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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai
Autoren: Gordon R Dickson
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ich fest, daß mir niemand folgte. Ich blieb stehen.
    Ich war allein draußen. Es war sogar noch dunkler geworden, und der Regen fiel plötzlich schneller und dichter. Er verbarg alles um mich herum hinter einer trommelnden und schimmernden Portiere. Ich konnte nicht einmal die auf dem Parkplatz abgestellten Bodenwagen erkennen, denen ich gegenüberstand. Und von der Kirche aus konnte ich ganz bestimmt nicht gesehen werden. Ich hob mein Gesicht dem heftigen Regenguß entgegen und ließ die Tropfen auf meinen Wangen und den geschlossenen Lidern zerplatzen.
    „Sie kannten ihn also nicht?“ sagte eine Stimme hinter mir.
    Die Worte schienen mich in der Mitte zu durchteilen, und ich fühlte mich so, wie sich ein in die Enge getriebener Wolf fühlen mußte. Und wie ein solcher Wolf wirbelte ich herum.
    „Ja, ich kannte ihn!“ sagte ich.
    Padma blickte mich an, und der Regen schien seine blaue Robe nicht einmal zu benetzen. Er hatte die leeren Hände, die nicht einmal in seinem ganzen Leben eine Waffe gehalten hatten, vor dem Bauch gefaltet. Aber der Wolf in mir wußte, daß er – soweit es mich betraf – bewaffnet und ein Jäger war.
    „Sie?“ brachte ich hervor. „Was machen Sie hier?“
    „Es wurde berechnet, daß Sie hierherkommen“, sagte Padma sanft. „Also kam ich ebenfalls. Aber warum sind Sie hier, Tam? Unter den Leuten dort drinnen befinden sich sicherlich zumindest ein paar Fanatiker, die die einschlägigen Gerüchte kennen. Und die machen Sie mitverantwortlich, was Jamethons Tod und die Kapitulation der Quäker betrifft.“
    „Gerüchte!“ sagte ich. „Wer hat sie in die Welt gesetzt?“
    „Sie selbst“, sagte Padma. „Durch Ihre Handlungen auf Santa Maria.“ Er starrte mich an. „Haben Sie nicht gewußt, daß Sie Ihr Leben aufs Spiel setzen, indem Sie heute hier sind?“
    Ich öffnete den Mund, um das abzustreiten. Doch dann stellte ich fest, daß ich es tatsächlich gewußt hatte.
    „Was, wenn ihnen jemand zuruft“, sagte Padma, „daß Tam Olyn inkognito unter ihnen weilt, der Berichterstatter des Feldzugs von Santa Maria?“
    Der Wolf in mir blickte ihn grimmig an.
    „Können Sie es mit Ihren exotischen Prinzipien vereinbaren, so etwas zu tun?“
    „Wir werden mißverstanden“, antwortete Padma ruhig. „Wir mieten nicht aufgrund irgendeines moralischen Gebotes Soldaten, die für uns kämpfen, sondern weil wir unsere emotionale Perspektive verlieren, wenn wir direkt betroffen sind.“
    Es gab keine Furcht mehr in mir, nur ein schwaches Gefühl von Leere.
    „Dann sagen Sie es ihnen“, forderte ich ihn auf.
    Padmas sonderbare, nußfarbenen Augen blickten mich an.
    „Wäre nur das erforderlich gewesen“, sagte er, „dann hätte ich ihnen eine Nachricht zukommen lassen können. Dann hätte ich nicht persönlich hierherkommen müssen.“
    „Und warum kamen Sie hierher?“ Meine Stimme kratzte in der Kehle. „Warum sollten Sie sich oder die Exoten um mich sorgen?“
    „Wir sorgen uns um jedes Individuum“, sagte Padma. „Aber wir sorgen uns mehr um die menschliche Rasse als Ganzes. Und Sie stellen noch immer eine Gefahr für sie dar. Sie sind ein latenter Idealist, Tam, der auf den Weg der Zerstörung gezwungen wurde. Wie bei anderen Wissenschaften hat auch hier das Gesetz von der Erhaltung der Energie bei Ursache und Wirkung Gültigkeit. Ihr Zerstörungswille fand kein Ventil auf Santa Maria. Und nun … was, wenn er sich nach innen wendet, um Sie selbst zu zerstören – oder nach außen, gegen die ganze Menschheit?“
    Ich lachte, und ich hörte die Rauheit meines Lachens.
    „Und was wollen Sie jetzt machen?“ fragte ich.
    „Ich will Ihnen zeigen, daß das Messer in Ihrer Hand die Hand abschneidet, die es hält – gegen wen oder was Sie es auch richten. Ich habe eine Neuigkeit für Sie. Kensie Graeme ist tot.“
    „Tot?“ Der Regen schien mir nun plötzlich entgegenzudröhnen, und der Boden des Parkplatzes zu meinen Füßen glitt davon, als sei er nur der Schatten einer anderen Realität.
    „Er wurde vor fünf Tagen von drei Angehörigen der Blauen Front ermorden.“
    „Ermordet?“ flüsterte ich. „Warum?“
    „Weil der Krieg vorüber war“, sagte Padma. „Weil Jamethons Tod und die Kapitulation der Quäker-Streitkräfte ohne vorherige Kampfhandlungen, die die Landwirtschaft arg in Mitleidenschaft gezogen hätten, die Sympathie der Zivilbevölkerung unseren Truppen gegenüber erheblich gesteigert hat. Weil die Blaue Front aufgrund dieses Sympathiezuwachses weiter
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