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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai
Autoren: Gordon R Dickson
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mit einer Wucht, die ihr Echo auf alle Welten der Menschheit werfen würde. Jetzt plötzlich war sie an uns vorbeigerollt. Nichts erinnerte mehr an sie, nur ein leises Davonschäumen in der Ferne, ein Abtropfen in Vergangenheit und Gewesenes.
    Hier gab es nichts mehr für mich zu tun. Nichts.
    Wenn es Jamethon gelungen wäre, Kensie zu töten … selbst wenn er als Ergebnis davon die Exoten zu einer praktisch kampflosen Kapitulation gezwungen hätte – ich hätte den Vorfall am Verhandlungstisch zu einem Werkzeug der Zerstörung machen können. Aber er hatte es nur versucht, war gescheitert und gestorben. Wer konnte die öffentliche Meinung damit gegen die Quäker aufbringen?
    Ich ging an Bord eines Raumschiffes und flog zurück zur Erde, wie ein Mann, der in einem Traum gefangen ist. Und ich fragte mich nach dem Warum.
    Auf der Erde angekommen, sagte ich meinen Redakteuren, ich sei körperlich nicht ganz auf der Höhe. Sie sahen mich nur einmal an und glaubten mir. Ich nahm unbeschränkten Urlaub und verbrachte die meiste Zeit im Zentralarchiv der Nachrichtendienste im Haager Schiedshof. Dort durchstöberte ich blindlings ganze Aktenberge und Stapel aus Nachschlagewerken über die Quäker, die Dorsai und die Exotischen Welten. Nach was suchte ich? Ich wußte es nicht. Ich folgte auch den Nachrichtenberichten von Santa Maria, die die Kapitulations- und Schlichtungsverträge betrafen. Und ich trank eine Menge, während ich sie studierte.
    Ich fühlte mich so betäubt und benommen wie ein Soldat, der wegen eines schweren Dienstvergehens zum Tode verurteilt worden war. Dann wurde in den Nachrichtenberichten gemeldet, daß Jamethons Leiche zur Bestattung nach Harmonie zurückgebracht werden sollte. Und plötzlich begriff ich, daß ich genau darauf gewartet hatte: die von Fanatikern durchgeführte abscheuliche Ehrung eines Fanatikers, der mit vier Helfershelfern versucht hatte, den von seinen Männern isolierten feindlichen Kommandeur unter einer Verhandlungsflagge zu ermorden. Ich konnte noch immer einige bestimmte Artikel verfassen.
    Ich rasierte mich, duschte und sammelte mich wieder einigermaßen. Dann machte ich mich auf, eine Passage nach Harmonie zu arrangieren, und ich gab vor, dort über die Bestattung von Jamethon berichten zu wollen.
    Die Glückwünsche von Piers und meine Berufung in den Gilderat, die ich noch auf Santa Maria erhalten hatte, kamen mir gut zustatten. Dadurch hatte ich absolute Priorität und erhielt einen Platz an Bord des nächsten Linienschiffes, das hinausflog.
    Fünf Tage später war ich auf Harmonie, in der gleichen kleinen Stadt namens Eingedenk-des-Herrn, die ich zuvor schon einmal mit dem Ältesten Strahlenden besucht hatte. Die Gebäude der Ortschaft bestanden noch immer aus Beton und Blasenplastik und hatten sich in den vergangenen drei Jahren nicht verändert. Doch der steinige Boden der Farmen in der Nähe der Stadt war umgepflügt worden – wie auch die Felder von Santa Maria, als ich jene andere Welt betreten hatte –, denn in der nördlichen Hemisphäre von Harmonie begann nun gerade der Frühling. Und wie an jenem ersten Tag auf Santa Maria regnete es auch hier, als ich vom Raumhafen aus zur Stadt fuhr. Doch in den Ackerfurchen der Quäkerfelder zeigte sich nicht die fette Schwärze, wie in den Äckern auf Santa Maria – nur eine dünne und scharf abgegrenzte Dunkelheit in den Pfützen, ein Farbton, der den Uniformen der Quäker entsprach.
    Ich erreichte die Kirche gerade in dem Augenblick, als die Teilnehmer der Totenfeier sich zur Messe zu versammeln begannen. Der Himmel war eine tiefhängende, dunkle und tropfende Masse, und im Innern der Kirche war es so düster, daß ich mich kaum orientieren konnte: Die Quäker gestatteten sich nicht den Luxus von Fenstern oder künstlicher Beleuchtung in ihren Gotteshäusern. Trübes, graues Licht und kalter Wind und Regen drangen durch das türlose Portal an der Rückfront der Kirche. Durch die einzelne rechteckige Öffnung im Dach sickerte mattes und von Feuchtigkeit durchsetztes Tageslicht auf Jamethons Leiche, die auf einem Gestell aufgebahrt war, das auf einer Plattform stand. Man hatte einen transparenten Schirm aufgestellt, um den Toten vor dem Regen zu schützen, und die Nässe wurde durch einen Abfluß in der Rückwand von der offenen Plattform abgeleitet. Der Älteste aber, der die Totenmesse leitete – und jeder andere, der hinaufstieg, um Jamethon die letzte Ehre zu erweisen –, würde direkt unter dem Himmel stehen und
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