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Und wir scheitern immer schöner

Titel: Und wir scheitern immer schöner
Autoren: Dirk Bernemann
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lebendig, von schwärzester Farbe umkleckert. Unangenehmer als das Sterben selbst.
     
    Dann die Gewissheit: Existenz, Atem, Herzschlag: alles da. Scheiße. Mutters Stimme obendrein.
     
    Sie erzählt mir, dass mein Suizidversuch fehlgeschlagen ist, ich aber blind bin. Die Pistole zu weit vorn am Schädel angesetzt und lediglich die Sehnerven durchschossen.
     
    Die Aussicht auf Erlösung ist mir vorerst genommen und ich bin wieder Mutters Kind. Mir fehlen Paula und der unfertige Mensch. Beide habe ich getötet.
     
    In mir geht ein wirrer Emotionsextremismus ab und meine Wut manifestiert sich schließlich in unsichtbaren Tränen.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Ungeborene Gedanken
     
     
    Da war es. Samenzelle, Eizelle, Unity. Ich entstand. Im Quellwasser des Lebens. Hineingeschleudert. Die Wahrnehmung auf dem Nullpunkt.
     
    Es wuchs. Ich heran. Am Leben teilzunehmen. Lieber nicht. Noch eine Warnung, ausgeschlagen. Ich hatte schon Arme und Beine.
     
    Nur zu sein, ist doch das Allerschönste. Lediglich lieblich zu schwelgen. Fruchtwasserbar. Zweimal bitte, aber mit Eis und Drama. Kommt sofort. Danke. Bitte.
     
    Ein Gefühl von Mütterlichkeit. Die Plattheit des Daseins ist schon viele Stunden alt. Die Zusammenfügung von Ernährung und Bewusstsein.
     
    Gewollt sein? Willkommen sein? Echt sein? Werde ich eine Ausbildungsstelle bekommen? Ich mache mir Sorgen und lache mich aus ...
     
    Meine Eltern. Wind und Wetter. Alles Liebe. Die Innenansicht meiner Mutter sieht ein wenig kaputt aus in den letzten Tagen. Der Schwanz meines Vaters klopft an meinen Kopf.
     
    Kann ich das umkrempeln? Die Mutter nach innen ziehen, mich nach außen? Mal kurz von der Welt kosten? Die Zunge in die Tragik stecken?
     
    Ne, doch nicht. Lieber zurück. Der Lärm da draußen. Nichts für Ungeborenheit. This place is hardcore. Ich bin die nackte Unbekümmertheit.
     
    Lasst mich hier drin! Ärzte und Mütter. Lasst mich denken! Nur denken. Nie will ich handeln. Nichts wissen, außer das hier.
     
    Was ich sehen kann, ist toll, reicht voll und ist so, wie es sein soll. Die menschliche ‹Verpflichtungslosigkeit›. Heute habe ich meine Mutter weinen hören.
     
    Aaaaaaaaaahhhhhhhhhhh, aaaaaaaaahhhhhhhhhh, aaaaaaaaaahhhhhhhhhhh! Ein Fremdkörper quer in meinem Hals. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird mein Dasein revidiert.
     
    Als ich beginne, kommt da ein Ende. Frontal. Ein Ding, zur Auslöschung benutzt. Es ist desinfiziert. Warum wird die Todesspritze desinfiziert?
     
    Seele brennt. Ich bin schon eingestürzt. Man hat es mir genommen, bevor ich es bekam: das verdammte Leben. Ach, wer braucht denn schon ein Leben?
     
    Am Ende bin ich noch als Saft auf einem Laken. Da ist dann Licht und sonst nichts außer Ausgang. Kein erhabenes Irgendwas.
     
     
     
     
     
    Selbstbezichtigungsschreiben
     
     
    Die Welt ist so klein. Jeder kennt jeden. Es ist ein Dilemma. Die Menschen wachsen. Ihre Gehirne sind nicht mehr imstande, all das zu kontrollieren.
     
    Ich habe es getan. Dokumentation der Neuzeit. Ich bin der Täter. Ich bin das Kind. Neu, gierig und naiv.
     
    So, liebe Mäusekinder, das war die Geschichte. Und jetzt alle husch, husch ins warme Bettchen. Morgen ist auch noch ein Tag. Zumindest steht das auf diesem dummen Kalender, der einfach nicht anhalten will.
     
    Eins noch:
     
    Ach, nichts.
     
    Ich danke:
     
    Mir selbst.
     
    Aber auch: Lesern und Bücherregalbesitzern. Und außerdem: Verstehern und Miss-Verständigen. Blickern und Blinden. Kaputten und Fertigen.
     
    Und jetzt alle: WEITERMACHEN!!!
     
     
    ENDE
     
      
     
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