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Der Triebwagen (Edition02)

Der Triebwagen (Edition02)

Titel: Der Triebwagen (Edition02)
Autoren: Stefan Steinbach
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    Der Triebwagen-
Nächtliche Reflexionen aus dem Strafraum der Erfahrung
Eine Reiseerzählung in tausend Worten
     
Pfingstsonntag, acht Uhr dreißig.
     
    D er Erzähler dieser Zeilen sitzt, während er diese seine Worte einem einfachen spiralgehefteten Papierblocke anvertraut, nicht etwa vor einer antiseptischen Computertastatur, sondern immer noch in seiner schlichten, aber mittlerweile ziemlich feucht gewordenen Unterhose vom Vortage alleine auf seinem Bett und ärgert sich über seine eigene unsagbare Blödheit.
     
    O bwohl er sein körperliches Gleichgewicht durch eine geeignete Aktion mittlerweile wiederherstellen konnte, will ihm die derart gewonnene Erschöpfung bislang einfach nicht in die so ersehnte entspannende Müdigkeit übergehen. Durch das Niederschreiben dieser Sätze möchte der Autor daher nun auch seinen Geist und seine Seele in das diesbezüglich bisher vernachlässigte Bemühen um eine ganzheitliche Erleichterung mit einbeziehen und so diesem schlichten Papiere nicht ohne die damit einhergehende Notwendigkeit innerlichen Schmerzes und der persönlichen Peinlichkeit verbatim von den Vorkommnissen des gerade vergangenen Abends berichten.
     
     
     
    A ber zunächst der Reihe nach.
Nachdem ich heute am frühen Morgen noch bei vollkommener Dunkelheit glücklich, aber letztlich innerlich doch unbefriedigt von einer Geburtstagsfeier aufgebrochen bin, setzte ich mich dennoch zufrieden und eben gerade nicht besonders zugedröhnt oder übermüdet in eine S-Bahn (S5 [yellow line]) - und nicht in meine gewohnte Linie (S4 [red line]). Diese detaillierten Angaben sind an anderer Stelle noch einmal wichtig, denn ich hatte vor zwischendrin umzusteigen.
     
    H atte! Denn bereits nach nur wenigen Stationen setzte sich mir gegenüber ein junger Mann - vielleicht mit Ausnahme der Bekleidung ganz mein (optischer) Geschmack: älter als ich, gedrunken, dunkles kurzes Haar, leichter Silberblick … - in das bis dato leere Abteil. Hatten wir doch beide eine lange (anstrengende?) Nacht hinter uns - er: Discotour durch die einschlägigen Adressen der immer noch leuchtenden Stadt - , entspannte/ spannte sich im Laufe der Fahrt ein sehr angenehmer und durchaus anregender Smalltalk zwischen uns.
     
    A ls wir dann an meiner Umsteigestation angekommen waren, … blieb ich einfach sitzen. Was hätte mich auch dazu bringen sollen an besagter Station auf meine S-Bahn zu warten?
    Der Tag war jung und die Zeit lang.
    Man flirtete hin, man flirtete her - und ich sage Euch, obgleich ich üblicherweise kein Bett(oder-sonst-wo)häschen bin - genau genommen kann man nach diesen meinen Eskapaden schier Jahreskalender drucken
    (-:
    ein Schnippen von ihm mit den Fingern hätte gereicht und die Deutsche Bahn hätte (im Mindesten) ein versautes S-Bahn-Polster mehr in einem ihrer Triebwagen gehabt, ein (dann aber eindeutiger) Satz von ihm und sein Bett wäre (mindestens) diesen Morgen eben nur halb so einsam gewesen.
     
    Kö rper, Seele, Geist - meine gesamte Persönlichkeit ein einziges inneres und damit stilles JA! (was wie erwähnt selten genug vorkommt) …
    … und dennoch: irgendetwas undefiniertes außerhalb meiner Persönlichkeitstrias (Stolz, Eitelkeit, Komplexe …?) hielt mich davon ab, den letzten definitiven Schritt - eben diesen eindeutigen Satz, ein eindeutiges Angebot meinerseits auszusprechen.
     
    S tattdessen fuhr ich also in aller gesegneten Pfingstsonntagsfrühe, nachdem er sich von mir an seiner Station (auf der Linie S5 etwa auf der selben Höhe wie die meine auf meiner Linie) (endgültig?) verabschiedet hatte, weiter bis zur letzten Station dieser Linie, für die meine Fahrkarte eben noch gereicht hat, in eben dieser S-Bahn, die wie alle Triebwägen dieser Linie, der alten, nur unzureichend geheizt werden, ins schöne Weßling.
    Dort hätte ich dann genug Aufenthaltszeit (um diese frühe Sonntags-/Feiertags-Zeit fahren die S-Bahnen dort halt nur alle vierzig Minuten!) um mal wieder im kühlen Morgenniesel den schönen Ammersee anzugehen.
    Nichts, aber auch gar nichts jedoch konnte mich dazu bringen. Stattdessen wartete ich als einsamer Morgenwanderer und Lichtbeter auf meine Rückfahrtmöglichkeit, um eben diesmal wirklich an meiner Station in meine vollklimatisierte Linie umzusteigen, auf dass sie mich endlich nach Hause bringe.
     
     
    Fazit meiner kleinen (!) Adventure also: Netter Flirt - aber eben nur und weder dies, das noch dies und das! … und dafür erst um acht statt um halb sieben in meinem
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