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Unsterbliches Verlangen

Unsterbliches Verlangen

Titel: Unsterbliches Verlangen
Autoren: Rosemary Laurey
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suchten. Ich weiß nicht, wie ich mich zurückverwandelt habe, tat es aber, zog an, was von meinem Pyjama übrig geblieben war und trottete ins Pfadfinderlager zurück.
    Ich bekam Ärger, weil jemand eine große, gelbbraune Wildkatze in den Wäldern gesehen hatte, nachdem sie festgestellt hatten, dass ich nicht mehr im Zelt war. Die Anführer hatten natürlich Angst, ich könnte zerrissen oder gefressen worden sein. Zur Strafe wurde ich bis zum Ende der Freizeit zum Kartoffelschälen und Zwiebelschneiden abgestellt. Dadurch hatte ich jede Menge Zeit zum Nachdenken und ich kam zu dem Schluss, dass alles mehr oder weniger bloß ein Traum gewesen war.
    So ging es neun Monate, bis ich mich eines Tages in meinem Zimmer bei den Marshes verwandelte. Ich war fast vierzehn, kurz davor, die Schule zu verlassen und mir Arbeit zu suchen – eine höhere Schulbildung kam für Findelkinder in dieser Zeit nicht infrage. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich mich in dem fleckigen Spiegel an der Schranktür gesehen habe. Ich habe mich zu Tode gefürchtet. Dann wurde mir klar, dass das mein Geheimnis war, von dem nie jemand erfahren würde.
    Ich ging in die Bibliothek, um etwas über mich zu erfahren. Da gab es einiges über Werwölfe, aber nichts über gestaltwandlerische Katzen. Ich fand heraus, dass ich mich in einen Puma verwandelte, aber das war keine große Hilfe. Ich hab mich oft gefragt – und tu das übrigens noch immer –, ob meine Mutter über meine Natur Bescheid wusste. Wer weiß? Wie auch immer, ich musste die Schule verlassen und mir einen Beruf suchen. Mr Marsh hatte einen Cousin, der Töpfer in Farnham war, gar nicht weit von hier. Komisch, wie es mich wieder hierher zurückverschlagen hat. Ich machte also dort meine Ausbildung, zufälligerweise als der Betrieb seine beste Zeit schon hinter sich hatte. Nach meinem Weggang hielt er sich noch Jahrzehnte über Wasser, produzierte aber am Ende nur noch Blumentöpfe und Gartenware. Zu meiner Zeit gingen die Produkte an die teuersten Luxusläden in London. Ich lernte also das Töpferhandwerk und war die meiste Zeit über der einzige Lehrling. Ich hatte einen großen Speicher ganz für mich alleine, und wenn mich das Bedürfnis überkam, mich zu verwandeln, konnte ich das tun und direkt losrennen. Später, nach Ende meiner Lehrzeit, arbeitete ich bei verschiedenen Töpfereien im ganzen Land, und meine Ferien verbrachte ich in den entlegensten Ecken: in Moor- und Hochlandgebieten und in den Bergen von Schottland und Wales. Hin und wieder lernte ich andere Gestaltwandler kennen. Beim ersten Mal war ich verblüfft, denn wir erkennen uns, in menschlicher Gestalt wohlgemerkt, auf den ersten Blick. Es beginnt schon damit, dass wir anders riechen. Ich kann dir gar nicht sagen, was das für ein Gefühl war, zu entdecken, dass ich nicht allein auf der Welt war. Aber wir halten nicht richtig Kontakt zueinander. Nicht zu vergleichen mit dem Zusammenhalt, den ihr pflegt, aber wir kennen uns und bieten uns auf Reisen gegenseitig Unterkunft.«
    An der Stelle unterbrach er und schaute sie eindringlich an, als wollte er sehen, wie sie seine Geschichte aufnahm. In ihrem alten, leidgeprüften Herzen empfand sie ein tiefes Mitgefühl für den Jugendlichen, der einsam und allein seine wahre Natur entdeckte. Und auch an seine arme Mutter musste sie denken. Hatte sie von Michaels wahrer Natur gewusst, als sie ihn weggab? Oder war ihr der Säugling auf die eine oder andere Art einfach nicht geheuer, worauf sie ihn im Stich ließ? Keiner würde das je erfahren. Und welche Geheimnisse diese Sterbliche auch kannte, sie hatte sie mit ins Grab genommen. Sie lächelte ihm zögernd zu. Er hatte ihr viel erzählt, aber sie liebte ihn doch so sehr und wollte, nein musste seine Vorgeschichte kennen, und er hatte das Bedürfnis, sie ihr zu erzählen. Sie kam näher und nahm seine Hand. Seine Finger schlossen sich fest um ihre. »Michael«, flüsterte sie, »ich liebe dich.«
    Seine dunklen Augen begannen zu leuchten. »Das hoffe ich.«
    »Du darfst nie daran zweifeln.«
    »Was dich betrifft, habe ich keine Zweifel, aber was ist mit den anderen? Mit deiner Kolonie. Deine Gwyltha wirkte gestern Abend nicht gerade so, als würde sie mich akzeptieren.«
    Männer! Oder vielmehr Gestaltwandler! Am liebsten hätte sie ihn mit dem Ellbogen gehörig gestoßen, begnügte sich aber damit, ihn vielsagend anzugrinsen. »Michael, du hast dich gerade an Sams Rettung beteiligt. Damit sind alle Zweifel beseitigt.
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