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Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition)
Autoren: Atze Schröder
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Halluzination? Hatte ich beim Aufreißen des «Raider» aus Versehen einen Krümel eingeatmet und ihn nicht vertragen? Oder hatte der alte Hippie mit seiner Prophezeiung recht gehabt? Ich überlegte lange, dann hatte ich den Sinn dieser Erscheinung und ihre mysteriöse Botschaft verstanden: Ich würde in Zukunft die Finger von solchem Zeug lassen. Wie sagt schon mein alter Kumpel Micky immer: «Mir ist die Bluse der Pamela lieber als die Büchse der Pandora.»
    Am nächsten Tag packte ich meinen Koffer, drückte Helga einen dicken Abschiedskuss auf die Schnute und bestieg den Flieger nach Düsseldorf.
    Ich musste dringend zurück nach Deutschland. Die Arbeit rief. Mehrere TV-Shows, einige Galas – und außerdem ging bald die Tournee wieder los. Frisch renoviert, wie ich war, liebte ich meinen Beruf wieder aus vollem Herzen und gab alles, um keinen zu enttäuschen.
    Ich hatte gerade die ersten Tournee-Auftritte absolviert, als meine lieben Freunde vom ZDF in Mainz anriefen: «Atze, wir brauchen dich als Assistent bei ‹Wetten, dass..?›.»
    Nanu, was war passiert? Die eigentliche Assistentin von Moderator Markus Lanz war seit der ersten neuen Sendung vor drei Wochen keine Gewichtigere als «Cindy aus Marzahn». Doch aufgrund einer Rückenverletzung musste sie kurzfristig absagen. Ich nahm an, dass sie beim Sprung durch den brennenden Reifen in einer Sea-World-Vorstellung falsch auf die Wasseroberfläche geklatscht war und sich dabei den zarten Rücken verknackst hatte.
    Ich wollte eigentlich absagen, weil an ebenjenem Samstag unser traditioneller Männerabend auf Hajos Terrasse anstand, also rief ich meinen lieben Freund Markus Lanz in seinem Heimatdorf in Tirol an. Sofort erinnerten wir uns an unsere gemeinsame Bergwandertour durch die zauberhaften Dolomiten. Ich glaube, es war Ostern 2006. Es lag noch ungewöhnlich viel Schnee auf den Gipfeln, als wir Richtung Sellamassiv loszogen. Auf meinen Rat hin hatten wir ein wenig Bergausrüstung eingepackt. Zwei Sigg-Flaschen randvoll mit Ovomaltine und meinen geliebten Wanderstock mit der sehr seltenen Plakette des Verkehrsvereins Goslar. Auf Markus’ Rucksack prangte ein auffälliger Aufnäher: «K2 – King of Himalaya». Na, wenn er meint … letzten Endes ist das doch auch nur ein Berg wie der Kahle Asten.
    So zogen wir gutgelaunt im Frühtau zu Berge, nur begleitet von Markus’ treuer Bernhardinerhündin Margot. Zügig gewannen wir an Höhe und sprachen über unsere gemeinsame Liebe zu alten Luis-Trenker-Filmen. Gegen Mittag begann es fürchterlich zu schneien. Man sah die Hand vor Augen nicht mehr. Erst in letzter Minute fanden wir Unterschlupf in einer windschiefen alten Schutzhütte der Bergwacht. Vorsichtig lösten wir das Holzfässchen an Margots Halsband und genehmigten uns ein herrliches Gläschen Käpt’n-Hansen-Rum.
    Die Eiszapfen an meiner Brille schmolzen, die Turnschuhe trockneten. Der tobende Schneesturm konnte uns nicht mehr gefährden, und die Stimmung hätte kaum besser sein können. Markus ist einer der begnadetsten Witzeerzähler, die ich kenne. Er haute ein Dingen nach dem anderen raus: «Treffen sich zwei Jäger, beide tot!»
    Ich schrie vor Vergnügen. Selbst der Hund konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Während Markus genüsslich Rum nachschenkte, konterte ich schnell mit meinem Lieblingswitz: «Herr Doktor, Herr Doktor, der Simulant von Zimmer 7 ist gestorben …», weiter kam ich nicht, denn wir fielen uns prustend in die Arme. Um die Hütte ein wenig gemütlicher zu machen, holten wir Bärenfelle aus einer uralten Bergwachttruhe. In dem alten, verlassenen Kachelofen lagen zu unserer Überraschung zwei getrocknete Klafter Rotbuche, die schnell entzündet waren und behagliche Wärme in unsere Unterkunft brachten. Glucksend schenkte ich aus einer unserer Reserveflaschen Rum nach, als Margot unruhig wurde. Besorgt sagte Markus: «Hier stimmt was nicht. Das macht sie normalerweise nie.» Ich nahm einen tiefen Schluck und versuchte im Angesicht der unsichtbaren Bedrohung ganz ruhig zu bleiben. Markus hatte recht: Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Das Tier wurde immer nervöser. Wölfe? Um diese Jahreszeit? Auf dieser Höhe? Eher unwahrscheinlich. Trotzdem zog ich das lange Bajonettmesser aus der drehbaren Spitze meines Wanderstocks. Ich gab Markus ein Zeichen. Auf sein Nicken hin riss ich die Tür auf, und er hechtete mit einem tollkühnen Satz nach draußen. Ich folgte ihm fast unsichtbar und mit anmutigen Bewegungen lautlos
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