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Unter den Straßen Berlins

Unter den Straßen Berlins

Titel: Unter den Straßen Berlins
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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dachte Markus. Ist nicht unser Tag heute.
    »Lass uns einfach zurück fahren«, schlug er vor. Es klang resigniert, ein wenig enttäuscht auch. Aber Katja schien das nicht zu bemerken. Jedenfalls widersprach sie nicht und Markus wendete das Boot. In diesem Moment war ihm die Lust auf Überraschungen komplett vergangen.
     
    Es hatte das warme Fleisch verfehlt. Blind tastete es umher, aber die Beute war verschwunden und alle anderen wussten nun davon. Auch ihnen war die Duftspur, das körperliche Ertasten der Beute, jetzt so vertraut, als hätten sie sie selbst berührt.
    Es heftete sich an das Objekt, das sich durchs Wasser bewegte und schlug probeweise seine Zähne hinein. Eine Sekunde später wussten alle, dass das Objekt unorganisch und damit nicht essbar war. Es fühlte das Näherkommen der anderen. Die große Beute befand sich noch in Reichweite und der Energieeinsatz lohnte sich. Der Schwarm kam heran. Die ersten von ihnen erreichten das Objekt, auf dem sich die Beute befand und hefteten sich an. Das Objekt änderte plötzlich die Richtung und der restliche Schwarm folgte ihm. Immer mehr von ihnen klammerten sich an das Boot.
     
    Seine Beine schmerzten. Markus wollte einfach nur noch zum Ufer und aus diesem Boot heraus. Irgendwie wurden sie immer langsamer und es fiel ihm zunehmend schwerer, gleichmäßig in die Pedale zu treten. Eine Strömung? Unwahrscheinlich. So groß war der Weiße See auch wieder nicht. Er keuchte vor Anstrengung und bemerkte, dass Katja sich ebenfalls ziemlich abmühte.
    »Ist alles klar bei euch?«, rief der Bootsverleiher ihnen von Anlegesteg zu. Wahrscheinlich wunderte er sich, dass sie so früh wieder zurückkamen.
    »Ja!«, rief Markus. »Aber wir kommen nicht so richtig vorwärts. Keine Ahnung, woran das liegt!«
    Sie erreichten den Anlegesteg und der Mann half ihnen aus dem Boot.
    Er nahm die Leine und zog es weg von den Verleihbooten in eine andere Ecke.
    »Ich seh’s mir später mal an. Tut mir leid für euch«, meinte er.
    »Kein Problem«, sagte Markus. »Wir hatten sowieso keine Lust mehr.«
     Er sah aus dem Augenwinkel, dass Katja ein mürrisches Gesicht aufsetzte. Er ging über den Steg zu der Liegewiese zurück, ohne sich nach ihr umzudrehen.
     
    Die Beute entfernte sich. Die Duftspur verschwand und sie regten sich. Sie saßen auf der Oberfläche des toten Objekts, nebeneinander, übereinander. Eine schwarze Schicht von gut einem halben Meter Dicke. Und dann meldete sich eine neue Information, die in ihren Körpern nur aus ein paar Molekülen bestand und trotzdem von großer Bedeutung war.
    Eines von ihnen hatte die Spur wieder aufgenommen.
     
    Markus ging zu der Picknickdecke zurück und setzte sich. Katja kam über die Wiese auf ihn zu. Wahrscheinlich würden sie gleich streiten und er dachte schon darüber nach, wie er aus der Nummer herauskam. Sie war manchmal so unglaublich empfindlich.
    In seiner Hosentasche piepste es und er kramte dankbar nach seinem Handy. Eine SMS konnte in manchen Situationen so rettend sein, wie der silberne Ritter, der auf dem Schimmel angaloppiert kam. Er öffnete seine Nachrichten.
    Ey, Kussi! Morgen wir beide Kontrolletti. Birger krank. Bussi.
    »Was ist denn?«, fragte Katja und Markus dankte Bussi im Stillen für dieses unverfängliche Gesprächsthema.
    »Bussi und ich machen die Kontrollrunde morgen.«
    »Morgen wollten wir in die Nachmittagsvorstellung, bevor der Film nicht mehr kommt.«
    Wir ist gut , dachte Markus. Du wolltest das.
    Er selbst stand nicht auf Liebesschnulzen, auch wenn sie Literaturverfilmung hießen. Aber Katja zuliebe wäre er mitgegangen, hätte sich viele Nachos gekauft und sich während der Vorstellung aufs Essen konzentriert.
    »Das können wir trotzdem machen. Die Tour ist nur morgens«, sagte er.
     »Au, man … mit dir kann man echt gar nix planen«, maulte sie. »Morgens ist der Brunch mit Bille.«
    »Dann musst du da eben allein hingehen, ich habe mir meine Arbeitszeiten nicht selbst gemacht.«
    Katja zog ihr Kopftuch aus und stopfte es in die Picknicktasche. Das war kein gutes Zeichen, fast schon eine Kampfansage. Mit verstrubbelten Haaren sah sie auf ihn herunter.
    »Hast du schon mal dran gedacht, wie das für mich ist? Die reden alle schon blöd, weil du fast nie mit mir mitkommst. Nie hast du Zeit für mich.«
    Deshalb wollte ich dir den Urlaub schenken, aber du hörst ja nicht zu, dachte er.
    Einige Tropfen fielen ihm ins Gesicht. Es fing an zu regnen. Die Leute standen auf und begannen im
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