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Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze

Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze

Titel: Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze
Autoren: Dietmar Bittrich
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jedoch prächtig in Form. Mit einem Blick zu mir stellte sie fest: »Du musst abnehmen.«
    »Okay, einverstanden, versprochen. Dann komm!« Ich zupfte an ihrem Polohemd, denn ich hatte es nun eilig. »Zu unseren ungleichen Paaren!«
     
    Die Heranziehung zu regelmäßigen Unterhaltszahlungen ist ein unerlässlicher Schritt im Leben eines Mannes. Er wird, ohne es beabsichtigt zu haben, erwachsen. Auf einmal kann er nicht mehr so tun, als sei er nur zum Spielen auf der Welt. Er hat nichts Arges im Sinn gehabt. Er wollte lediglich gutes Essen, guten Sex und in Ruhe gelassen werden. Jetzt werden ihm rätselhafte Begriffe wie Pflicht und Verantwortung nahegebracht, deren Bedeutung einem Wesen, das Kinder bekommen kann, eingeboren ist. Und selbst wenn er nichts kapiert, muss er von nun an Geld verdienen und es obendrein teilen.
    Für mich war die Zeit bedenkenloser Reisen und Abenteuer zu Ende. Die folgenden Beziehungen standen unter dem kühlenden Stern der Vernunft. »Übrigens habe ich ein Kind« – dieses irgendwann unumgängliche Geständnis sorgte stets für Bescheidenheit. Ich hatte ein paar Beziehungen, in denen es – von dem Intermezzo mit der Zigeunerliebhaberin abgesehen – große Aufregungen nicht gab. Keine Daily Soap, keine nächtlichen Kliffhänger, alles lief halbwegs berechenbar. Es waren Beziehungen unter Gleichen. Von Eheforschern empfohlene Beziehungen. Das dramatische Gefälle fehlte. Ich vermisste es nicht.
    Als ich Josephine getroffen hatte, mit peinlicher Präzision im sogenannten zweiten Frühling, war alles auf einen Schlag wieder da: der unvernünftige Enthusiasmus; die Bereitschaft, alles Bisherige zu streichen; die Stadt pink anzumalen, das Meer auszuschöpfen, Holz zu hacken undWasser zu tragen jeden einzelnen Tag; der Anfängergeist . Das Gefälle war schmerzlich. Sie war jung und ich alt genug, eine Tochter in ihrem Alter zu haben.
    In den Zeiten des Herzogs von Gotha war solch eine Kombination nicht unüblich, sofern die dynastische Gleichheit gewahrt blieb. Die Altersunterschiede waren oft beträchtlich; nicht selten wurden Kinder verheiratet. Die Eheberedungen bis zur Epoche der Aufklärung kümmerten sich um Ständegleichheit und Vermögen, nicht um die Gleichheit des Alters oder der Interessen, schon gar nicht um einen Gleichklang der Gefühle, nicht einmal um die Gleichheit der Sprache. Eine Untersuchung über höfische Ehen der vornapoleonischen Zeit ergab, dass wegen völkerübergreifender Heiraten die Partner sich nur in der Hälfte der Fälle sprachlich verständigen konnten. Offenbar war das unnötig, vielleicht sogar förderlich.
    Bei Ehen in einfacheren Verhältnissen ging es ebenfalls niemals um die Fähigkeit, miteinander reden zu können, die uns so bedeutsam erscheint. Es ging um materielle Sicherheit. Um Geborgenheit durch Güter. Auch in den einfacheren Schichten wurden bereits knapp geschlechtsreife Mädchen verheiratet. Man konnte nicht damit rechnen, lange zu leben. Das irdische Dasein war im Durchschnitt ein paar Jahrzehnte kürzer als heute. Ein Mann um die vierzig war bereits alt. Falls er verwitwet war und die Kinder früh verstorben, konnte er nur als Wohlhabender darauf hoffen, ein junges Mädchen zu heiraten und vielleicht noch Vater zu werden.
    Es ist heute noch so. Und zwar in den Ländern, von denen die Reiseführer das Lied singen, dort sei »die Zeit stehengeblieben«. Vor ein paar Jahren wurde von westlichenJurys ein Hochzeitsfoto zum Bild des Jahres gekürt. Nicht weil es romantisch war, sondern weil es so wunderbar zur Entrüstung taugte. Es zeigte ein frisch verheiratetes Paar im dörflichen Afghanistan, beide im Schneidersitz auf Kissen und Teppichen, sie mit rosafarbener Stola, er in fleckigem Weiß mit Weste und Turban: ein elfjähriges Mädchen neben einem struppigen Vierzigjährigen. Empörend? Serien solcher Fotos hätten vor zweihundert Jahren bei uns gemacht werden können. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer liegt in Afghanistan bei dreiundvierzig, genau wie in Mitteleuropa vor zweihundert Jahren. Dem Mädchen winkt bald ein gutes Erbe.
    Stellt man die geringe Lebenserwartung in Rechnung und das deshalb viel jüngere Heiratsalter bei Frauen, besteht kaum noch ein Unterschied zu aufgeklärten Verhältnissen. Eine ganze Generation Altersunterschied: Das haben Joschka Fischer und Woody Allen, Lorin Maazel und Flavio Briatore, Rupert Murdoch und Rod Stewart, Salman Rushdie und Hubert Burda ebenfalls locker geschafft. Und auch sie
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