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Überman

Überman

Titel: Überman
Autoren: Tommy Jaud
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seltsam gütigen Überheblichkeit erklärt, dass Kleidung ja keine Wasserkristalle habe und demzufolge auch keine Information annehmen könne.
    »Meine Jeans sind also dumm, Lala?«
    »Nicht dumm. Sie sind einfach nichts!«
    »Ah …«
    Leider blieb es nicht beim Bequatschen von Bügelwasser, denn im Laufe der letzten Monate habe ich erfahren, dass es so ziemlich keine Verschwörungstheorie gibt, die Lala nicht glaubt. Obama ein Alien? Aber natürlich, das sieht man doch schon an seinem federnden Gang. Warum die Kondensstreifen so lange am Himmel stehen? Weil die Amerikaner absichtlich giftige Chemikalien ins Kerosin kippen, um die Erderwärmung aufzuhalten. Das Erdbeben auf Haiti? Fukushima? Die Euro-Krise? In schierer Bösartigkeit und Machtgier entwickelt und gesteuert aus unterirdischen amerikanischen Geheim-Labors.
    Überhaupt sind es immer die Amerikaner. Nicht, dass ich jetzt alles, was die Amis machen, super finde, so wie ein zahnbespangter Teenager, der sich zitternd und mit offener Hose sein erstes Rihanna-Video runterlädt, aber ALLES kann man den Amis dann ja auch nicht in die Schuhe schieben. Okay, sie haben den Irak und Afghanistan in Schutt und Asche gelegt, unsere Währung zerstört und Thomas Gottschalk wiederholt ausreisen lassen, aber sonst? Ganz ehrlich, es macht mich irgendwie fertig, wenn ein halbwegs normaler Mensch so einen Bullshit glaubt. Vielleicht ist es derzeit auch deswegen so schlimm mit Lala, weil bald die Welt untergeht. Soll ja den einen oder anderen Einzeller nervös machen.
    Vor einer Weile hab ich Lala gefragt, ob sie nicht auch glaubt, dass sie langsam verrückt wird, und hab den Einlauf des Jahres verpasst bekommen. Höhnisch hat sie den Putzlappen geschwenkt, und ich musste mir anhören, dass sie bessere Putzstellen hätte mit gebildeteren Leuten in geschmackvolleren Wohnungen, das sehe man schon an unserem Baumarkt-Laminat und an der Kleidung, aber auch am Stil insgesamt, neureich seien wir eben und ohne Bildung. Ich war geschockt, weil ich mir ja tatsächlich minderwertiges Laminat habe andrehen lassen vom Zwirbeljupp, und kurz blitzte auch mein Abi-Schnitt von 3 , 9 auf, aber aus Angst vor ihrem Cousin und Radio Dubrovnik habe ich sie einfach weiterreden lassen. Als sie weg war, habe ich eine Flasche Rotwein mit Rammsteins »Ich tu dir weh« beschallt und ihr eine Woche später geschenkt.
    »Hier! Isst du auf!« Lala steht direkt neben mir mit einem prallen Alufolienpäckchen, aus dem irgendeine schwere, eitrige Flüssigkeit suppt. Es gibt keine Fluchtmöglichkeit.
    »Ess ich später, Lala, ich muss los!«
    »Für Pljeskavica immer Zeit!«
    Wie gesagt: Eine gute Putzfrau will man nicht verlieren. Also nehme ich das klebrige Paket entgegen, und meine Zähne arbeiten sich tief in die kroatische Fleischtasche vor. Sie schmeckt nach … sagen wir: mehrfach erbrochenem Amsel-Käse-Lurch mit Eiterfurz.
    »Was ist das Weiße?«, frage ich.
    »Käse!«, antwortet Lala mit der Haltung einer ukrainischen Knast-Aufseherin.
    »Köstlich!«, lüge ich, und ein schwerer Batzen Lurchsperma tropft auf den Holztisch.
    »Sagst du aber nicht nur nicht, weil du glaubst, ich will hören?«
    »Nein, wirklich ganz hervorragend«, flunkere ich, als auf meinem Handy eine Nachricht von Ditters aufpoppt, dass er auf mich wartet. Gut! Sehr gut sogar!
    Ich lege den oder die oder das Pljeskavica zur Seite und springe auf. Lala hat sich inzwischen eine Zigarette angemacht und hustend den Küchenfernseher eingeschaltet.
    »Wenn Pljeskavica dir schmeckt, bring ich übermorgen meine Topf mit Krautwickel. Hier, schaust du: ›Wieder Grippewelle auf Vormarsch!‹ Wir werden alle sterben!«
    N 24 zeigt Bilder von einem schniefenden Mehlkopf in einem Büro. Typisch, die Frittenbuden-Journalisten machen, was sie wollen, man könnte ebenso gut titeln: ›Büroluft macht Mehlköpfe krank‹.
    »Vielleicht sollte ich mich impfen lassen?«, frage ich Lala, doch die schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.
    »Um Himmels willen, nein!«
    »Nicht? Und warum nicht?«
    »Weil Amerikaner machen Nano-Roboter in Impfstoff!«
    »Und warum sollten sie so etwas tun, die Amerikaner?«
    »Können sie uns alle überwachen und fernsteuern!«
    »Das machen doch Google, Apple und Facebook schon.«
    »Ja, aber der Google weiß nur, was du machst in Internet. Mit Nano-Roboter in Blut wirst du willenlose Körper von amerikanische Gehirn.«
    Die neue Qualität von Lalas Verschwörungstheorien ist beeindruckend.
    »Und das steht
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