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Und wir scheitern immer schöner

Titel: Und wir scheitern immer schöner
Autoren: Dirk Bernemann
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for broken people, würde ein Brite in meiner Lage wohl sagen.
     
    Während meines Theologiestudiums war ich nie Sklave des Zweifels. Ich habe gekifft, gesoffen und gefickt, und Gott fand all das super, weil es mich weiterbrachte. Ich war und bin Gott sehr nah. Dann kam die Überzeugung des Katholizismus in mich. Ich hatte die Vorstellung in mir, ich erreiche durch die katholische Parole 'ne Menge Menschen mit Gottes guten Worten. Soziabilität ins Volk beten wollte ich.
     
    Geweiht wurde ich, und Gott fand auch das gut. Es gab keinerlei Negativemotionen. Gott und ich: A Team for human revolution! Ich erblühte neu, doch in mir eigentlich ein eingeklemmter Grundzweifel.
     
    Dann kam die Erkenntnis und ja, es tat weh. Die Erkenntnis war freiheitsberaubend. Ich fing an zu denken und sah: Scheiße, der Apparat hat mich sich einverleibt. Kein Gebet hilft mehr.
     
    Und jetzt, Jahre später, bin ich in diesem Scheißsystem gefangen. Langsam checke ich meinen Irrtum, mich der organisierten Kirche anvertraut zu haben. Aber raus kann ich auch nicht mehr. Gefangen in meiner christlich-naiven Solomoral.
    Nehme aber meinen Job seit dieser Erkenntnis nicht mehr wirklich ernst, zumindest nicht den offiziellen Kirchenteil, den menschlichen schon.
     
    Bischöfe und Kardinäle mögen keine Freidenker wie mich. Ich bin schon sechsmal versetzt worden. Zuletzt in dieses Bauerndorf.
     
    Mein einziges Glück besteht darin, den Menschen emotional beizustehen und Frau Klose, meine Haushälterin, zu ficken. Wir machen da so 'n Zeug im Sadomaso-Bereich. Nicht nur bloßer Verkehr, sondern ziemlich authentisch gespielte menschliche Erniedrigung. Sozusagen als Ausgleich zu meinem Gutmensch-Sein. Frau Klose versteht mich.
     
    Gestern brauchte wieder eine Familie meine Güte. Deren Kind ist verschwunden. Einzig und allein eine Blutspur und ein kaputtes Fahrrad bezeugen, dass da mal ein Kind war. Aber keine Leiche. Kein Kind. Niemand weiß, ob dieses Geschöpf noch lebt. Die Eltern, der große Bruder, diese Leute betreue ich lieber mit meinen als mit Gottes Worten. Gott hat für diesen Schmerz keine Worte außer so Floskeln wie: «Ey, kein Problem. Verlasst euch auf mich. Geht schon gut. Paradies für alle. Ohne Sorge.» Das ist einfach nicht genug. Diesen Leuten kann ich keine Bibeltexte vorlesen. Ich kann ihre Hände halten und ihre Tränen zählen. Sonst nichts. Trost gibt es für so was nicht.
     
    Ich sitze in der Sakristei und zähle Hostien. Hab mir 'ne Flasche Messwein aufgemacht. Schmeckt nicht, aber schafft Abstand zur Realität.
     
    Bald ist Weihnachten. Dann kommen sie alle wieder und blockieren die Reihen der Kirche. Da sitzen sie dann und starren mich an, und ich will ihnen in ihre Scheißgesichter schreien und ihre Gebisse in den Hals schlagen. Schweine mit Menschenfassade. Und doch sage ich nur «Halleluja!» und «Amen!» und wünsche den Pissern ein frohes Fest. Meine aber eigentlich: Denkt nicht nur an euch, try to think international. Seid gut zueinander. Ich weiß, dass ihr es nicht seid. Ich kenne eure Beichten.
     
    Ich gehe nach Hause. Frau Klose erwartet mich bereits in einem schwarzen Lackkostüm und einer neunschwänzigen Peitsche in der Hand. So steht sie in der Küche und guckt gierig. Es liegt eine sexuell angespannte Stimmung in der Luft. Frau Kloses Blick ist daran schuld und sie bohrt ihn durch meine Netzhäute. Ihre Anwesenheit erregt mich und tackert Flügel an die Phantasie, die losfliegen will, doch von Frau Kloses Gebrüll unterbrochen wird.
     
    Sie schreit mich an, ich solle mich ausziehen. Sie verleiht dieser Forderung mit Schlägen Nachdruck. Ihre kleine, zarte, flache Hand fliegt mir entgegen. Ins Gesicht. Auf die Hände. Frau Kloses Blick ist unerbittlich. Ich öffne meine Hose, ziehe sie runter. Dann verlässt mein weißes Hemd meinen Körper, gleitet auf den Boden. Frau Kloses Blick bohrt sich beständig und trocken in meine Augen.
     
    Ich stehe nackt vor ihr. «Umdrehen!», schreit sie. Ich kehre ihr den Rücken zu. Ich habe eine krasse Erektion und dementsprechend wenig Blut im Hirn. Dann spüre ich, wie etwas Hartes, Kaltes in meinen Enddarm fährt. Es ist ein Dildo. Frau Klose bedient ihn. Er ist sehr leise und neu. Er tut weh. Frau Klose tritt heftig in meine Kniekehlen und ich gehe zu Boden. Der Dildo fährt geräuscharm aus meinem Arsch. Ich schreie kurz auf. «Maul halten!», brüllt Domina Klose und: «Auf den Rücken legen!»
     
    Ich tue, wie mir aufgetragen. Meine lackierte
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