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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai
Autoren: Gordon R Dickson
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Nachdruck.
    Plötzlich sah ich wieder die fünf Posten, dort, wo nun die Offiziere, Unteroffiziere und Jamethon selbst standen. Und vor ihnen sah ich den umgestürzten Markierungspfahl.
    „Achtung!“ rief ich Kensie zu – doch es war längst zu spät.
    Die Ereignisse waren bereits ins Rollen gekommen. Der Truppenführer an der Seite Jamethons sprang vor ihn, und alle fünf zogen ihre Seitenwaffen. Ich hörte erneut das Flattern der Fahne, und das knallende Geräusch schien eine ganze Weile anzudauern.
    Zum erstenmal sah ich nun einen der legendären Dorsai in Aktion. Kensies Reaktion kam so gespenstisch schnell, als hätte er Jamethons Gedanken genau in dem Augenblick gelesen, bevor die Quäker nach ihren Waffen griffen. Als ihre Hände die Seitenwaffen berührten, sprang er bereits auf den Tisch zu, mit feuerbereitem Suchgeschoß-Revolver in der Faust. Er schien direkt auf den Truppenführer zuzufliegen. Sie gingen beide zu Boden, doch Kensie blieb in Bewegung. Er rollte sich von dem Truppenführer ab, der nun reglos im Gras lag. Er kam auf die Knie, feuerte, warf sich nach vorn, rollte weiter.
    Der Gruppenführer rechts von Jamethon stürzte zu Boden. Jamethon und die restlichen zwei Soldaten hatten nun eine beinahe vollständige Kehrtwendung vollführt und versuchten, Kensie nicht in ihren Rücken gelangen zu lassen. Die beiden übriggebliebenen Soldaten schoben sich vor Jamethon; sie hatten ihre Waffen noch nicht angelegt. Kensie verharrte regungslos, als sei er gegen eine steinerne Wand geprallt, kam mit einem Satz auf die Beine und schoß zweimal. Die beiden Quäker sanken zu Boden, der eine links, der andere rechts.
    Jetzt stand Jamethon Kensie direkt gegenüber, und die Waffe in seiner Hand war feuerbereit und angelegt. Jamethon schoß. Ein heller, blauer Blitz fauchte durch die Luft, doch Kensie hatte sich schon wieder fallen lassen. Er lag auf der einen Seite im Gras, stützte sich mit einem Ellbogen ab und betätigte zweimal den Feuerknopf seines Suchgeschoß-Revolvers.
    Die Waffe in Jamethons Hand senkte sich. Er stand jetzt mit dem Rücken gegen den Tisch, und er streckte seinen anderen Arm aus, um sich auf der Tischfläche abzustützen. Er versuchte erneut, die Waffe zu heben, doch er hatte nicht mehr die Kraft dazu. Sie entglitt seiner Hand. Er lehnte sich noch stärker gegen den Tisch und drehte sich dabei halb herum, wodurch sein Gesicht in meine Richtung blickte. Sein Ausdruck war so beherrscht wie immer, aber der Glanz in seinen Augen war irgendwie anders, als er mich ansah und erkannte – so eigenartig wie der Blick, mit dem ein Mann seinen Rivalen ansieht, den er gerade besiegt und der von vornherein keine wirkliche Gefahr für ihn dargestellt hatte. Ein schwaches Lächeln umspielte die Winkel seiner dünnen Lippen. Wie das Lächeln inneren Triumphes.
    „Mr. Olyn“, flüsterte er. Und dann trübte sich der Glanz seiner Augen, als ihn das Leben verließ, und er stürzte neben den Tisch.
    Nahe Explosionen erschütterten den Boden zu meinen Füßen. Vom Kamm des Hügels hinter uns feuerte der Truppenführer, den Kensie dort zurückgelassen hatte, Rauchbomben ab, die zwischen uns und der von den Quäkern besetzten Seite der Wiese detonierten. Eine graue Wand aus Rauch wuchs zwischen uns und dem gegenüberliegenden Hügel in die Höhe, um uns Sichtschutz vor dem Feind zu gewähren. Wie eine undurchdringliche Barriere reckte sie sich dem blauen Himmel entgegen, und in ihrem aufragenden Schatten standen nur Kensie und ich.
    Auf Jamethons Gesicht lag noch immer dieses schwache Lächeln.
     

29
     
    Wie benommen beobachtete ich noch am gleichen Tag, wie sich die Quäkertruppen ergaben. Nur in dieser Situation fühlten sich ihre Offiziere zur Kapitulation berechtigt.
    Nicht einmal die Ältesten erwarteten von ihren Untergebenen, daß sie in einer Lage weiterkämpften, die von einem toten Truppen-Kommandeur aus bestimmten taktischen Erwägungen geschaffen worden war, von der seine Offiziere keine Kenntnis hatten. Und die übriggebliebenen, überlebenden Truppen waren mehr wert als die Schadenersatzforderungen, die die Exoten erheben würden.
    Ich wartete die Kapitulation- und Schlichtungsverträge nicht ab. Es gab nichts mehr, worauf ich hätte warten müssen. Einen Augenblick lang war auf diesem Schlachtfeld alles in der Schwebe gewesen – wie eine große, überwältigende Woge über uns allen, eine schäumende und gischtende und sich weiter auftürmende Welle, die über uns hereinzubrechen drohte,
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