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Unter den Straßen Berlins

Unter den Straßen Berlins

Titel: Unter den Straßen Berlins
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Wind bekam, dass er eine Freundin gefunden hatte, dann ging natürlich die wilde Spekulation im Forum los. Wer ist es? Wie sieht sie aus? Wurden sie zusammen gesehen? Vielleicht würde Daniela eine Weile die Diskussionen verfolgen, die Vermutungen und Wehklagen der Fans … und dann, konnte sie sich mit einem Paukenschlag outen. Vor allem Dingdong sollte sich wundern und dann ärgern, wahnsinnig ärgern und ihr Unrecht vor allen anderen ausbaden. Es war erstaunlich, wie viel realer ihre Tagträume wirkten, seit sie Kiran leibhaftig begegnet war. Die theoretischen Möglichkeiten erlebten eine deutliche Verschiebung in Richtung Praxis. Sie befand sich in Berlin und sie wusste, wo das Studio war. Vor dem Eingang auf ihn zu warten war eine durch und durch reale Option. Sie konnte es tun. Und dann? Ihn ansprechen natürlich. Den letzten Tag am Set als Anlass hernehmen und einfach mit ihm reden.
    Einfach.
    Gut, ganz so leicht war es nicht. Es war möglich, dass sie kein Wort heraus bekam. Es war möglich, dass er mit jemandem verabredet war oder dass er schnell nach Hause wollte … und es war theoretisch möglich , dass er stehenblieb und sich mit ihr unterhielt. Und dann? Sie konnte ihn einladen. Zum Dank, weil er sich um sie gekümmert hatte.
    Lächerlich.
    Zu offensichtlich eine Anmache. Das ging nicht. Eine zufällig wirkende Begegnung war da viel geeigneter. Nur wie und wo?
    Wahrscheinlich blieb ihr nichts anderes übrig, als es drauf ankommen zu lassen. Sie musste ihm folgen und auf eine Gelegenheit warten. Und irgendwann erwischte sie ihn. Ideal wäre eine Bar, besser als ein Supermarkt, weil sie ihn leichter an einem Ort ansprechen konnte, der zum Verweilen vorgesehen war. In einer Bar war es leicht auf ihn zuzugehen und sich überrascht zu geben, ihn zu sehen. Er würde Daniela bestimmt wiedererkennen und die Höflichkeit gebot es, nach ihrem Befinden zu fragen, weil sie ja umgekippt war. In diesem Fall war das ein Glück. Eine perfekte Gesprächsgrundlage. Und wenn er darauf einging? Was dann? Das Thema konnte man nicht ewig hinziehen. Ein alkoholisches Getränk konnte ihn vielleicht dazu verleiten, sich länger mit ihr zu beschäftigen, aber das war eine unsichere Sache. Sie wusste nicht mal, ob Kiran Alkohol trank. Dazu gab es bisher kein Interview in den Zeitungen. Und selbst wenn er gerne mal etwas trank … Männer vertrugen das. Das reichte nicht aus.
    Und dann kam Daniela ein Gedanke, der sehr gewagt, aber auch sehr, sehr aufregend war. Hitze stieg in ihren Kopf und sie fühlte, dass sie gerade rot anlief. Wenn sie ihm etwas in sein Getränk gab … ein paar Tropfen nur, etwas … ja, etwas, das ihn locker machte. Ein kleiner, harmloser Alkoholersatz. Heutzutage gab es dafür alles Mögliche und sie würde darauf achten, dass es nichts Gefährliches war. Kiran durfte keinen Schaden nehmen, nein, das nicht. Er sollte nur etwas entspannen, damit er bei ihr blieb und bereit war, mit ihr zu reden. Daniela wusste nicht, ob es so etwas gab.
    Etwas Enthemmendes.
    Wieder wurde sie rot. An was sie alles dachte, es war ungeheuerlich. Und eine theoretische Möglichkeit, die funktionieren konnte. Aufregend. Sie atmete durch und trank noch einen Schluck Wasser. Dann ließ sie das Forum links liegen und öffnete einen neuen Tab. Sie gab ein paar Begriffe ein und sah sich die Ergebnisse an. Sie recherchierte eine Weile. Es erstaunte sie, dass manche Mittel anscheinend frei verkäuflich im Netz angeboten wurden. Man konnte diese Tropfen einfach bestellen. Unfassbar. Für einen kurzen Moment regte sich ihr schlechtes Gewissen. Es war einfach nicht richtig, Kiran mit so einem Mittel zu beeinflussen. Aber welche Wahl blieb ihr? Wenn sie nur ein paar Tropfen in sein Glas gab, ganz wenig, gerade so viel, dass er seine Vorurteile abbauen konnte und ihr zuhörte. Das würde ihr schon reichen. Und dann? Was tat sie, wenn ihm übel wurde? In den Nebenwirkungen stand etwas von Übelkeit, und dass die Personen hilflos und orientierungslos wurden. Natürlich nur, wenn man zuviel davon einnahm. Sollte sie ihn nach Hause begleiten, wenn es möglich war? Zu sich in ihr Hostelzimmer konnte sie ihn nicht mitnehmen. Gut wäre ein Ort, wo sie mit ihm ganz allein sein konnte. Ohne Störung. Daniela dachte nach. Eine ruhig gelegene Ferienwohnung vielleicht. Jetzt, außerhalb der Schulferien, war das unter Umständen sogar kostengünstiger, als weiter im Hostel zu wohnen. Und wenn sie ihn noch einige Tage beobachten musste, um einen
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