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Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Titel: Und Rache sollst du nehmen - Thriller
Autoren: Craig Robertson
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fixierte das einzelne Ende einer Bandnudel und versuchte, dem Faden mit den Augen zu folgen, verlor ihn aber bald. Ich stellte mir vor, wie sein Weg verlief, wie er sich um die anderen Nudeln wand und flocht. Ein Arrabiata-Irrgarten, ein Tagliatelle-Labyrinth.
    Ihre Worte nahm ich kaum wahr, keine einzige Silbe kam bei mir an. Ich war absolut konzentriert.
    Ich musste das andere Ende dieses Fadens finden.
    Also wählte ich ein Ende aus, das mir ein guter Kandidat zu sein schien, gabelte die Nudel auf und zog. Mein Kandidat schlängelte sich ein wenig hin und her, aber ich hatte nicht das richtige Ende erwischt. Ich war unzufrieden.
    Ein älterer Herr, um die sechzig wahrscheinlich, machte einer Kellnerin die Hölle heiß. Seiner Ansicht nach hatte die Rechnung zu lang auf sich warten lassen, und jetzt zwang der jämmerliche alte Arsch das Mädchen, zum dritten Mal um Vergebung zu bitten. Das Trinkgeld konnte sie offensichtlich abschreiben. Der wäre mir auch recht. Falls er nicht zum ersten Mal hier war, würde es vielleicht auf ihn hinauslaufen. Fände ich gut.
    Sie meinte, dass sie lieber keinen Nachtisch essen sollte, und bestellte sich ein Tiramisu. Es sah lecker aus.
    Ich trank einen Espresso.
    Bald war es so weit. Ich wurde langsam nervös. Mein Herz raste, meine Gedanken irrten hierhin und dorthin. Vielleicht ein Buchhalter? Ein Immobilienmakler wäre
mir sehr recht. Vielleicht auch ein Verkäufer. Banker, Bäcker, Kerzenzieher. Was auch immer.
    Sie pickte die Krümel ihres Desserts auf. Nicht mehr lang, dann würde ich es wissen.
    Ein paar letzte Worte klatschten gegen meinen Schild, als ich dem Kellner winkte. Das Mädchen, das von dem alten Sack zur Sau gemacht worden war, brachte die Rechnung, und ich schenkte ihr mein wärmstes Lächeln. Man ist ja kein Unmensch.
    Ich zahlte, natürlich in bar, und gab Trinkgeld. Nicht zu viel, nicht zu wenig.
    Auf dem Tischchen neben der Tür standen zwei gläserne Schalen. In der einen lagen Pfefferminzbonbons, in der anderen Visitenkarten, und neben dieser Schale war auf einem kleinen Pappschild zu lesen: Hinterlassen Sie Ihre Visitenkarte und gewinnen Sie ein kostenloses Abendessen für zwei in unserer monatlichen Ziehung.
    Zufall über Zufall, dachte ich. Eigentlich verabscheute ich Tautologien.
    Ich griff mit der linken Hand in die Schale mit den Bonbons und nahm mir zwei, die Rechte steckte ich in die Schale mit den Visitenkarten. Aber ich hinterließ keine Karte. Ich grub mich tief hinein und holte eine heraus.
    Jonathan Carr. Kanzlei Salter, Fyfe and Bryce. 1024 Bath Street.
    Perfekt. Eigentlich spielte es keine Rolle, wer er war oder welchem Beruf er nachging. Aber es war perfekt.
    Wir verließen das Restaurant.

2
    Beim Reden fuchtelte er theatralisch mit den Armen, er forderte Aufmerksamkeit, er zog die Blicke auf sich. Der fette Kerl gegenüber kroch ihm in den Hintern und stimmte in sein Lachen ein.
    Wenn ich ihn überhaupt mal anschaute, dann im Spiegel. Ich reflektierte. Und hörte zu.
    Jetzt lästerte er über einen Klienten, den er übervorteilt hatte. Er verhöhnte die Idioten, die er vertrat, begutachtete das Mädchen hinter der Bar und gab zum Besten, was er alles mit ihr anstellen würde. Außerdem prahlte er mit einer Rothaarigen namens Amanda, die schon so einiges mit ihm angestellt hätte.
    Mittlerweile wusste ich, dass seine Frau Rebecca hieß und dass sie blond war. Sie hatten keine Kinder. Aber das war längst noch nicht alles, was ich wusste.
    Seine Sekretärin hieß Pippa. Er fuhr einen Audi TT und einen Range Rover. Die Schildchen an der Gegensprechanlage hatten mich über die Namen seiner Nachbarn informiert: Morrison, Kemper/Astle,Wightman, Moore.
    Er trank am liebsten Champagner oder Importbier. Er stand auf Tapas. Verkäufer der Obdachlosenzeitung Big Issue ignorierte er konsequent. Er sagte ständig »cool«. Einmal die Woche stattete er Hot Legs, einem Stripclub in der Merchant City, einen Besuch ab. Zweimal hatte
ich gesehen, wie er einen Massagesalon bei St. Enoch’s betrat.
    Zum Mittagessen war er meistens hier, im Corinthian, abends war er im Tiger Tiger, nachts war er in seiner hippen Wohnung am Ufer des Clyde. Mir war das alles egal.
    Eine stilvolle Fassade mit nichts dahinter, das war Jonathan Carr. Ein teurer Nadelstreifenanzug. Eine Brille, die nach »Designer« aussah. Schuhe, für die er eigentlich zu alt war. Gefärbtes, gegeltes Haar. Carr war Ende dreißig und wollte Anfang zwanzig sein. Nicht mein Typ.
    Ich war ihm
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