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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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Polizeihaus an. Martin Beck hob am anderen Ende der Leitung ab.
    »Nun?«
    »Er ist jetzt zu Hause. Er ist gerade draußen gewesen, um sich Bier und etwas zu essen zu kaufen.«
    »Gut. Bleib da und ruf wieder an, falls er weggehen sollte.«
    Skacke nahm wieder seinen Beobachtungsposten auf der Bank ein. Nachdem eine halbe Stunde verstrichen war, ging er zu einem Kiosk in der Nähe, kaufte die übrigen Abendzeitungen und eine Tafel Schokolade und kehrte zu seiner Bank zurück. Von Zeit zu Zeit stand er auf und ging auf dem Bürgersteig hin und her, wagte aber nicht, allzuoft am Fenster Svenssons vorbeizugehen. Inzwischen war es dunkel geworden, und der Mann hatte das Licht eingeschaltet. Er hatte sein Jackett ausgezogen, sich ein paar Butterbrote gemacht und gegessen, zwei Bier getrunken. Jetzt lief er im Zimmer auf und ab. Zwischendurch setzte er sich an einen Tisch vorm Fenster.
    Als es zwanzig nach zehn geworden war, hatte Skacke die drei Zeitungen dreimal durchgelesen, vier Tafeln Schokolade gegessen und zwei Flaschen Apfelmost getranken. Es fehlte nicht mehr viel, und er würde vor Langeweile laut schreien. In diesem Augenblick ging das Licht rechts vom Hauseingang aus. Skacke wartete fünf Minuten und rief dann im Polizeihaus an. Weder Mänsson noch Martin Beck waren da. Er rief im Savoy an. Kommissar Beck sei ausgegangen. Er rief zu Hause bei Mänsson an. Dort waren sie also.
    »Was, du bist immer noch da draußen?« fragte Mänsson.
    »Natürlich bin ich das. Das sollte ich doch, oder etwa nicht? Warum kommt ihr denn nicht?« Skacke schien den Tränen nahe.
    »Oh«, sagte Mänsson behäbig. »Ich habe gedacht, du wüßtest es schon. Wir warten bis morgen. Was macht der Kerl denn jetzt übrigens?«
    Skacke knirschte mit den Zähnen. »Er hat das Licht ausgemacht und geht wahrscheinlich ins Bett.«
    Mänsson antwortete nicht gleich. Skacke hörte ein verdächtiges Gluckern, ein leises Klirren und ein lautes »Aah!«.
    »Ich finde, du solltest auch ins Bett gehen«, sagte Mänsson. »Fahr nach Hause und hau dich hin. Sag mal: Der Kerl hat dich doch hoffentlich nicht gesehen?«
    »Nein«, entgegnete Skacke kurz angebunden und legte auf. Er warf sich aufs Fahrrad und flog förmlich den Berg zum Lundavägen hinunter.
    Zehn Minuten später stand er im Flur vor seinem Zimmer in der Kärleksgatan und wählte die Telefonnummer Monicas.
    Fünf nach acht am Sonnabendmorgen klopften Martin Beck und Mänsson an Bertil Svenssons Wohnungstür.
    Er machte ihnen im Schlafanzug auf. Als er ihre Dienstausweise sah, nickte er nur, ging zurück in die Wohnung und zog sich an. Sie fanden keine Waffen in der Wohnung, die aus einem Zimmer und Küche bestand.
    Bertil Svensson folgte ihnen und setzte sich in den Wagen, ohne etwas zu sagen. Auf dem Weg zum Davidshallstorg schwieg er ebenfalls.
    Als sie Mänssons Zimmer betraten, sah er das Telefon an und sagte zum erstenmal etwas: »Darf ich meine Frau anrufen?«
    »Später«, sagte Martin Beck. »Erst möchten wir uns etwas mit Ihnen unterhalten.«

29
    Den gesamten Vormittag und einen großen Teil des Nachmittags verbrachten Martin Beck und Mänsson damit, der Geschichte des jetzt festgenommenen Bertil Svensson zu lauschen. Dieser schien erleichtert zu sein, sich endlich aussprechen zu können. Es war ihm sehr darum zu tun, daß sie ihn verstanden, und es schien ihn fast zu irritieren, daß er beim Lunch seine Erzählung unterbrechen mußte. Was er zu sagen hatte, entsprach in etwa der Rekonstruktion der Polizei, auch was seine Motive betraf.
    Nach der Entlassung, dem erzwungenen Umzug und schließlich der Scheidung habe er in seiner Einsamkeit in Malmö dagesessen und über seine Situation nachgedacht. Es sei ihm immer deutlicher klargeworden, wer die Ursache all der Rückschläge gewesen sei, die er habe hinnehmen müssen: Viktor Palmgren, der Ausbeuter, der sich auf Kosten anderer Menschen bereichert, der Magnat, dem das Wohl oder Wehe seiner Mieter und Angestellten völlig gleichgültig gewesen sei. • Er habe begonnen, diesen Mann zu hassen. Er habe früher nie geglaubt, eines solchen Hasses fähig zu sein.
    Einige Male während des Verhörs brach Svensson zusammen und fing an zu weinen, faßte sich aber bald wieder und versicherte, er sei dankbar, sich aussprechen zu können. Er sagte auch mehrmals, wie froh er sei, daß sie ihn geholt hätten. Wenn sie ihm nicht auf die Spur gekommen wären, hätte er sich vermutlich gestellt.
    Er bereue keineswegs, was er getan habe. Es spiele
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