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Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze

Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze

Titel: Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze
Autoren: Dietmar Bittrich
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haben viel Geld dafür ausgegeben.
    Ist das verkehrt? Nein. Frauen neigen dazu, sich ihren Partner in höheren Sozialsphären zu suchen. Da passen zwei Ungleichheiten perfekt zusammen. Möge diesen Frauen ein gutes Erbe beschieden sein. Witwenschaft ist nicht die einzige Entschädigung, die eine Frau für die Ehe bekommt.
     
    Warum erzähle ich das? Nur aus den lautersten Motiven! Und weil Josephine überzeugt werden wollte.
    »Meine Mutter war alleinerziehend. Meinst du, deshalb suche ich nach einem Vaterersatz?«, fragte sie, währendwir durch ein dämmeriges Treppenhaus stapften, zurück zur Galerie der Leidenschaften.
    »Überhaupt nicht«, behauptete ich. »Du suchst keinen Vaterersatz. Du suchst Ersatz für junge Flachpfeifen, die alle auf dem Egotrip sind und deren Labilität du dich unterordnen müsstest. Du bist anspruchsvoller. Du verlangst mehr. Und du hast mehr verdient. Du suchst eine gefestigte Persönlichkeit.«
    Das klang für mich selbst überzeugend. Tatsächlich hatte sie nichts dagegen, geführt zu werden. Das würde sich eventuell ändern, aber jetzt war es so.
    »Du meinst, du bist sexuell erfahrener als die Jungs in meinem Alter?«, stichelte sie.
    »Das natürlich auch! Aber vor allem nehme ich dich wichtig. Ich achte auf deine Bedürfnisse. Das ist der Vorteil eines älteren Mannes. Die Jahre des Narzissmus liegen hinter ihm. Er ist aufmerksamer. Großzügiger. Toleranter. Er weiß mehr und ist deshalb bescheidener. Und zugleich hat er geistig mehr zu bieten.« Das war nun wirklich nicht mehr zu widerlegen.
    Wir standen wieder vor der zerkratzten Tür des ehemaligen Standesamtes, jetzt Kirchgalerie mit der Sonderabteilung ungleicher Paare. Derselbe Vietnamese öffnete mit demselben Lächeln. Er wollte eben zu demselben Vortrag ansetzen, da erkannte er uns. Er musste uns nachher noch ein Restaurant empfehlen. Die Eintrittskarten galten den ganzen Tag.
    Es war spürbar Unruhe eingezogen in die dämmerigen Räume. Anscheinend hatte ein Bus vor dem Schloss gehalten und eine Ladung Studienreisende ausgeworfen. In einer summenden Traube drängten sie sich gerade vor demRaum des Gothaer Liebespaares. Wir konnten uns ausrechnen, dass der Raum selbst gut gefüllt war. Die Ausstellung musste in Schichten besichtigt werden. Wir näherten uns mit der gebotenen Vorsicht. Ich legte meine Hand um Josephines Taille.
    »Dir gefällt die Rolle des erfahrenen Beschützers, stimmt’s?«, frohlockte sie.
    »Warum nicht? Neben dir kann ich den Tycoon mimen. Ja, das gebe ich zu. Ich werde bewundert deinetwegen. Denn du bist nicht nur schön. Neben mir bist du das Inbild der Schönheit.«
    Das schrullige Lied von Otto Reutter kam mir in den Sinn: »Nehm’ Se ’n Alten«, in dem er sich anpreist mit der einleuchtenden Zeile: »Ging meine Schönheit auch perdu, umso mehr schaut man auch Sie.«
    »Ein älterer Mann ist treuer«, grübelte sie.
    »Das garantiere ich dir.«
    »Wegen der nachlassenden Hormonproduktion«, vermutete sie.
    »Du meine Güte!« Fast hätte ich gerufen, aber wir hatten uns dem Schwarm der Kulturreisenden bereits auf Hörweite genähert. Und ignorant wirkten wir auch so schon, da wir hier an kostbaren alten Kunstwerken vorüberschlenderten, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
    »Es sind noch genug Hormone da«, beteuerte ich. »Und habe ich dir schon gesagt, dass Verhaltensbiologen genau diese Paarung für sinnvoll halten? Und eigentlich nur die: älterer Mann, junge Frau? Deine körperliche Frische und meine Lebenserfahrung plus Erbmasse bieten dem Nachwuchs optimale Entwicklungschancen. Wie gesagt, nach Erkenntnissen der Verhaltensbiologen.«
    »Uns fehlt eine gemeinsame Vergangenheit«, murmelte sie. Das war fast schon eine Zustimmung.
    »Die schaffen wir doch jetzt gerade!«, sagte ich. »Es ist doch wunderbar, was wir erleben!«
    Die Studienreisenden waren nicht der überzeugendste Beweis dafür, aber völlig unoriginell war unser Besuch hier nicht. Nun hörten wir die Stimme der Rotgefärbten. Sie brachte den Wissbegierigen gerade ihre gesammelten Kenntnisse über ungleiche Paare nahe, mit Ausnahme ihrer privaten Erfahrungen.
    »Kann es sein«, raunte Josephine, »dass du in Wirklichkeit auf der Suche nach der verlorenen Jugend bist?«
    »Was heißt verloren ? Mit dir erlebe ich Jugend! Jugend an sich! Ist das schlimm? Ich verfüge über die Erfahrung, du hast die Frische! Ach, und übrigens, falls du das noch nicht wahrgenommen hast: Durch deine Jugend hast du Macht über mich. Meine
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