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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans
Autoren: Markus Heitz
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der Neugeborene über die angebotene Nahrung her.
    Der Kalisstrone erregte mit seiner merkwürdigen Fracht zunächst allerlei Aufmerksamkeit in den Gassen von Bardhasdronda, und irgendwann legte sich Matuc den Schal vors Gesicht, um den neugierigen Blicken zu entgehen.
    Damit erlosch das Interesse der Menschen, denn nun wurde der Mönch für eine Frau gehalten. Die Schicksalsleserin wollte gar nicht mehr aufhören zu lachen, und Blafjoll machte sich laut Gedanken über das, was man sich bald in der Stadt über ihn und sein neues einbeiniges »Weib« erzählen würde.
    Der Geistliche nutzte die für ihn bequeme Art der Fortbewegung, um sich einen Eindruck von der fremden Stadt und ihren Bewohnern zu machen. Die Leute glichen sich von der Statur und dem übrigen Körperbau alle, überall sah der Mönch nur schwarze Haare, in erster Linie grüne Augen, nur vereinzelt entdeckte er braune oder gräuliche. Der Kleidungsstil variierte sehr, offenbar hing er mit dem sozialen Status des Trägers oder seinem Beruf zusammen. Großen Wert schienen die Männer auf die kunstvolle Rasur ihrer Bärte zu legen, wobei Matuc sich nicht vorstellen konnte, wie das mit einem herkömmlichen Barbiermesser möglich sein sollte. Die Frauen flochten sich die Haare unterschiedlich, Perücken schienen völlig unbekannt zu sein. Hinweise auf Palestaner oder Agarsiener fand er nicht.
    Die mehrstöckigen Häuser, gebaut aus Fachwerk und grauen Steinen, standen so eng wie möglich beieinander, die breiteste Straße erlaubte gerade einmal zwei Fuhrwerken das Passieren. Dann mussten die Menschen rechts und links des Kopfsteinpflasters aber schon zur Seite springen, um nicht zerquetscht zu werden. Das Fachwerk zeigte wunderbare Schnitzereien, vereinzelt kamen unterschiedliche Farben bei den Balken ins Spiel und durchbrachen so das triste Bleierne der Steine. Ein eisiger Wind blies durch die Gassen, zarte Schneeflocken rieselten aus dem grauen Himmel. Das Mädchen fing ein paar mit dem Mund auf und grinste dabei.
    Die Beengtheit änderte sich erst, als sie sich wohl dem Zentrum näherten. In Richtung der Marktplätze und der Stadttore, die nach draußen führten, war genügend Platz. Und die Behausungen wurden prachtvoller, bUnter, aufwändiger. Hier wohnten die Kaufleute und Reichen von Bardhasdronda, die es sich leisten konnten, ihr Fachwerk aus Walfischbein schnitzen zu lassen. Kalisstraheiligtümer in Form von kleinen Tempeln und Betnischen bemerkte Matuc an allen Ecken und Enden. Überall fanden sich Opfergaben, demnach stufte der Mönch die Bewohner als sehr gläubig ein. Außerdem hatten sie unterwegs ein halbes Dutzend Tore durchfahren müssen. Offenbar wollte man es möglichen Angreifern so schwer wie möglich machen, bis ins Innere der Stadt vorzudringen. Die jeweiligen inneren Mauern erhoben sich bis weit über die Dächer der umstehenden Häuser.
    Was dem Ulldarter noch aufgefallen war: Die Kalisstri wirkten sehr ernst. Lautes Lachen hörte er auf dem Weg zum Bürgermeister eher selten, Zeichen oder Symbole, die auf Wirtshäuser hindeuteten, konnte er nirgends entdecken.
    Vor einem eher unscheinbaren Haus im Zentrum hielt der Walfänger an. »Wir sind da. Hier lebt Kalfaffel. Wenn ihr Glück habt, ist er zu Hause.« Er half dem Mönch aufzustehen und klopfte an die eisenbeschlagene Tür.
    Zu Matucs Erstaunen öffnete eine Cerêlerin mit kurzen grauen Locken, unschwer erkennbar an dem kleinen Wuchs und dem zu großen Kopf.
    Augenblicklich verneigte sich Blafjoll ehrerbietig. »Herrin Tjalpali, ich bringe Kalfaffel Schiffbrüchige, die eine Zeit lang in unserer Stadt bleiben möchten. Sie sollen sich dem Bürgermeister erklären. Ist er da?«
    Die kleinwüchsige Frau musterte die Fremden mit gütigen Augen. »Mein Gatte ist da. Und er hat ein wenig Zeit, die er gerne den Gestrandeten widmet.« Ihr Ulldart war fehlerfrei.
    »Ich bin Fatja«, sagte die Schicksalsleserin eilig und machte einen Knicks, während sie den Knaben hin und her wiegte. »Das ist Matuc. Es ist ein Mann, auch wenn er im Moment aussieht wie eine Frau.«
    Und schon wieder schoss dem Mönch das Blut ins Gesicht. »Ich kann es Euch erklären.«
    Tjalpali nickte und trat einen Schritt zurück. »Sicher kannst du das. Kommt herein und nehmt Platz. Ich werde dem Bürgermeister Bescheid geben. Eine solche Abwechslung wird ihm willkommen sein.«
    Der Ulldraelgläubige humpelte in die Wohnung, die nicht besonders protzig eingerichtet war, wie er es im Vergleich von einem
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