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Und Freunde werden wir doch

Und Freunde werden wir doch

Titel: Und Freunde werden wir doch
Autoren: Sabine Jörg
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Zimmer denkt, mit Spielzeug vollgestopft... Doch Felipe ist vergnügt. Es liegt sogar Stolz in seiner Stimme, als er sagt: »Das ist mein Zimmer, für mich ganz allein. Ronni und Patricio müssen sich ein Zimmer teilen.«
    »Ach so«, antwortet Sandra nur. Sie würde das andere Zimmer auch gerne sehen, aber sie traut sich nicht zu fragen. Statt dessen sagt sie: »Hast du noch einen Bruder?«
    »Ja, klar, Patricio ist der Älteste, macht schon eine Lehre. Dann kommt Ronni, und dann komme ich. Ich bin erst acht, aber ich spreche das beste Deutsch, und ich will auch nicht nach Chile zurück.«
    Aus der Küche ruft Felipes Mutter. Sie hat Kaffee gekocht und Sandra auch eine Tasse hingestellt, so als wäre Sandra erwachsen. »Dime solamente Marie«, sagt sie zu Sandra. »Ich bin Marie.« Ihr Lächeln geht nicht nur vom Mund aus, sondern auch von den schwarzen strahlenden Augen. Dieses Strahlen, denkt Sandra, das hat Ronni von seiner Mutter.
    Marie trinkt ihren Kaffee. Sie spricht mit Felipe, und dann versucht sie es auf deutsch: »Komm wieder. Ich geh arbeiten.«
    Wieder übersetzt Felipe bereitwillig: »Meine Mutter will dir sagen, du sollst öfter mal kommen. Sie muß jetzt leider gehen, zum Putzen, verstehst du?«
    Ja, natürlich, Sandra versteht. »Und du?« fragt sie Felipe. »Bleibst du allein?«
    Felipe lacht: »Ich gehe ein paar Häuser weiter, zu Alberto. Komm doch mit!«

2

    Sandra hat ein schlechtes Gewissen und weiß nicht, warum. Na ja, mindestens einen Grund gibt es schon: Sie hat ihrer Mutter gesagt, sie ginge zu Hanna. Statt dessen sitzt sie in einer Art Fernfahrercafé, mit einem fast fremden Kind, ohne einen Pfennig Geld.
    Felipe muntert Sandra auf: »Hier kannst du ganz normal sein. Alberto ist nett. Der mag Kinder.«
    Wie zur Bestätigung stellt Alberto genau in diesem Augenblick zwei Eisbecher auf den Tisch. Sandra erschrickt: »Aber ich habe gar kein Geld dabei«, stammelt sie und sieht Felipe hilfesuchend an. Felipe beruhigt sie: »Das geht schon in Ordnung.«
    Wo Felipe nur sein Selbstbewußtsein her hat? Sandra fühlt sich fast kleiner als dieser um fünf Jahre jüngere Bub. Sie senkt den Blick auf das Eis. Felipe beugt sich über den Tisch und flüstert: »Wenn du schweigen kannst, verrate ich dir ein Riesengeheimnis.«
    Sandra horcht auf. Vielleicht was von Ronni?
    So beiläufig wie möglich antwortet sie: »Ja, klar kann ich schweigen!«
    Felipe macht es spannend. Genüßlich läßt er das Eis auf der Zunge zergehen, und als Sandra ihn antreibt: »Jetzt erzähl schon!«, ist er richtig zufrieden.
    Endlich beginnt er: »Du weißt doch, daß wir aus Chile kommen. Patricio will unbedingt wieder zurück. Mama und Papa auch, aber Patricio sagt immer, daß er das schlimmste Heimweh von allen hat. Darum will er wieder nach Valparaíso. Das finde ich blöd. Ich will nicht mehr nach Chile, ich will hierbleiben.«
    Felipe beugt sich noch weiter über den Tisch und spricht ganz leise weiter: »Einmal habe ich gehört, wie Mama gesagt hat: >Er müßte eine Freundin haben.< Da ist mir die Idee gekommen: Ich suche eine Freundin für Patricio. Dann will er immer hierbleiben.« Felipe sieht Sandra erwartungsvoll an, aber Sandra lacht laut los:
    »Wie stellst du dir das denn vor?« prustet sie heraus. »Du hast Einfälle!«
    Felipe fühlt sich nicht ernst genommen. Heftig rührt er in seinem Eis herum, bis alles Brei ist. Nach einer Weile sagt er patzig: »Du hast ja überhaupt keine Ahnung«, und dann wechselt er das Thema: »War Ronni heute nicht in der Schule?«
    Sandra zögert, aber dann sagt sie es: »Nein, seit drei Tagen ist er nicht mehr dagewesen.«
    Vor Staunen bleibt Felipe der Mund offenstehen. »Seit drei Tagen?« Er sieht Sandra fassungslos an.
    Da erst begreift Sandra, daß sie Ronni verraten hat. Ohne es zu wollen, hat sie ihn verpetzt. Schnell versucht sie, es wieder gutzumachen: »Ja, also, vielleicht habe ich ihn nur nicht gesehen. Wir sind ja achtundzwanzig Schüler in der Klasse. Kann sein, daß ich ihn nicht bemerkt habe.«
    Aber das nimmt Felipe ihr nicht ab. Er lacht Sandra frech ins Gesicht und fragt spöttisch: »So?«
    Sandra spürt, wie sie rot wird. Unsicher dreht sie sich zu Alberto herum. Der merkt, daß Sandra gehen möchte, und sagt: »Schön, daß du da warst. Das Eis habe ich spendiert.« Sonst sagt Alberto nichts. Und weder Sandra noch Felipe ahnen, daß er mehr über Ronni weiß als sie beide zusammen.
    Felipe beobachtet Sandra aufmerksam, die ein scheues »Danke« murmelt.
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