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Und sie wunderten sich sehr

Und sie wunderten sich sehr

Titel: Und sie wunderten sich sehr
Autoren: Christina-Maria Bammel
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Richtung: Die alte Weihnachtsgeschichte birgt die Lebensgeschichten von heute. Sie schimmern im Hintergrund der Erzählungen von damals, sie werden in ein anderes Licht gesetzt, wenn man sie mit den alten Texten ins Gespräch bringt. Darum soll es hier gehen.

    Alle Geschichten, die hier erzählt werden, gehören zu den unzähligen Mosaiksteinchen der Geschichte zwischen Gott und Mensch. Die wird natürlich nicht nur an Weihnachten erzählt, aber da ganz besonders: als eine Geschichte etwa von der Dunkelheit, die durchbrochen werden kann, als eine Geschichte, die von einer Neubegegnung schreibt, oder als eine Geschichte, die erzählt, was Versöhnung bedeutet.
    Kurzum: Geschichten, die Rettung und Liebe nicht als religiöse Romantik oder romantisch-überkommene Religiosität erkennen lassen, sondern als das, was sie sind – der Horizont, der weiter reicht als die »real« genannten Fakten.

    Es mag gewagt sein, davon auszugehen, dass auch in 2000 Jahren noch Realisten und Träumer, sowohl vom Leben Versehrte als auch vom Leben Verwöhnte, etwas von der Verwunderung spüren – so wie die ersten Hörer damals in Bethlehem: »Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten.« Die Nachricht vom neuen Anfang, dem Anfang eines Menschen, sie ruft Geschichten, Gefühle, Stimmungen auf.
    Es gibt Menschen, die niemals damit fertig werden herauszufinden und auszuloten, wo sie in dieser Weihnachtsgeschichte ihren Platz haben. Und es gibt Menschen, die fragen nach der Wirklichkeit, die noch kommen soll, und den Möglichkeiten, die schon da sind, wenn es tatsächlich |13| dabei bleibt, dass Gott in der Welt sein will. Anderen ist das gar keine Frage – und doch werden sie mit einem Mal davon eingeholt. Und wieder andere sind irgendwo dazwischen. Von solchen Menschen erzählt dieses Buch.

|14| II
Beziehungsgeschichten
    »Am Anfang war das Wort …« So beginnt der Prolog des Evangelisten Johannes, der in vielen Kirchen weltweit nicht nur zur Heiligen Nacht gehört wird. Mindestens ebenso häufig hören die abendlichen und vielen nächtlichen Besucher im Gottesdienst: »Als alles still war und ruhte und eben Mitternacht war, fuhr dein mächtiges Wort vom Himmel herab …«

    In diesen Worten höre ich ein Zweites; vielleicht ist es das Eigentliche: Am Anfang war Beziehung, denn dafür stehen ja Worte und das Wort; und diese Beziehung wird immer wieder neu entdeckt, neu infrage gestellt, abermals ausprobiert, manchmal gefeiert, manchmal verhöhnt. Am Anfang aller Begegnung versucht einer, den Weg zum anderen zu finden. Ob dann die Brücke zwischen beiden tatsächlich trägt, hält und alle Beteiligten auch noch gemeinsam weiterbringt, bleibt die offene Frage. Nur der Anfang ist bekannt: Beziehung.
    Am Anfang war ein Gott, der nicht relationslos bleiben wollte, sondern ein Beziehungsangebot wagte – sich selbst als hilfloses Kind.
    Welcher Art sind die Beziehungsangebote, die wir machen oder die wir empfangen? Welcher Art waren die Beziehungen, die in unseren Lebensanfängen aufblühten oder vielleicht am Blühen gehindert wurden? Manch einem mag das Wort von der Beziehung zu technisch oder zu alltäglich klingen. An der Sache ändert es nichts: Indem wir auf einen anderen bezogen sind, sind wir menschlich, mag diese Bezogenheit glücken oder scheitern. Ganz so wie der biblische Gott des Alten und Neuen Testaments, der nichts anderes sein möchte als bezogen auf seine Schöpfung und die, die in |15| ihr leben. Wie Beziehungen scheitern oder glücken, wie sie entstehen oder nie zustande kommen, davon erzählen die Menschen – Söhne, Töchter, Mütter – im Spiegel der einen Beziehung zwischen göttlichem Himmel und menschlicher Welt, deren Urdatum eine Geburtsgeschichte ist.
    Man kann noch ärmer dran sein als das Jesuskind
    Jakob zeugte Josef,
    den Mann der Maria,
    von der geboren ist Jesus,
    der da heißt Christus.
    Matthäus 1,6

    Wir feiern Weihnachten auch mit unseren Toten. Wir feiern mit denen, die vorausgegangen sind, auch wenn wir sie vielleicht nie kennen gelernt haben. Der mir das erzählt, hat ein Leben lang versucht, ein Maß für die Weite dieses Weges zu seinen Toten zu finden. Es ist die Geschichte einer Sehnsucht. Diese Sehnsucht ist nicht immer gleich stark. Mal sind die, die fehlen, uns näher, mal ferner.
    So beschreibt es jedenfalls der Mann, Ende 60, der sich heute wirklich und von Herzen darüber freut, dass sein eigener Sohn Elternzeit nimmt. Er freut sich, dass
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