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Und manche liebe Schatten steigen auf

Und manche liebe Schatten steigen auf

Titel: Und manche liebe Schatten steigen auf
Autoren: Carl Reinecke
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Künstlerstolz hervorkehren. Als er einst eine Einladung zum Souper bekam mit der Bemerkung, dass er doch seine Geige mitbringen möge, antwortete er „Moi, je viendrai avec plaisir, mais quant à mon violon, il ne soupe jamais“. Als ich ihn dann im Jahre 1849 in Leipzig wieder sah, war er viel ernster geworden. Dort schrieb er in dem damaligen Hotel de Bavière sein Fis-moll Konzert, seine bedeutendste und eine auch wirklich bedeutende Komposition. Dann saß er trotz hellichten Tages bei verhangenen Fenstern und arbeitete bei Kerzenschein, und in seinem ganzen Wesen lag etwas Visionäres.
    Am 11. März 1849 spielte er es zuerst im Gewandhause.
    Noch einmal begegnete ich ihm, einige Jahre später, in Köln. Da war er schon der halb gebrochene Mann, als welcher er sich bald darauf nach Nizza zurückzog, wo er am 14. Oktober 1865 seinem schweren Leiden erlag.
    Als ich seinen Tod erfuhr, musste ich unwillkürlich an die schönen Zeilen von Wilhelm Hauff denken:
     
    „Und wird dir einst die Nachricht zugesandt,
    Dass zu den Vätern ich versammelt wäre,
    So trink und sprich: 'Ich hab' ihn auch gekannt',
    Mach hier ein Kreuz und gib mir eine Zähre.“
     
     
     
     
     
     

Robert Schumann
     
     

   E.T.A. Hoffmann, der einst so viel gelesene, jetzt beinahe vergessene Phantast hat unter seinen Phantasiestücken in Callots Manier auch eines, welches er „Kreisleriana“ benannt hat und in welchem er von Johannes Kreislers, des Kapellmeisters, musikalischen Leiden und anderem erzählt. Johannes Kreisler wird als ein genialer Sonderling geschildert, der trotz seines hyperromantischen Wesens ein fanatischer Verehrer Johann Sebastian Bachs ist, und der sich selber am Schlusse seines Briefes als „Capellmeister, wie auch verrückter Musikus par excellence“ unterzeichnet. Hoffmanns immerhin ergötzliche Schilderung dieses originellen Musikmenschen muss auch auf Robert Schumann, der in seinen jungen Jahren allem Phantastischen sehr zugänglich war, einen großen Reiz ausgeübt haben, denn er benannte eines seiner allerschönsten Klavierstücke (geschaffen im Jahr 1838) „Kreisleriana“. Es ist Chopin gewidmet. Als Knabe erhielt ich dieses Werk sehr bald nach seinem Erscheinen geschenkt. Auf dem Titelblatte dieser ältesten Ausgabe, die jetzt äußerst selten ist, sieht man den unglücklichen Kreisler am Klavier sitzen; ein Teufel, umgeben von anderen scheußlichen Fratzen, hat ihn mit seiner Krallenfaust an der Stirn gepackt, während auf der anderen Seite holde Engelsgestalten und Vöglein ihm liebliche Weisen vorzusingen scheinen. Jede der acht Phantasien, welche die „Kreisleriana“ enthalten, ist mit einer kleinen stimmungsvollen Vignette geschmückt, und es ist höchst wahrscheinlich, dass Schumann diese Ausstattung selbst veranlasst und in detaillierter Weise angeordnet hat; denn er legte stets großen Wert auf eine Ausstattung, die geeignet war, gewissermaßen die Stimmung des Werkes anzudeuten. Genannte „Kreisleriana“ waren das erste Werk, welches ich von dem damals noch wenig bekannten und ebensowenig anerkannten Komponisten kennen lernte. Es warf sofort einen Funken in meine musikalische Seele, der, als ich mehrere Jahre später sein berühmtes Klavierquintett kennen lernte und endlich gar die allererste Aufführung der Peri unter des Meisters eigener Leitung in Leipzig hörte, zu hellen Flammen der Begeisterung aufloderte. Begreiflich ist es, dass ich von da an alle seine Werke mit Vorliebe kultivierte, und dass ich stolz und glücklich war, als es mir schon während meines ersten Aufenthaltes in Leipzig (von 1843 bis 1846) vergönnt war, seine persönliche Bekanntschaft zu machen und häufiger mit ihm zusammen sein zu dürfen. Während Felix Mendelssohn-Bartholdy (der zu jener Zeit auch – mit kurzen Unterbrechungen – in Leipzig lebte) sehr ausgiebig war und mit klaren Worten scharfe, aber treffliche Kritik zu üben verstand, so dass man in einer Viertelstunde Winke und musikalische Weisheitsregeln fürs ganze Leben einheimsen konnte, zeigte sich Schumann im Allgemeinen wenig mitteilsam. Dagegen war er im persönlichen Verkehr mit dem strebenden Kunstjünger zutraulicher und aufmunternder als jener, der freilich auch durch die unglaubliche Menge der ihn Umdrängenden zu einer gewissen Reserve gezwungen sein mochte. Es war Schumann höchst wahrscheinlich zu Ohren gekommen, dass ich ein glühender Verehrer seiner damals noch so viel geschmähten Werke sei, und das mag vielleicht mit dazu
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