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Um Mitternacht mit dir im Bett

Um Mitternacht mit dir im Bett

Titel: Um Mitternacht mit dir im Bett
Autoren: Kristin Gabriel
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begraben. Manchmal tat es noch weh, selbst nach all der Zeit.
    Im zweiten Stock blickte Bertram ratlos den langen Flur hinunter, von dem unzählige Zimmer zu beiden Seiten abgingen. Wo sollte er zuerst suchen? Wenn Sarah doch bloß ahnte, dass er in der Nähe wäre, dann könnte sie an die Tür hämmern oder sich sonst wie bemerkbar machen.
    Plötzlich wusste er es. Es gab hier einen Raum, in dem niemand sie hören würde, und wenn sie noch so laut um Hilfe riefe. Einen Raum, von dem nur wenige Kenntnis hatten, denn er besaß keine Tür. Zumindest keine, die man sah.
    War es möglich, dass die Wolffs sie dort gefangen hielten?
    Mit zitternden Knien lief Bertram den Flur entlang. Am Ende angekommen, verharrte er kurz, ehe er die Täfelung beiseite schob und in das Geheimzimmer trat. Aber seine Enkeltochter fand er nicht.
    Er fand Seamus Wolff.

15. KAPITEL
    Sarah entdeckte Michael in seinem Büro. Er saß hinter seinem Schreibtisch und hatte den Kopf auf die verschränkten Arme gelegt. Zu seinen Füßen schlief zusammengerollt Napoleon.
    Plötzlich sah Michael hoch. “Du bist ja noch da.”
    Sie lächelte über seinen verwunderten Ton. “Wo sollte ich denn sonst sein?”
    Er richtete sich auf. “Wenn ich daran denke, wie dein Großvater ins Haus gestürmt kam, hätte ich dich gar nicht mehr hier erwartet.”
    Sie machte große Augen. “Mein Großvater?”
    Er schob seinen Sessel zurück und stand auf. “Hat er dich etwa nicht gefunden?”
    “Nein”, erwiderte sie und fragte sich, ob er das vielleicht geträumt hätte. “Ich bin wach geworden, und als ich merkte, dass du nicht da warst, habe ich nach dir gesucht.”
    Michael schaute auf seine Uhr. “Es ist zwei Stunden her, seit er hier aufgetaucht ist.”
    “Was wollte er denn?”
    “Dich holen. Offenbar waren wir das Hauptthema in den 18-Uhr-Nachrichten.”
    Sie schloss die Augen. “Oh nein.”
    “Oh ja.”
    “Hast du ihm gesagt, weshalb ich hier bin?”
    Er schüttelte den Kopf. “Da er kurz davor war, mich zusammenzuschlagen, wollte ich das dir überlassen.”
    “Dich zusammenschlagen?”
    “Er ist davon überzeugt, dass ich dich gegen deinen Willen hier festhalte.”
    Sie ging um den Schreibtisch herum, nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn auf den Mund. “Jetzt nicht mehr.”
    Er legte die Arme um sie. “Falls ich es noch nicht erwähnt habe – ich bin froh, dass du noch hier bist. Aber dein Großvater scheint da anderer Meinung zu sein. Er will das Haus nicht ohne dich verlassen.”
    “Dann muss er noch hier sein. Komm, wir wollen ihn suchen.” Sie nahm ihn bei der Hand. “Und ihm sagen, dass die Familienfehde ein für alle Mal beendet ist.”
    Michael fragte sich, wo sie mit der Suche anfangen sollten. Dann fielen ihm die feuchten Fußstapfen auf dem Marmorboden ein. “Ich glaube, er hat eine deutliche Spur hinterlassen.”
    Und richtig. Kaum standen sie im Flur, da entdeckten sie das Profil seiner dicken Gummisohlen auf den Fliesen. Sie folgten seinen Fußspuren bis zur Hintertreppe, stiegen hier in den zweiten Stock hinauf und liefen wieder zurück an den privaten Schlafzimmern vorbei bis zum Ende des Flurs.
    Und dort endeten plötzlich die Spuren, als wäre Bertram geradewegs durch die Wand gegangen.
    “Das begreife ich nicht”, sagte Sarah und sah Michael hilflos an. “Wo ist er denn geblieben?”
    Es gab nur einen möglichen Ort – einen Ort, an den Michael seit Jahren nicht mehr gedacht, der ihn als Kind jedoch fasziniert hatte. Der Erbauer des Hauses hatte einen Schutzraum eingeplant, in den die Familie vor Einbrechern flüchten konnte. Das war damals bei wohlhabenden Leuten nach der Entführung des Lindbergh-Babys durchaus üblich.
    Michael drückte gegen die Täfelung. Eine verborgene Tür öffnete sich, und er sah, wie Sarah die Augen weit aufriss. Und dann entdeckte er auch den Grund dafür.
    Im Inneren des Raumes saßen Seamus Wolff und Bertram Hewitt einträchtig beisammen, eine offene Whiskyflasche zwischen sich.
    “Endlich gerettet”, nuschelte Seamus und stand unbeholfen auf. “Lass bloß nicht die Tür zufallen, Junge, sonst sind wir alle hier in Ewigkeiten gefangen.” Er warf Bertram einen Seitenblick zu. “Das wäre meine Vorstellung von der Hölle.”
    “Grandpa!”, rief Sarah und eilte auf Bertram zu. “Ist alles in Ordnung?”
    “Könnte gar nicht besser sein”, gab er zurück, langte nach der Whiskyflasche und griff daneben. Die Flasche fiel um, der Whisky lief über den Estrich.
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