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Unter den Straßen Berlins

Unter den Straßen Berlins

Titel: Unter den Straßen Berlins
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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das so schlimm, Mama? Was wäre so schlimm, wenn wirklich mal nur um mich ginge?“
    „Du wechselst gerade das Thema.“
    „Nein, das tust du. Du traust mir einfach nichts zu. Weder, dass ich in einer Serie gut rüberkommen kann, noch dass ich einem Mann gefallen könnte, der außerhalb deiner Vorstellungskraft ist. Hab ich dich im letzten Jahr je mit meinen Gefühlen belastet, Mama? Ich habe Rücksicht genommen, pausenlos. Ich mache diesen Putzjob im Altenheim, weil du nicht willst, dass ich kellnere, weil die Leute sonst was denken. Der Putzjob ist dreckig, aber seriös! Du überlegst dir aber nicht, was Leute in meinem Alter über mich denken, wenn ich putze! Die fänden kellnern cool, weil die das alle machen neben dem Studium. Und ich nehme das in Kauf. Für dich, für dich, für dich! Aber jetzt ist Schluss! Ich werde jetzt machen, was ich will! Das ist ungewohnt für dich, aber du wirst damit leben müssen. Ich bleibe die nächsten Tage in Berlin. Rechnet nicht mit mir.“ Daniela holte Luft und lockerte ihre Hand. Sie krallte schon wieder das Telefon. Es tat weh.
    „Daniela“, sagte ihre Mutter in einem Tonfall, dem man die unterschwellige Beherrschung anmerkte. „Dieser Mann … er wird nichts von dir wissen wollen. Du bist für ihn gar nicht da. Du machst dir etwas vor. Solche Männer sind an Dorfmädchen nicht interessiert. Er wird dich höchstens ausnutzen, um dich ins Bett zu kriegen und das war’s dann.“
    „Kiran tut so was nicht! Und selbst wenn ich mit ihm ins Bett ginge, dann geht euch das gar nichts an. Ich bleibe hier!
    „Du kommst aber nicht schwanger nach Hause, das sag ich dir!“
    „Ich bleibe hier.“ Daniela drückte das Gespräch weg.
    Ende der Durchsage.
    Sie musste etwas trinken. Am liebsten Saft, aber es gab nur Wasser. Daniela setzte die Flasche an die Lippen, als das Handy klingelte. Sie stopfte es unter ihr Kopfkissen, während sie trank. Das Handy klingelte noch eine Weile, dann gab es auf. Bestimmt kam gleich eine SMS hinterher.
    Daniela wandte sich wieder dem Forum zu. Dies war das letzte Mal, dass sie sich ihrer Mutter anvertraut hatte, das schwor sie sich. Sie würde nicht noch mal weich werden und dem irrigen Glauben verfallen, ihre Mutter könnte sie diesmal verstehen.  Darum ging es nämlich zu keinem Zeitpunkt. Um Verständnis. Es ging um die Aufrechterhaltung einer allgemein akzeptierten Kulisse und des Stücks, das davor gespielt wurde. Es ging um Antworten auf Fragen von Nachbarn im Supermarkt, die freundlich gestellt und freundlich beantwortet wurden. In Wirklichkeit handelte es sich um trügerische Stolperfallen und beide Parteien wussten davon, während sie elegant auswichen oder dankend darüber sprangen, bevor sich ihre Wege wieder trennten. Duell beendet, wir sehen uns in drei Tagen wieder.
    „Und grüßen Sie mir ihren Säufer-Gatten recht schön! Man sieht ihn ja kaum noch vor der Tür!“
    „Ja, Sie mich auch, Frau Moosmann, Sie alte Schnepfe! Sie mich auch! Ist der Ulf eigentlich Ihr Untermieter oder doch Ihr unehelicher Sohn, wie man vermutet?“
    Daniela fragte sich, was passieren würde, wenn diese ganzen verlogenen Kleinstädter in einem Drogennebel kämen und plötzlich nur noch die Wahrheit sagen könnten. Mord und Totschlag. Das war auch der Grund, warum es so gut tat, in einer Soap mal etwas anderes zu sehen. Die Intrigen wurden irgendwann aufgedeckt und der Böse erhielt seinen Denkzettel.
    „Und jetzt lassen Sie uns in Ruhe, Sie alte Schachtel.“
    Alexander … er war so eine ehrliche Haut in der Serie. Diplomatisch im rechten Moment, kompromisslos, wenn nötig. Daniela stellte sich vor, wie sie vor ihrer Mutter standen. Sie und dieser wunderschöne junge Mann, der natürlich einen geschmackvollen Blumenstrauß bei sich trug, der für Danielas Mutter bestimmt war. Kiran würde auch vor einem Handkuss nicht zurückschrecken, um Danielas Mutter für sich zu gewinnen. Und das gelang ihm selbstredend. Wenn ihre Mama ihn erst einmal sah, dann würde sie Daniela sofort verstehen. Sie konnte dann einsehen, wie sehr sie sich geirrt hatte.
    Daniela warf noch einen Blick auf Dingdongs Beitrag.
    Das Mädel ist hoffnungslos verknallt, lebt in nem Paralleluniversum und das Einzige, was ich daran geil finde, ist, dass sie Kiran Advani niemals selbst treffen wird, geschweige denn, dass er sie jemals kennen und beachten wird.
    Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie es wäre, Kiran im Forum als ihren Freund zu präsentieren. Wenn die Presse davon
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