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Und eines Tages kommt das Glück

Und eines Tages kommt das Glück

Titel: Und eines Tages kommt das Glück
Autoren: Sheila O'Flanagan
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und sie liebte ihn nicht. Basta. Aber das hatte sie anscheinend nicht davon abhalten können, sich in diese fixe Idee zu verrennen  – die einzige Alternative, die sie sich in den letzten paar Tagen hatte vorstellen können, wenn sie mitten in der Nacht in ihrem schmalen Bett lag, nur durch eine Gipskartonwand getrennt von Keith, und versuchte, sich Gründe zu überlegen, weshalb sie nicht nach Hause zurückkehren konnte. Und sie hatte sich gefragt, weshalb er in all den Jahren, die sie ihn kannte, nie auch nur das geringste Interesse an ihr als Frau gezeigt hatte, oder warum sie in ihm nie zuvor den Mann gesehen hatte, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte. Erst seit diesem verflixten Anruf hatte sie begonnen, Keith mit anderen Augen zu sehen, obwohl sie genau wusste,
dass sie sich in ihrer Verzweiflung, eine Ausrede zu finden, an einen  – nicht existenten  – Strohhalm klammerte. Bei näherer Überlegung wollte sie nämlich doch nicht, dass Keith sich in sie verliebte, und sie wollte sich auch nicht in ihn verlieben, weil das hieße, ihren besten Freund zu verlieren. Schließlich kannte Romy den Film Harry und Sally auswendig und wusste nur zu gut, dass nichts eine Freundschaft zwischen Mann und Frau schneller für immer ruinieren konnte als romantische Gefühle. Und sie wollte ihre Freundschaft zu Keith nicht aufs Spiel setzen. (Sicher, am Ende des Films kamen Harry und Sally doch zusammen, aber Romy hätte gewettet, dass sie sich bald darauf wieder trennten.)
    Wie man es auch drehen und wenden mochte, eine große Chance, ihre Freundschaft mit Keith durch romantische Gefühle zu ruinieren, bestand ohnehin nicht. Weder er noch sonst jemand würde auf die Idee kommen, sich Hals über Kopf in sie zu verlieben und sie anzuflehen, nicht nach Hause zurückzukehren, weil es ihm das Herz bräche. Seit Ewigkeiten schon hatte es niemanden mehr in Romys Leben gegeben. Also kein gebrochenes Herz bei ihrer Abreise, und ein gebrochenes Herz hätte auch nicht genügt, um sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien.
    Keith schaute auf und bemerkte, dass sie ihn anstarrte. Romy errötete. Er grinste, und sie lächelte, ehe sie die Gabel voll Fisch hinunterschluckte. Keith war wie immer die Vernunft in Person, wohingegen sie von ihren wankelmütigen Gefühlen arg geplagt wurde. Das Übliche eben, schließlich war sie in ihrem Freundeskreis als sehr emotional bekannt  – als hitzköpfig und temperamentvoll, aber auch (wie sie hoffte) als herzlich und fröhlich. Dass es ihr heute Abend, trotz aller Anstrengung, nicht gelang, etwas von dieser Herzlichkeit und Fröhlichkeit in sich wiederzufinden, ärgerte sie jedoch maßlos.
    Vielleicht hatte sie sich ja doch wider besseres Wissen in Keith verliebt, auch wenn sie ziemlich sicher war, dass das nicht möglich war. Ihre Beziehung zu Keith war locker und ungezwungen
und eine der Konstanten in ihrem Leben. Liebe war das komplette Gegenteil davon, wenn sie all die Romane und Zeitschriften richtig verstanden hatte. Ein verliebter Mensch lebte permanent in einem Ausnahmezustand: Man wartete, dass das Telefon klingelte, konnte weder essen noch schlafen, weil man dauernd an das Objekt seiner Begierde denken musste, das man küssen, halten und berühren wollte … Das war Liebe, nicht die Art von Beziehung, die sie zu Keith hatte, mit dem sie friedlich hinten im Garten saß, ein paar Bier trank und sich über die Ereignisse des Tages austauschte.
    Ihre Art der Freundschaft würde erst dann in Liebe umschlagen, wenn ihnen außerirdisch guter Sex in die Quere käme. Doch danach hatte es nie ausgesehen (und wahrscheinlich wäre der Sex auch nicht außerirdisch gut, sondern sterbenslangweilig, und das wollte sie weder mit Keith noch mit irgendeinem anderen Mann erleben). Also blieb Romy cool (alles easy!), nur dass es heute Abend durchaus angenehm gewesen wäre, etwas zu haben, woran sie sich hätte festhalten können, einen Menschen zum Beispiel, der sie liebte, der verzweifelt gewesen wäre und sie angefleht hätte, nicht zu gehen.
    Obwohl Keith Barrett in Sydney geboren war und sie beide jetzt in Australien lebten, hatte Romy ihn in Irland kennengelernt, und zwar gleich bei ihrer ersten Ausgrabung in der Umgebung von Galway. Damals war alles noch neu und aufregend für sie gewesen, und sie hatte Angst gehabt, etwas falsch zu machen. Sie hatte auf dem leeren Feld gestanden, darüber nachgedacht, was wohl unter der Erde liegen mochte, und sich einzureden versucht, dass sie
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