Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)
Autoren: Hans Rath
Vom Netzwerk:
Gott mag Zauberei. Reiter könnte die Wiedergeburt von Buatier de Kolta sein. Und dass er zufällig Psychologe ist, obendrein in Wien, wo einer der größten Psychologen aller Zeiten wirkte, und meinen Vater verehrt, ist ziemlich typisch für Gottes Humor. Nebenbei hat Reiter offensichtlich meine Nähe gesucht, zumindest ging das Gespräch von ihm aus.
    Ich beschließe deshalb, Gott in Gestalt von Albert Reiter aus der Reserve zu locken. Ich werde dem Wiener Psychologen anbieten, dass wir morgen nach einem langen, gemeinsamen Essen zusammen in die Zaubershow gehen und danach noch ins Casino. Das Angebot ist bewusst aufdringlich. Reiter müsste allein deshalb ablehnen, weil zu befürchten ist, dass ich für den Rest der Reise wie eine Klette an ihm hänge. Wenn er dem Plan also zustimmt, spricht das für meine Theorie, dass ich einen alten Bekannten vor mir habe, der sich einen Spaß daraus macht, mich an der Nase herumzuführen. Gott nämlich. Der Gedanke daran, dass er am Leben ist, vertreibt mit einem Schlag die leise Melancholie, mit der ich diese Reise angetreten habe.
    «Großartiger Plan!», tönt Reiter, als ich ihm am nächsten Tag meinen völlig übergriffigen Vorschlag unterbreite. «Danach spendiere ich uns dann aber auch noch eine Cohiba und einen schönen großen Brandy in der Smoker’s Lounge.»
    Reiter spricht beim Essen über seine fast drei Jahrzehnte währende Ehe, die seiner Meinung nach nur deshalb glücklich und beständig ist, weil die beiden sich möglichst selten sehen. Seine Frau ist Galeristin und hat viel in New York zu tun. Zum gemeinsamen Urlaub wird sie in Miami zusteigen.
    «Wie heißt Ihre Frau?», frage ich. «Nicht zufällig … Maria?»
    Er wirkt verwundert. «Nein. Aber Magdalene. Wie kommen Sie denn auf Maria?»
    «Nur so», lüge ich.
    Irritiert nippt er an seinem Wein.
    Vor dem Eingang des Theaters ist ein Plakat mit dem Bild von Buatier de Kolta zu sehen. Reiter bleibt stehen und mustert es. Ich warte geduldig. Unmöglich, dass meinem Wiener Kollegen die Ähnlichkeit nicht auffallen könnte.
    «Hässlicher Kerl», urteilt Reiter schließlich und stapft ins Theater.
    Die Zaubershow ist ein bisschen langweilig, vor allem wenn man bedenkt, dass sie einem der größten Zauberer aller Zeiten gewidmet ist. Ich sehe jedenfalls in der ersten Hälfte der Show keinen einzigen Trick, der mich aus den Socken haut.
    Mein Begleiter urteilt noch viel gnadenloser. «Diesen Amateur würde ich ja nicht mal beim Kindergeburtstag auftreten lassen», wettert Reiter und nippt an seinem Pausenbrandy. «Wollen wir nicht gleich ins Casino gehen und uns die zweite Hälfte einfach sparen?»
    Ich nicke erfreut. Mir steht auch nicht der Sinn nach noch mehr lahmen Zaubernummern, außerdem habe ich längst erfahren, was ich wollte: Albert Reiter hat allerhöchste Ansprüche, wenn es um professionelle Zauberei geht. Fast so, als wäre er selbst mal ein Zauberprofi gewesen, denke ich und folge ihm ins Casino.
    Wir treffen dort alte Bekannte. Frantisek steht am Black-Jack-Tisch und teilt aus. Vor ihm sitzt die Dame mit der leeren Zigarettenspitze, neben ihr der dauermüde Barmann.
    «Ich habe Sie beide schon sehnsüchtig erwartet», sagt die Lady mit einem vornehmen Lächeln. Sie trägt ein ebenso extravagantes Kleid wie gestern, die schmalen Lippen sind dezent geschminkt. Wahrscheinlich ist sie bereits über siebzig, aber man sieht ihr immer noch an, dass sie einmal atemberaubend schön gewesen ist.
    «Ich musste sogar diesen Kretin an den Tisch holen, um überhaupt spielen zu können», erklärt sie und meint offensichtlich den Barkeeper, der ihre Beleidigung aber nicht verstanden hat, denn sein Gesichtsausdruck ist so trüb wie immer. Sie drückt dem Kerl ein paar Jetons in die Hand. «Thank you very much. And would you be so kind to bring me another brandy?»
    Der Barkeeper macht sich rasch davon.
    «Habe die Ehre, gnädige Frau.» Albert Reiter begrüßt die Dame mit einem Handkuss.
    Weil ich nicht unhöflich sein möchte, schließe ich mich an. «Jakob Jakobi.»
    «Dr. Jakob Jakobi», ergänzt Reiter. «So viel Zeit muss sein, Herr Kollege.»
    «Anastasia von Haffenberg», erwidert sie. «Aber lassen Sie uns nicht zu viel Zeit mit Formalitäten verplempern. Ich möchte lieber spielen.»
    Reiter nickt. Der Wunsch einer Dame ist ihm Befehl. Also setzen wir uns, und Frantisek teilt aus.
    «Sie haben Glück, dass wir so früh gekommen sind», sagt Reiter nach einer Weile. «Wäre die Zaubershow nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher