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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans
Autoren: Markus Heitz
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und band sich ihren Bruder mit Hilfe eines Schals vor den Bauch, unter den wärmenden Umhang.
    Sie kamen nur langsam vorwärts, Matuc musste mehr hüpfen als laufen, und als sie endlich die Biegung des Strandes erreichten, stand dem Mann trotz der Kälte der Schweiß auf der Stirn. Die Fußspuren Norinas konnten sie nirgends mehr entdecken.
    »Das hat so wenig Zweck«, sah er ein und ließ sich auf einem Stein nieder. »Du bist schneller ohne mich.«
    Fatja kniff die Mundwinkel zusammen. Der betagte Mönch merkte ihr an, dass es ihr nicht schmeckte, ihn allein zu lassen. »Wo sind denn die Piraten, wenn man sie mal braucht?«, meinte sie böse. »Die ganze Nordwelt hat Angst vor ihnen, aber blicken lassen sie sich nicht. Rudgass werde ich gehörig die Meinung sagen.«
    Matuc packte sie am Umhang und deutete auf die See. »Da ist doch ein Segel, oder täusche ich mich?« Hektisch wedelte er mit der Planke in der Luft. Das Mädchen legte den Knaben zu Boden und hopste, eine gelbe Stola schwenkend, am Strand auf und ab.
    Aber die Besatzung des Einmasters schien nicht in ihre Richtung zu schauen. Unbeirrt setzte er seine Fahrt fort, und Enttäuschung machte sich bei dem Mönch und dem Mädchen breit. Auch der Sohn Norinas weinte wieder.
    »Er hat Hunger«, schätzte Fatja und hing sich das kleine menschliche Bündel wieder um. Sie kratzte sich am Kopf. »Ich werde wohl besser ohne dich weiterlaufen, Matuc. Ich weiß ja, wo ich dich finde. Und da die Rogogarder ihre Küste wohl besser kennen als ich, werden wir dich ganz schnell abholen können.« Sie drückte ihn vorsichtig, um dem Kind nicht weh zu tun. »Ich lasse dich nicht bei den Möwen verhungern.«
    Er strich dem Mädchen über die schwarzen Haare. »Ich begebe mich in die Hand von Ulldrael dem Gerechten. Er hat uns nicht ertrinken lassen, er wird uns weiter vor Unbill bewahren.« Er drückte ihr einen väterlichen Kuss auf die Stirn und entließ sie.
    Kaum war sie um die Biegung der Klippen verschwunden, kam sie schon wieder angerannt.
    »Direkt da vorne ist der Strand voller Menschen!«, rief sie erfreut und zerrte den überrumpelten Mann in die Höhe. »Sie durchsuchen die Wrackteile. Komm schon.«
    Matuc hüpfte los und musste unpassenderweise an eine lahme Möwe denken.
    Das Mädchen hatte sich nicht getäuscht. Kaum zwei Steinwürfe von der Ecke entfernt, wo er sich eben noch niederlassen wollte, wimmelte der Sand von Männern und Frauen. Die meisten von ihnen schützten sich mit Pelzen und dicken Lederjacken vor der Kälte, einige wenige trugen darüber Kettenhemden und hielten Speere bereit. Die Bewaffneten sicherten den Strand in alle Richtungen, während die anderen eilig die Schiffsüberreste fledderten. Mehrere große Ruderboote lagen im Sand, mit denen die Menschen wohl angekommen waren.
    »Fatja«, rief der Mönch die Schicksalsleserin zurück. »Bleib bei mir. Ich bin mir nicht sicher, wen wir da vor uns haben.«
    Auch sie wurden bemerkt. Der Vorderste der Wächter drehte sich nach hinten und ließ eine knappe Warnung erschallen. Er fasste seinen Speer mit beiden Händen und richtete ihn gegen die Neuankömmlinge.
    »Das sind ja schöne Sitten, die die Rogogarder haben«, meinte Fatja missmutig.
    Zwei weitere bewaffnete Männer stießen hinzu, und sie berieten sich. Dann kam einer von ihnen herüber.
    Der Wächter war, wie alle am Strand, etwas kleiner als Matuc. Er streifte die Kapuze ab, und langes, schwarzes Haar wehte im Wind. Die Gesichtszüge wirkten fremdartig, etwas kantiger als die des Mönchs, beinahe wie die eines Jengorianers. Die Haut schien von Natur aus blass zu sein, zwei durchdringend grüne Augen musterten sie aufmerksam. Besonders auffällig fand der Ulldraelgläubige den kunstvoll ausrasierten Knebelbart, in den ein Muster barbiert worden war.
    Das war kein Rogogarder. Als der Fremde die ersten unverständlichen Worte an ihn richtete, bestätigte sich sein Verdacht.
    Fatja sah den Unbekannten mit großen Augen an. »Was hat er gesagt?«
    »Woher soll ich das wissen?«, gab der Mönch ein wenig ratlos zurück.
    »Du bist doch der Gebildete von uns.« Die Schicksalsleserin lächelte den Mann mit dem Speer vorsichtshalber gewinnend an. »Tu doch was«, zischte sie durch die Zähne.
    Der Wächter brüllte etwas über die Schulter, ohne die Augen von den beiden zu wenden. Ein Zweiter rannte herbei, dessen Statur beinahe gleich war, soweit man das durch die Kleidung beurteilen konnte. Auch er trug besondere Formen in seinem
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