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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein
Autoren: Roman Rausch
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die Hängelampe nahe an die Zunge heran und hob sie mit der Pinzette an.
    «Die Zunge ist sauber vom Mundboden abgesetzt worden», sagte er in ruhigem, professionellem Ton. Eine gewisse Anerkennung schwang in seiner Stimme mit.
    Michaelis, sichtlich an einer schnellen Abwicklung der Untersuchung interessiert, unterbrach ihn. «Und was sagt uns das?»
    An Dragans statt antwortete Levy. «Es ist ein erster Hinweis darauf, dass ein Anfänger sich wahrscheinlich nicht so viel Mühe gegeben und die vordere Zungenhälfte zurückgelassen hätte. Der Vorgang des Herausschneidens ist technisch anspruchsvoll, da man vom Hals her versucht, die Zungengrundmuskulatur komplett zu durchtrennen. Der Anfänger würde die Zunge etwa in der Mitte quer durchschneiden, weil er mit dem Messer nicht weit genug hineinkommt.»
    Die Michaelis ging nicht darauf ein, blickte Levy kurz in die Augen und signalisierte damit, dass sie auf seinen Beitrag keinen Wert legte.
    Levy nahm es zur Kenntnis. Was konnte sie ihm schon anhaben? Er war von seinem ehemaligen Gruppenleiter Demandtoffiziell für diesen Fall eingesetzt worden. Da konnte sich die Michaelis drehen und wenden, wie sie mochte. Wenn etwas im Zuge dieser Ermittlung schief ging, konnte er zumindest für sich in Anspruch nehmen, dass er eine Grundbereitschaft zur Kooperation besaß. Das konnte man von ihr nicht behaupten.
    Dennoch blieb er wachsam. Wenn sie es innerhalb der kurzen Zeit zur Ermittlungsleiterin gebracht hatte, dann musste sie gute Kontakte nach oben haben und unter Umständen, so wie er auch, einen Mentor.
    Nichtsdestotrotz musste ihre Qualifizierung für den Job über jeden Zweifel erhaben sein. Weitaus mehr als eine Hand voll männlicher Kollegen hatte sie wahrscheinlich übertroffen, um es zu dieser anspruchsvollen Position gebracht zu haben. Das machte sie bestimmt nicht zu
everybodys darling
. Im Gegenteil, sie musste unter ständiger Beobachtung stehen. Jeder, der es auf ihren Job abgesehen hatte, würde jeden Fehler registrieren und ihn weiterleiten. Michaelis war sich darüber bestimmt im Klaren. Aus dieser Sicht betrachtet, war ihr Verhalten für Levy verständlich.
    Dragan schien die Spannung zwischen den beiden wahrzunehmen, ließ sich aber nicht weiter davon beeindrucken. Er nahm das Lungenpaket in beide Hände und wendete es. «Die Aorta ist auf Höhe des Zwerchfells abgesetzt.»
    Wieder mischte sich Michaelis ein. «Lassen Sie mich raten: Die Schnittränder sind sauber abgesetzt, wie Sie es ausdrücken.»
    «Richtig», antwortete Dragan. «Und dass es sich keinesfalls um einen Anfänger handelt, sehen Sie hier.»
    Er zeigte auf die Schnittstellen der Halsarterien. «Sie sind oberhalb der Teilungsstelle in innere und äußere Kopfschlagader abgetrennt. Genau so, wie ich es auch machen würde. Ein Anfänger schneidet gerne unterhalb dieser Stelle, weil esfür ihn schwierig ist, am Hals so weit nach oben zu kommen. Zudem wären die beiden Schnittstellen nicht seitensymmetrisch.
    Unser Mann scheint jedoch zu lieben, was er tut, so sauber und präzise, wie er vorgeht. Entweder hat er viel geübt, oder er hat bei einem Spezialisten gelernt.»
    Michaelis vermied eine weitere Zwischenfrage. Die von Dragan aufgestellte Hypothese, dass es sich bei dem Täter um einen Mediziner, zumindest aber um eine Person handeln musste, die eindeutig anatomische Kenntnisse besaß, war vorerst ein erster Anhaltspunkt für die weitere Ermittlungsarbeit. Doch das war eindeutig zu wenig. Damit sie auf der anschließenden Gruppenbesprechung den ganzen Apparat in Bewegung setzen konnte, musste eine weitere Eingrenzung auf das Täterumfeld stattfinden.
    Levy gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf. Zwar hatte auch er keinen Tatort und damit keine eindeutige Auffindesituation einer Leiche, doch erhoffte er sich durch die Autopsie weitere Anhaltspunkte zum Opfer, um damit auf den Täter schließen zu können.
    Dragan unterbrach Levy und Michaelis in ihren Gedanken mit einer neuen Erkenntnis. «Jetzt wird es interessant.» Er zeigte auf die rechte Lungenhälfte. «Der mittlere Lungenlappen fehlt.»
    Levy überlegte, was diese Information bedeutete. So auch die Michaelis, allerdings blieb sie still.
    Dragan klärte die beiden auf. «Die menschliche Lunge verfügt insgesamt über fünf so genannte Lungenlappen. Zwei auf dem linken und drei auf dem rechten Lungenflügel. Da einer fehlt, ist er chirurgisch entfernt worden. Medizinisch ausgedrückt: eine Lobektomie.»
    «Und was kann die Ursache
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