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Unter den Straßen Berlins

Unter den Straßen Berlins

Titel: Unter den Straßen Berlins
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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vollschütten und fast schwarzen, schokotriefenden Kuchen mit der Gabel zerteilen …
    Katja dachte an Billes Brunch morgen in dem weltgerechten, fairgehandelten und ökogepuderten Laden in Friedrichshain, der Billes Freund gehörte. Wollte sie wirklich mit diesen Typen abhängen?
    Sie dachte an Markus und sein enttäuschtes Gesicht, als er aus dem Boot gestiegen war. Warum hatte er sie zu dieser Bootsfahrt gedrängt? Vielleicht hatte er ihr etwas sagen wollen.
    Ich dumme Kuh , dachte sie. Ich kenne ihn doch. Bin ich blöd.
    Vielleicht würde sie ihn später anrufen, aber nicht jetzt. Zuerst musste sie ins Bad. Und von ihrer motzigen Stimmung ein wenig runterkommen.
    Als Katja das Zimmer verließ, bewegte sich die Tasche neben ihrem Bett. Eine Beule entstand an der Seite, flachte wieder ab, und etwas, das dringend heraus wollte, zischte leise und wütend.
     
    Das Wasser fühlte sich kühl an, auch durch die Gummihose. Darüber trug er eine Wetterjacke und dicke Latexhandschuhe.
    Günther dachte an ein zünftiges warmes Abendessen, das er sich später in seiner Lieblingskneipe gönnen würde. Das tat er immer, wenn er eine unschöne Aufgabe vor sich hatte und das half meistens.
    Schritt für Schritt watete er in den See hinein. Über seiner Schulter hing ein kleiner Beutel mit Werkzeug. Das Tretboot dümpelte auf der unruhigen Wasseroberfläche. Wind kam auf und trieb Regentropfen in sein Gesicht. Er blinzelte. Noch ein paar Minuten, dann war er hier fertig. Kein Problem. Günther stellte sich ein heißes Schnitzel vor, mit Kroketten und Zigeunersoße. Er ging auf das Boot zu, kam aber nur langsam voran. Der Wasserwiderstand war unnatürlich hoch und seine Beine fühlten sich schwer an, als würde er durch tiefen Morast waten. Günther griff nach dem Boot und zog es zu sich heran. Dann fuhr er mit der Hand am Bootsboden entlang. Er ertastete eine weiche Masse, packte hinein und zog das Zeug an die Oberfläche. Was zum Teufel war das? Schlick? Algen? Günther hob seine Hand ein wenig höher. Das Zeug bewegte sich. Und dann drehte es sich und packte seine Hand. Günther fühlte kleine Nadelstiche, die durch den Handschuh drangen und schrie auf. Er schleuderte seine Hand, aber das Ding verbiss sich nur fester in das grüne Gummimaterial. Mit der Linken griff er nach dem Handschuh und streifte ihn mit dem Vieh zusammen ab. Er brüllte vor Schmerz und sah Blut auf dem Handrücken. Im hohen Bogen flog der Handschuh, umklammert von dem schwarzen Wesen, in den See. Günther presste die rechte Hand an sich und biss die Zähne zusammen. Gott, tat das weh.
    Mistvieh.
    So was hatte er noch nie gesehen. Was war das nur für ein Biest? Jedenfalls musste er das melden. Die von der Stadt sollten den See vor Saisonstart mal gründlich durchkämmen, bevor noch ein Schwimmer verletzt wurde. Günther drehte um und pflügte durch das Wasser zurück zum Ufer. Er konnte kaum noch gehen. Seine Beine fühlten sich an wie Elefantenschenkel.
    Er sah an sich herab und sog fast schon asthmatisch die Luft ein. Sie waren an ihm. Die schwarze Masse bedeckte seine Beine und eines dieser Dinger kletterte eben über seinen Hosenbund. Ein Schmerz flammte an seiner Hüfte auf. Sie bissen ihn durch die Hose.
    Keuchend riss er die Druckknöpfe seiner Jacke auf und schleuderte sie von sich. Er streifte die Hosenträger ab und drückte den Latz weg von seiner Brust, denn ein Exemplar hatte sich inzwischen bis zu ihm hochgearbeitet. Günther zog die Hose nach unten und versuchte gleichzeitig, aus seinen Stiefeln zu kommen. Mit dem rechten Fuß trat er auf die Hacke des linken und sein Fuß löste sich aus dem Stiefel. Eines der Biester biss ihn in den Oberschenkel. Günther schrie und schlug auf das Geschöpf ein. Er streifte den anderen Stiefel ab, warf sich nach vorne ins Wasser und kraulte los. Ein paar Meter bis zum Ufer. Eins erwischte ihn am Bein, aber Günther schwamm weiter. Dann fühlte er sie auch am Rücken, an der Seite, am ganzen Körper. Sie legten sich auf ihn, als würde es sich um einziges Geschöpf handeln. Und dann bissen sie zu. Günther verlor die Beherrschung und schlug schreiend um sich. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass dies hier das Ende sein könnte, dass er es vielleicht nicht schaffen würde.
    Das Bild des Schnitzels mit Kroketten und Zigeunersoße schoss ihm paradoxerweise durch den Kopf. So stark hatte er diese Vorstellung mit Stresssituationen verknüpft, dass irgendein Stirnlappen ihm diese Info in den letzten Minuten
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