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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
Autoren: Ephraim Kishon
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Nation.«
    Für die Fahrt nahm er keinen Pfennig, sondern half seinem Fahrgast bis zum Haustor.
    Damit begann das Gips-Festival des Ing. Glick.
    Wenn er in einen Laden humpelte, wurde er sofort bedient, die Kellner im Restaurant lasen ihm seine Wünsche von den Augen ab, die Angestellten öffentlicher Dienste umsorgten ihn mit der Hilfsbereitschaft einer Privatkrankenschwester. Jedermann hatte das Bedürfnis, den Dank der Nation, oder wenigstens einen kleinen Teil davon, an ihn abzustatten. Jedermann empfand es als
    persönliche Beleidigung, wenn er für irgend etwas bezahlen wollte.
    Nach einiger Zeit hatte sich Ing. Glick an diesen Zustand gewöhnt. Schwierigkeiten entstanden nur noch dann, wenn die Rede darauf kam, wo er sich seine Verletzung geholt hatte. Glick, der Lügen haßte, reagierte auf detaillierte Fragen nach der syrischen oder ägyptischen Herkunft seiner Wunde in der Regel mit einem müden Lächeln, das ungefähr besagte: »Es gibt Dinge, die ein echter Mann lieber vergißt« oder: »Wozu lange darüber reden.«
    Ende November tauschte er die Krücken gegen einen Stock, aber der weiße Gipsverband leuchtete in alter Pracht vom Knöchel und verschaffte ihm beim Philharmonischen Konzert einen selbst für ihn überraschenden Empfang. Ing. Glick war erst knapp vor Beginn eingetroffen und humpelte den Mittelgang entlang, als das Publikum plötzlich wie ein Mann aufstand und ihm eine donnernde Ovation bereitete. Nach Schluß des Konzerts fand er sich von Autobesitzern umringt, die um die Ehre stritten, ihn nach Hause zu bringen. Nachdem der Gewinner ihn im Wagen verstaut hatte, streckte Glick sein Gipsbein aus und entdeckte auf dem Verband eine Aufschrift, die sein Sitznachbar in der Dunkelheit hingekritzelt haben mußte: »Das Volk steht tief in Ihrer Schuld. Wir danken Ihnen.«
    Allmählich begann die Erinnerung an den wirklichen Verlauf der Dinge in Glicks Gedächtnis zu verblassen. Als ein populärer Schlagersänger, der ihn in einer Hotelhalle sitzen sah, gratis drei Lieder für ihn sang, unterdrückte Glick nur mit Mühe ein Schluchzen.
    »Es war die Mühe wert . ich täte es wieder .«
    Auch für Eier, die in jener Zeit schwer zu bekommen waren, sorgte der Gipsverband. Jeden Montag übergabihm eine freundliche alte Dame an der Haustür einen Korb voll frischer Eier, flüsterte unter Tränen: »Gott segne Sie, junger Mann!« und huschte davon. Nur einmal blieb sie etwas länger stehen, nahm all ihren Mut zusammen und fragte: »Wo wurden Sie verwundet, mein lieber Junge?«
    Und Ing. Glick antwortete: »Am Kanal.«
    Glick überlegt, den Gipsverband auch nach der endgültigen Heilung noch ein paar Monate zu tragen. Am liebsten behielte er ihn für alle Ewigkeit. Oder gar bis zum Abschluß eines Friedensvertrags.

Wie unfair, David
    Der kleine David tötete den riesigen Goliath und erhielt dafür anhaltenden Beifall, da zu Zeiten der Bibel noch keine politischen Kommentatoren in den Medien beschäftigt waren, um seine infame Tat zu analysieren. Angesichts der internationalen Berichterstattung der letzten Jahrzehnte, die das winzige Israel zu einer imperialistischen Großmacht umfunktionierte, machte ich mich freiwillig zum Sprecher des heutigen Salonantisemitismus, um Davids und Goliaths bekannte Geschichte professionell zu fälschen.

Gerechtigkeit für den kleinen Mann
    Die Ereignisse sind zur Genüge bekannt. Nach längeren Manövern auf beiden Seiten hatten die Philister in Sichtweite der israelischen Armee, nahe der Stadt Sochon, Stellung bezogen. Auf dem Höhepunkt der Krise begab sich der philistinische Oberstabswachtmeister Goliath in das Niemandsland zwischen den beiden Lagern, wo er, wir zitieren einen absolut zuverlässigen Bericht, »seine Stimme erhob«, um schwerere Kämpfe und unnötiges Blutvergießen zu verhindern. Ein als Hirte getarnter Angehöriger des Geheimdienstes namens David, ein bekannter Großwildjäger, reagierte darauf mit einem Überraschungsangriff gegen Oberstabswachtmeister Goliath, den er brutal zu Fall brachte und abschlachtete.
    Soweit die Tatsachen.
    Rein militärisch betrachtet, kann der israelischen Aktion eine gewisse Qualität nicht abgesprochen werden. Angesichts der moralischen Botschaft der Zehn Gebote fühlen wir uns jedoch verpflichtet, das Vorgehen Davids und seiner Auftraggeber gründlich zu analysieren, um eine Geschichtsfälschung zu verhindern. Dabei leiten uns keine Haßgefühle gegen das Volk Israel. Im Gegenteil. Wir möchten dem zweifelhaften Ruf
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