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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen
Autoren: Eric Malpass
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Mann und das goldblonde Mädchen war eine ältere weißhaarige Frau geworden. Trotzdem liebte er sie, mit einer Liebe, die voller Erbarmen und Sehnsucht war, einer neuen Liebe. Er wollte sie mitnehmen in sein schönes Haus und in seinen großen Garten. Er wollte ihr alles wiederschenken, was sie verloren und vergessen hatte.
    «Als meine Frau hättest du einen englischen Paß», sagte er. «Dann könntest du jederzeit -»
    Sie entzog ihm ihre Hände. «Das ist völlig ausgeschlossen», sagte sie und ging auf die Tür zu.
    «Kann ich nicht noch ein bißchen bleiben?» bat er. «Ich möchte noch so vieles —»
    «Nein. Es ist besser, wenn du jetzt gehst», sagte sie mit tonloser Stimme.
    «Ich glaube, ich muß mich entschuldigen, daß ich gekommen bin - so ganz unangemeldet. Das war wirklich dumm von mir.» Er lachte, obwohl ihm eher nach Weinen zumute war. «Ich bin doch eigentlich alt genug, um so etwas zu wissen.»
    «Es war nett von dir, daß du gekommen bist», sagte sie förmlich.
    «Sag, habe ich dich irgendwie gekränkt?» Er verstand ihr Verhalten nicht, und er hätte so gern gewußt, was in ihr vorging.
    «Nein, Benbow. Aber wir leben in zwei verschiedenen Welten— man könnte fast sagen: auf verschiedenen Planeten.» Und da war auch wieder das Lächeln in ihrem Gesicht. «Wir können miteinander sprechen, aber wir können einander nicht mehr verstehen. Unsere Gedanken sind nicht eure Gedanken. Unsere Wege sind nicht eure Wege.» Sie überlegte angestrengt, wie sie es ihm verständlich machen konnte. «Unsere Wege sind für immer in verschiedene Richtungen gegangen...»
    Er stand vor ihr und sah sie hilflos an. Wieder ging sie auf die Tür zu. Es half nichts - er konnte nicht länger bleiben, ohne aufdringlich zu erscheinen. «Darf ich dir jedenfalls schreiben?» fragte er.
    «Nein. Tu das bitte nicht!» Es klang wie eine flehende Bitte.
    «Gut.» Er nahm ihre Hände. «Darf ich dir wenigstens einen Kuß geben?»
    Sie sah ihn liebevoll an — zum erstenmal. «Ja, natürlich darfst du das», sagte sie lächelnd.
    Und sie zog ihn zu sich heran und drückte ihm einen Kuß auf den Mund. Und wie einst strich sie ihm zärtlich mit der Hand über den Hinterkopf und über die Wange. Dann schob sie ihn sanft zur Tür hinaus.
    An der Treppe drehte er sich noch einmal um. Er wollte ihr zuwinken, ihr noch einmal zulächeln. Aber sie hatte die Tür schon geschlossen.
    «Und ich kann nichts für sie tun - nichts», sagte er sich, als er die dunkle Treppe hinunterging. «Es geht nicht, und sie will es nicht.» Der Satz, den sie gesagt hatte, fiel ihm ein. «Unsere Wege sind für immer in verschiedene Richtungen gegangen.»
    Er trat auf die Straße hinaus. Ein paar Schneeflocken fielen vom Himmel, aber sie würden nicht liegenbleiben. Vielleicht war es der letzte Schnee in diesem langen Winter. Bald würde es Frühling werden. Er dachte an die beiden Narzissen in der Blumenvase, die etwas Sonne in ihre kleine Wohnung gebracht hatten. Ja - das war’s. Das war das einzige, was er jetzt noch tun konnte. Er sah sich nach einem Blumengeschäft um, und er fand auch eins. Es war nicht ganz das, was er suchte: im Schaufenster standen drei Bund Narzissen in einem grünen Eimer und dahinter Farnkräuter und ein paar nicht mehr ganz frische grüne Zweige. Aber sicher hatten sie drinnen im Laden noch mehr Blumen.
    Er ging hinein. In Gedanken an Ulrike hatte er sich immer bemüht, seine paar Brocken Deutsch nicht ganz zu verlernen. Er fragte die Frau im Laden: «Sie schicken Blumen ins Haus, nicht wahr?»
    Die Frau blickte nicht auf und schüttelte nur ungeduldig den Kopf.
    «Es ist nicht weit», sagte er. «Nur ein paar Meter von hier.» Und er nannte ihr den Namen der Straße.
    Die Blumenfrau reagierte nicht. «Okay», sagte er, «dann bringe ich sie selbst hin. Bitte einen großen Strauß Narzissen und Tulpen und Flieder - Frühlingsblumen, alles, was Sie haben.»
    Die Frau sah ihn nicht an. Sie machte nur eine unwirsche Handbewegung und deutete auf die drei Bund Narzissen in dem Eimer. Doch die Geste war deutlich genug: Das ist alles, was wir haben. Nehmen Sie sie, oder lassen Sie’s bleiben...
    Er ließ es bleiben. «Danke sehr. Guten Tag.»
    Die Frau zuckte mit den Schultern, und Benbow Dorman verließ verärgert den Laden. Er würde schon noch ein anderes Blumengeschäft finden.
    Aber er fand keins. Er wandte sich an einen Passanten. «Entschuldigen Sie bitte sehr», sagte er. «Ich suche ein gutes Blumengeschäft.»
    Der Mann
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