Hier ist Halteverbot
    E s ist schon sonderbar, was man manchmal als Ausländerin in Deutschland erlebt.
     
    Zu allem gibt es eine Regel. Das alleine ist ja eher hilfreich und stellt Ordnung her. Aber dann gibt es auch immer noch einen, der diese Regel beaufsichtigt und darauf hinweist, dass man etwas falsch gemacht hat – vor allem im Straßenverkehr.
     
    Wenn ich zum Beispiel mit dem Handy telefoniere, während ich Auto fahre, rennt mir an jeder zweiten Ampel jemand – meistens ein Rentner – hinterher, der mir frauenfeindliche Beleidigungen durch die geschlossene Fensterscheibe zubrüllt. »Blöde Arschkuh« ist dabei noch die harmloseste.
    Telefonieren ist bei laufendem Motor verboten.
    Das weiß ich.
    Wildfremde Menschen zu beleidigen ist es aber auch.
    Ich verstehe nicht, warum jemand meint, man könnte ein Unrecht mit einem anderen Unrecht beenden.
    Ganz abgesehen vom geringen pädagogischen Wert solcher Aktionen. Denn ich will dann immer nur noch doppelt so auffällig am Steuer telefonieren.
    Am besten noch, wenn gar keiner dran ist.
     
    Es hilft auch nicht gerade, dass ich ein polnisches Autokennzeichen habe, damit ich den Nissan Micra, den ich mittlerweile fahre, in Polen versichern kann. Dort ist es billiger als in Deutschland. Natürlich erkennt man dadurch aber auch gleich am Nummernschild, dass ich Polin bin …
     
    Einmal habe ich meine Freundin besucht, die an einem Imbissstand für Trucker als »Pommesfrau« arbeitet – und damit erstaunliche 2500 Euro im Monat verdient. Weil die Imbissbude aber direkt an der Straße steht, musste ich auf dem Bürgersteig daneben parken.
    Unerlaubt. Gesetzeswidrig. Kriminell.
     
    Ich saß noch keine fünf Minuten bei meiner Freundin, die gerade Mittagspause machte, da schlug ein älterer Herr mit brauner Strickjacke und cremefarbener Hose mit seinem Gehstock gegen meinen Wagen.
     
    Er brüllte: »Scheißpolacken – macht Euch heim in die Zone! Hier ist HALTEVERBOT ! «
     
    Ich bin leicht zu erregen, deshalb sprang ich auf und schrie: »HALLO, das ist mein Auto!«
     
    Nun erwartete ich ein Ende der Tirade. Vielleicht eine Entschuldigung. Aber weit gefehlt:
Er: Scheißpolacken – Ihr macht uns kaputt! Hau ab, du Ostblocknutte!
Ich: Weil mein Auto da steht, mache ich Sie kaputt?!
Er: HIER IST HALTEVERBOT!
Ich: ICH WEISS, aber das ist kein Grund, gegen mein Auto zu schlagen!
    Meine Uneinsichtigkeit musste ihn wohl frustriert haben, denn er hob wieder den Stock und drosch nun auf das Autodach – das zum Glück zum Aufschieben und damit aus Stoff war.
     
    Erst als der Imbissbudenbesitzer sich zwischen ihn und mein Auto schob und drohend die Faust hob, hielt der Amok laufende Wächter von Moral und Straßenrecht inne und zog fluchend ab.
    Ich zitterte am ganzen Leib vor Angst und Wut.
     
    Natürlich ist das kein Erlebnis, das stellvertretend für »die Deutschen« steht. Der Psychomann war deutlich durchgeknallt.
    Außerdem zähle ich auch ganz viele wunderbare, lustige und intelligente Deutsche zu meinen Freunden.
    Aber Sie glauben nicht, wie alltäglich mich Begriffe begleiten wie:
»Polackensau«
»Polenpeitsche«
»Ostpocke«
»Ostblocknutte«
und
»Wodkafresse«
    Ausländerfeindlichkeit kann man eben nur als Ausländer spüren, und sie ist fast selbstverständlich da.
    In Deutschland.
    Auch in Westdeutschland.
    Immer noch.
     
    Wenn auch oft verdeckt, denn »politisch korrekt« ist sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher