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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)
Autoren: Hans Rath
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katastrophal langweilig gewesen, dann hätten wir uns wahrscheinlich das ganze Programm angesehen.»
    «Das war mir vorher klar», entgegnet Anastasia. «Ich kenne den Zauberer aus Madrid und finde ihn gänzlich unbegabt. Wussten Sie, dass er sich ernsthaft für den wiedergeborenen Buatier de Kolta hält?»
    Ich merke auf. Einen Wiedergeborenen wähne ich auch hier am Tisch.
    «Dann ist er also nicht nur unbegabt, sondern obendrein ein Spinner», bemerkt Reiter.
    Frau von Haffenberg lächelt milde und schweigt. Sie ist gerade damit beschäftigt, ihr Blatt zu teilen.
    «Glauben Sie an Reinkarnation?», frage ich beiläufig.
    «Also ich nicht», erwidert die alte Dame. «Ich finde es tröstlich, dass das ganze Elend hier irgendwann mal ein Ende hat.»
    «Geht mir ähnlich», stimmt mein Wiener Kollege zu. «Außerdem stehe ich als Wissenschaftler solchen Dingen ohnehin eher skeptisch gegenüber.»
    «Das war bei mir genauso», sage ich. «Bis ich Gott getroffen habe.»
    Reiter, der gerade im Begriff ist, eine neue Karte zu ordern, hält inne. «Nanu. Was kommt jetzt? Eine Erweckungsgeschichte?»
    «Einer meiner Patienten hielt sich für Gott …»
    «Oh! Interessanter Fall», wirft Reiter ein, während Frantisek mit gleichgültiger Miene den neuerlichen Sieg der Bank verkündet: «Black Jack.»
    «Er hat leider vor einer Weile das Zeitliche gesegnet …», fahre ich fort.
    «Oh? Gott ist tot? Wie das?», wirft Reiter amüsiert ein.
    «Mein Patient ist tot», korrigiere ich sachlich. «Aber ich gebe zu, er hat mich zuvor davon überzeugt, dass er Gott war.»
    Die Köpfe meiner beiden Mitspieler drehen sich synchron zu mir.
    «Es stimmt», sage ich und nicke nachdrücklich. «Es klingt verrückt, aber ich bin sicher, dass ich Gott habe sterben sehen. Glücklicherweise spricht einiges dafür, dass er wiedergeboren wurde.»
    «Sie meinen, dem Grab entstiegen?», wirft Reiter erneut ein.
    «Nein, das nicht», erkläre ich. «Ich vermute, er wird in einem Menschen wiedergeboren. Es ist so eine Art Seelenwanderung.»
    «Das klingt wirklich ein bisschen verrückt», bemerkt die alte Dame.
    «Und es wird noch viel verrückter», fahre ich fort. «Ich glaube nämlich, dass mein Wiener Kollege die Reinkarnation Gottes ist. Nein, ich glaube es nicht nur, ich würde sogar darauf wetten, dass er noch vor ein paar Tagen Abel Baumann war.»
    Stille. Frantisek blickt irritiert in die Runde. Er hat das Spiel unterbrochen, denn ihm ist aufgefallen, dass gerade eine seltsame Stimmung herrscht.
    Reiter mustert mich aufmerksam.
    «Sie haben einen seltsamen Humor», höre ich Anastasia sagen.
    Immer noch schaut Reiter mich an.
    «Man hat mir gesagt, dass ich diese Reise als einen Wink Gottes begreifen soll», sage ich. «Und? Haben Sie mir ein Zeichen gegeben, Professor?»
    Reiter runzelt die Stirn. «Ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen, Dr. Jakobi.» Er steigt vom Hocker, nimmt sein Sakko und zieht es über. «Sie entschuldigen, aber ich bin im Urlaub. Ich habe tagtäglich mit Verrückten zu tun. Wenigstens in den Ferien möchte ich normale Gespräche mit normalen Leuten führen. Adieu.» Er nickt mir zu, haucht Frau von Haffenberg einen Kuss auf den Handrücken und geht rasch davon.
    Die alte Dame wartet einen Moment, dann fragt sie: «Möchten Sie Gott hinterherlaufen, oder spielen wir noch eine Runde? Ich persönlich habe ja nichts gegen Verrückte.»
    Ich überlege, ob ich Reiter tatsächlich folgen soll. Seine ebenso ehrliche wie schroffe Reaktion hält mich davon ab. Ich habe mich offenbar geirrt.
    Schon will ich mich wieder dem Spiel zuwenden, da fällt mir etwas auf. «Wieso kennen Sie eigentlich diesen Zauberer?», frage ich Anastasia. «Und woher wissen Sie von der Sache mit der Reinkarnation Buatier de Koltas?»
    Sie sieht mich prüfend an. «Sie werden es nicht glauben, aber ich kenne sogar einen Abel Baumann. Sicher ein Zufall. Ich vermute, den Namen gibt es tausendfach.»
    «Ich meine einen Zirkusclown, der in Wahrheit ein großer Zauberer war.»
    Sie zieht an ihrer Zigarettenspitze. «Dann meinen wir doch den gleichen.»
    Der Satz hallt nach. Schweigen. «Schade, dass er tot ist. Ich kannte ihn nicht sehr gut. Außerdem ist das schon eine Ewigkeit her. Ich habe früher einen Zirkus besessen», sagt sie und leert ihren Brandy in einem Zug. «Ich befürchte, damit passe ich ganz gut in Ihre seltsame Theorie, oder? Vielleicht bin ich ja … Gott.»
    Ich starre sie an. Anastasia nimmt ihre Handtasche und erhebt sich. Sie
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