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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt
Autoren: Jules Verne
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    »Hier meine Karte! – Und hier die meine!« (S. 6.)
Hector Servadac’s Abenteuer.
Erstes Capitel.
Der Graf: Hier meine Karte! Der Kapitän: Und hier die meine!
    »Nein, Kapitän, es convenirt mir nicht, Ihnen den Platz zu räumen!
    – Bedaure, Herr Graf, Ihre Prätensionen werden aber die meinigen nicht verringern.
    – Gewiß nicht?
    – Gewiß nicht.
    – Ich mache Sie indessen darauf aufmerksam, daß der Zeit nach mir der Vorrang gebührt.
    – Und ich antworte Ihnen hierauf, daß die Anciennetät allein keinerlei Recht begründen kann.
    – Ich werde Sie zu zwingen wissen, mir den Platz zu räumen.
    – Das glaube ich nicht, Herr Graf.
    – Ich denke, so ein Hieb mit dem Degen …
    – Nicht mehr, als ein Pistolenschuß …
    – Hier meine Karte!
    – Und hier die meine!«
    Nach diesen Schlag auf Schlag hervorgestoßenen Worten wechselten die beiden Gegner ihre Karten.
    Auf der einen las man:
     
    Hector Servadac.
    Kapitän im Generalstabe.
     
    Auf der anderen:
     
    Graf Wassili Timascheff.
    An Bord der Goëlette Dobryna.
     
    »Wo und wann treffen meine Secundanten die Ihrigen? fragte Graf Timascheff, bevor sich Beide trennten.
    – Heute um zwei Uhr, wenn es Ihnen beliebt, im Generalstabsamte, erwiderte Hector Servadac.
    – In Mostagenem?
    – Zu dienen.«
    Nach diesen Worten grüßten sich Kapitän Servadac und Graf Timascheff kalt, aber höflich.
    Als sie schon im Fortgehen waren, machte Graf Timascheff noch eine Bemerkung.
    »Kapitän, sagte er, ich glaube, es ist besser, über den wahren Grund unseres Rencontres zu schweigen.
    – Ganz meine Meinung, antwortete Servadac.
    – Es wird kein Name genannt!
    – Keiner.
    – Nun, aber der Vorwand?
    – Der Vorwand ….? Nun, sagen wir eine musikalische Discussion, wenn das Ihnen recht ist, Herr Graf.
    – Gewiß, erwiderte Graf Timascheff; ich habe z.B. Wagner’s Partei genommen, das entspräche ganz meinen Anschauungen.
    – Und ich die Rossini’s, das harmonirte mit den meinigen!« entgegnete lächelnd Kapitän Servadac.
    Nach diesen Worten grüßten sich der Stabsofficier und Graf Timascheff noch einmal und gingen auseinander.
    Die eben geschilderte, mit einer Herausforderung endende Scene spielte um die Mittagszeit am äußersten Ende eines kleinen Caps der algierischen Küste zwischen Tenez und Mostagenem, etwa drei Kilometer von der Mündung des Cheliff. Jenes Cap erhob sich gegen zwanzig Meter aus dem Meere; an seinem Fuße erstarben die blauen Wellen des Mittelmeeres und leckten an den von Eisenoxyd gerötheten Felsen des Ufers. Die Sonne, deren schräge Strahlen sonst an jedem vorspringenden Punkt der Küste sich flimmernd widerspiegelten, war jetzt hinter einem dichten Wolkenschleier verborgen. Ein undurchdringlicher Nebel lagerte über Land und Meer. Unerklärlicher Weise hüllten diese Nebelmassen schon seit länger als zwei Monaten die ganze Erdkugel ein und legten der Communication zwischen den verschiedenen Erdtheilen recht empfindliche Hindernisse in den Weg. Indeß, hiergegen war nichts zu thun.
    Als Graf Wassili Timascheff den Stabsofficier verließ, lenkte er seine Schritte nach einem Boote mit vier Ruderern, das ihn in einer der kleinen Buchten des Ufers erwartete. Sobald er darin Platz genommen, stieß das leichte Fahrzeug ab und legte an einer Goëlette an, welche in der Entfernung weniger Kabellängen verankert lag.
     

    Mit großem Ernste vernahmen die beiden Officiere … (S. 9.)
     
    Kapitän Servadac rief durch einen kurzen Pfiff einen Soldaten herbei, der gegen zwanzig Schritte hinter ihm gewartet hatte. Schweigend führte der Soldat ein prächtiges arabisches Pferd heran. Der Kapitän sprang gewandt in den Sattel und wandte sich, von seiner ebenso gut berittenen Ordonnanz begleitet, auf Mostagenem zu.
    Es war Mittag, als die beiden Reiter den Cheliff auf der erst unlängst von den Genietruppen geschlagenen Brücke passirten, und genau 1 3 / 4 Uhr, als ihre schaumbedeckten Rosse durch das Thor von Maskara stürmten, eine der fünf Pforten, welche die crenelirten Umfassungsmauern der Stadt enthalten.
    Jener Zeit zählte Mostagenem ziemlich 15.000 Einwohner, darunter gegen 3000 Franzosen. Es bildete von jeher eine wichtige Arrondissements-Hauptstadt der Provinz Oran und war nicht minder von Bedeutung in militärischer Hinsicht. Hier fabricirte man noch verschiedene Nahrungsmittel für das Ausland neben kostbaren Geweben, zierlichen Mattengeflechten und Artikeln aus Maroquin. Der Export nach Frankreich bestand in Getreide,
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