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Und ploetzlich bist du jemand anders

Und ploetzlich bist du jemand anders

Titel: Und ploetzlich bist du jemand anders
Autoren: Christian Tielmann
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obwohl die Jury gesagt hat, dass keine Band eine Zugabe geben darf. Jeder nur ein Stück. Das war die Verabredung.
    Lea macht das Bühnenlicht wieder an.
    Paul und Dave kommen zu Sten.
    „Hey, Mann, das ist dein Sieg!“, sagt Dave.
    Der tosende Applaus verschluckt seine Stimme fast.
    Sten muss ihm ins Ohr schreien, damit Dave ihn hören kann: „Unser!“
    „Dein Song, dein Applaus!“, erwidert Dave.
    Sie verbeugen sich.
    Endlich mal wieder ein richtig guter Augenblick.
    Sten badet im Applaus. Könnte er jeden Tag haben.
    Links von Sten steht Dave. Rechts Paul. Sie verbeugen sich noch einmal gemeinsam.
    Sten späht nach ganz hinten.
    Theo, wenn er es echt war, ist abgehauen.

9.
    Was für eine Party.
    Immer wieder haben sie es sich zugerufen:
    „The winner is …
    Behind the darkness!“
    Sten, Dave und Paul. Die Band ohne Drummer hat den Schülerband-Wettbewerb gewonnen. Und das, obwohl Theo nicht dabei war – oder gerade weil Theo nicht dabei war? Oberstudienrat Jakobi hat in der Begründung ausdrücklich gesagt, dass auch der Text und die Aussage in die Bewertung eingeflossen seien.
    Anschließend war noch die übliche Party: DJ Fluffi hat aufgelegt und von der Unterstufe bis zur Oberstufe haben alle getanzt.
    Lea war immer in Stens Nähe. Sie gehört ja jetzt fast zur Band. Als Lichttechnikerin.
    „Schade, dass du nicht Schlagzeug spielst!“, hat Sten ihr ins Ohr gebrüllt.
    Lea hatte genickt, gelacht, getanzt.
    Jetzt stehen sie vor der Schule.
    Die vier Sieger.
    Die Nacht ist schwül. Nicht sehr angenehm, wenn man so verschwitzt ist. Sten nimmt einen tiefen Zug vom Asthma-Spray.
    „Nächste Woche ist das Konzert im Club 71“, sagt Dave. „Besprechen wir am Sonntag die Songliste?“
    Paul und Sten nicken.
    Lea steht dabei.
    Paul und Dave, irgendwie müsst ihr euch jetzt mal ganz schnell verziehen, denkt Sten.
    Dave kapiert das sogar gleich. „Wir gehen dann mal.“
    Paul bleibt stehen und grinst in die Nacht.
    „Paul, komm wir gehen nach Hause! Hier lang!“, sagt Dave.
    Paul glotzt Sten an. „Kommst du nicht mit?“
    „Jetzt frag halt nicht so saublöd!“, sagt Dave und zieht Paul mit sich.

    Lea starrt verlegen auf ihre Fußspitzen.
    „Ich bring dich noch nach Hause“, sagt Sten.
    Sie nickt.
    Sten würde gerne ihre Hand nehmen. Würde sie gerne festhalten. Aber er hat Angst, etwas zu zerbrechen, was gerade erst wächst. Und es ist auch schön, einfach so neben Lea durch den Abend zu gehen. Vielleicht ist ein Leben ohne Lea doch viel schwerer vorstellbar, als er dachte.
    „Du hast uns gerettet“, sagt Sten.
    „Dein Song hat euch gerettet“, sagt Lea.
    „Aber ohne Mikroanlage wäre der schönste Song nicht zu hören.“
    Plötzlich geht Lea langsamer.
    Da steht jemand. Am Ende des Bolzplatzes. Lehnt sich lässig an den Torpfosten.
    Lederjacke. Schwarzer Kapuzenpulli. Die langen Haare zum Zopf gebunden.
    „Hi.“
    „Hallo, Theo“, sagt Lea. „Ich geh dann mal …“
    „Nein, bleib ruhig“, sagt Sten.
    „Ich glaube, das ist jetzt was zwischen euch beiden“, sagt Lea.
    Theo schweigt.
    Will Lea echt nicht dabeibleiben?
    „Ich brauch ihn nur kurz“, sagt Theo entschuldigend zu ihr.
    Lea nickt. Läuft weiter.
    „Warte auf mich!“, ruft Sten ihr nach.
    Theo sieht Sten an.
    Sten wird nervös. Was will er? Sich duellieren? Sich bedanken? Ihm eine reinhauen? Oder kommt er doch noch zurück in die Band?
    „Was sollte das?“, fragt Theo.
    Also hat er den Song eben doch gehört.
    „Ich singe, was ich will.“
    „Klar, hast ja auch groß abgeräumt. Hast den Mega-Applaus gekriegt und mit Sicherheit habt ihr den Preis gewonnen. Du kriegst deinen Auftritt im Club 71. Und Lea obendrein. Wenn du dich nicht ganz dämlich anstellst.“
    Woher kommt diese Kälte in Theos Stimme? Warum ist er so aggressiv? Sten hat doch nur einen Song geschrieben. Und irgendwie war der Song doch auch ein Freundschaftsbeweis. Sollte er jedenfalls sein.
    „Hast du dir schon mal überlegt, wie das für mich ist? Du bist der Star. Ich bin das Opfer.
    Ich bin der Volldepp, der zu einer bösen, bösen Sekte läuft. So denkt das jetzt jeder Giftzwerg in dieser beschissenen Schule!“ So hasserfüllt kennt Sten Theo gar nicht.
    Sten hört zu. Nein, das hat er so nicht gemeint. Und darüber, wie Theo sich fühlen könnte, hat er echt nicht nachgedacht.
    Eigentlich hat er nur an sich gedacht. An sein Gefühl. An sein Problem. Und an die Band. Schon auch an Theo, dass er ja vielleicht doch noch mal zurückkommen
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