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Und eines Tages kommt das Glück

Und eines Tages kommt das Glück

Titel: Und eines Tages kommt das Glück
Autoren: Sheila O'Flanagan
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Zeit. Dieses Mal hatte sie es wirklich sehr bedauert, als er wieder weiterreiste, da sie sich  – aus welchem Grund auch immer  – bei diesem Projekt so einsam wie nie zuvor gefühlt hatte. Und schließlich war sie nach Australien gekommen. Nicht wegen Keith, obwohl sie wusste, dass er nach Hause zurückgekehrt war, sondern weil sich ihr die Gelegenheit geboten hatte, auf einem Ausgrabungsgelände neueren Datums zu arbeiten und an der Freilegung einer bis dahin unbekannten Sträflingsniederlassung außerhalb von Sydney mitzuwirken. Romy hatte großes Interesse an urbaner Archäologie, und ihr gefiel die Vorstellung, ein paar Monate in der südlichen Hemisphäre zu verbringen. Und so schickte sie Keith, der inzwischen für eine private Firma als Unterwasserarchäologe arbeitete, eine Mail und erklärte ihm, er solle schon mal den Grill anwerfen, sie sei unterwegs zu ihm.
    Romy hatte nicht schlecht gestaunt, als sie sah, dass er sich die Haare abgeschnitten hatte (in Irland und in Rumänien hatte er einen dicken Pferdeschwanz getragen, aber jetzt trug er das Haar modisch kurz und sah damit tausendmal besser aus). Außerdem hatte er seine uralte Levi᾽s und sein T-Shirt undefinierbarer Farbe gegen Designerjeans und ein weißes Hemd eingetauscht. Er trug zwar immer noch einen kleinen Ring im rechten Ohr, sah aber irgendwie richtig seriös aus, wie Romy fand. Lachend erklärte ihr Keith, dass er in seinem neuen Job viel Kontakt zu diversen Regierungsbehörden habe und deshalb Wert auf professionelles Auftreten lege. Als sie am Abend ihrer Ankunft in einer Kneipe am Hafen saßen, stellte Romy jedoch erleichtert fest, dass ihr Freund noch immer der alte, unkomplizierte Keith von früher war  – auch wenn er das Leben mittlerweile ein wenig ernster zu nehmen schien.
    »Und ob ich recht habe.« Romy warf ihm einen finsteren Blick zu. »Du bist richtig erwachsen geworden.«
    »Ein bisschen vielleicht«, erwiderte Keith und streckte die Hand aus, um ihr langes, dunkles Haar zu zerzausen, wie er es
in Irland so gern getan und was sie überhaupt nicht lustig gefunden hatte. »Du weißt doch, wie es normalerweise läuft  – man ist dauernd unterwegs, bleibt nie länger als ein paar Monate an einem Ort, haust unter schrecklichen Bedingungen … Jetzt mache ich etwas mehr Forschung und Beratung, dafür weniger praktische Arbeit vor Ort und unter Wasser, und das ist mir ganz recht.«
    »Ich grabe gern in der Erde und bin trotzdem erwachsen. Vielen Dank.«
    Keith lachte. »Du weißt schon, was ich meine. Man kann nicht ständig nach irgendwelchen Wracks tauchen oder Gräben ausheben. Wir sind schließlich nicht alle Indiana Jones, oder?«
    Romy grinste. »Hast du dir den Beruf je so vorgestellt?«
    »Vermutlich.« Er lächelte. »Ich vermute doch, dass jeder ein Held sein will.«
    Romy brach in schallendes Gelächter aus. »Das möchte ich sehen!«
    Bald darauf sollte Keith sich tatsächlich als ihr Held erweisen, als die Frau, mit der Romy zusammenwohnte, sie plötzlich auf die Straße setzte, weil ihr Freund bei ihr einziehen wollte. Keith bot Romy an, bei ihm zu wohnen, und sie ergriff mit Freuden die Gelegenheit. Keiths Haus war klein, aber hübsch und lag nahe am Strand, was sein größtes Plus war. Romy zog an einem Freitagabend ein, und am Sonntag fühlte sie sich bereits so, als hätte sie schon immer hier gewohnt.
    Ihre Clique  – die alle mehr oder weniger mit Archäologie oder Denkmalschutz zu tun hatten  – akzeptierte die Tatsache, dass sie zwar ein Haus, aber nicht das Bett teilten, auch wenn Marie Jones ein paarmal nachgehakt hatte, ob denn etwas liefe zwischen ihnen oder nicht.
    »Natürlich nicht!« Empört hatte Romy sie angesehen. »Das wäre ja so, als ob ich mit meinem Bruder schlafen würde.« Und dann hatten sie beide gelacht, da alle über Romys Bruder Bescheid wussten, oder genauer gesagt, ihren Halbbruder (auch wenn sie
diesen Ausdruck nie benutzte), der  – zumindest in ihren Augen  – ein unmöglicher Mensch war.
    Manchmal fragte sich Romy, ob sie in Keith vielleicht einen Ersatzbruder und in Colleen folglich eine Ersatzschwester sah, aber eigentlich hegte sie keinerlei geschwisterliche Gefühle für Colleen. Ihr Problem war, wie Romy sich eingestand, dass sie nie genau wusste, welche Gefühle sie für jemanden empfand. Meine emotionale Entwicklung ist bereits bei der Geburt verkümmert, erklärte sie eines Tages theatralisch ihren Freunden, als sie es sich am Bondi Beach gut gehen
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